- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 21/2000
- Einflüsse auf den europ...
DAZ aktuell
Einflüsse auf den europäischen OTC-Markt
Die Kommission wird in Kürze einen Rechenschaftsbericht ablegen über die Erfahrungen mit Regelungen für den Marktzutritt von Produkten. Ohne Ergebnisse vorwegnehmen zu wollen, so Liikanen, sei man der Ansicht, dass Patienten einen besseren und schnelleren Zugang zu Produkten haben sollten. Es sollte mehr Gewicht gelegt werden auf die Transparenz der Zugangsbedingungen. Der Antragsteller hat ein Recht, die Gründe für die letztendliche Entscheidung zu erfahren.
Außerdem werde man sich damit befassen müssen, wie man mit mehr Effektivität die wissenschaftlichen Ressourcen auf nationaler Ebene nutzt, aber auch auf der Ebene der Gemeinschaft. Darüber hinaus habe man erfahren, dass es notwendig sei, den pharmazeutischen Markt stärker zu überwachen.
Harmonisierung für die "Traditionellen"
Ohne Ergebnisse der Anhörung vorwegnehmen zu wollen, die in diesem Herbst stattfinden werde, könne er sich bereits heute vorstellen, wie die Kommission auf einige Vorschläge, die im Dokument "Deregulation 2001" gemacht wurden, antworten werde.
Liikanen stellte einige Punkte vor, die insbesondere für die Europäische Selbstmedikationsindustrie von Interesse sind. Hierzu gehören beispielsweise die gesetzgeberische Behandlung von Produkten, die sich bereits lange im Markt befinden (well-established products), und solchen Produkten, die traditionell angewendet werden (traditional medicines). Eine neue Richtlinie für die erst genannten Produkte gibt einen klaren gesetzlichen Rahmen hierfür. Jetzt sollten solche Produkte auf Gemeinschaftsebene harmonisiert werden. Liikanen zeigte sich überzeugt, dass dies nach und nach erfolgen kann.
Auch für Arzneimittel, die traditionell angewendet werden, war der bisherige gesetzliche Rahmen nicht ausreichend. Ein erstes Treffen einer hierfür eingerichteten Arbeitsgruppe im April zeigte, dass durchaus Interesse unter den Mitgliedstaaten besteht, ein neues gesetzliches Rahmenwerk hierfür zu entwickeln. Im Idealfall soll diese Arbeitsgruppe eine Lösung auf Gemeinschaftsebene erarbeiten, die die nationalen Traditionen berücksichtigt und gleichzeitig Qualität und Sicherheit der Produkte sicherstellt.
Regulatorischer Rahmen für Nahrungsergänzungsmittel
Ein positives Echo in allen Mitgliedstaaten haben Empfehlungen hervorgerufen, die sich mit der Entlassung von Produkten aus der Verschreibungspflicht befassen. Ein weiteres wichtiges Thema für die Zukunft ist eine einheitliche Abgrenzung von Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln. Die Kommission hat Vorschläge auf den Weg gebracht für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates, die einen regulatorischen Rahmen für Nahrungsergänzungsmittel aufstellt. Die vorgeschlagene Richtlinie bezieht sich auf Nahrungsergänzungsmittel, die Vitamine und Mineralstoffe enthalten, festgeschrieben werden sollen die Mengen, die als Höchst- und Mindestmengen enthalten sein dürfen. Da eine solche Richtlinie Einfluss auf viele Vitamin- und Mineralstoffprodukte haben wird, beabsichtigt man, das pharmazeutische Komitee zur Beratung hinzuziehen.
Freie Preispolitik für den OTC-Markt
In den letzten Jahren wurde viel über das Thema der so genannten Health Claims bei Nahrungsergänzungsmitteln debattiert, also Ansprüche und Aussagen dieser Präparate, die sich auf die Gesunderhaltung beziehen. Bereits jetzt ist die Kommission der Auffassung, so Liikanen, dass sich Attribute, die sich auf die Vorbeugung, Behandlung oder Heilung von Krankheiten beziehen, nur für Produkte in Frage kommen, die ein Arzneimittel sind. Solche Ansprüche qualifizieren automatisch ein Produkt als Arzneimittel.
Nach wie vor spricht sich die Europäische Kommission für eine freie Preispolitik bei Selbstmedikationsprodukten aus. Die Kommission geht dabei davon aus, dass auch der OTC-Markt wie ein anderer Markt funktioniert: Die Kräfte des Marktes sorgen dafür, dass sich für das Produkt ein adäquater Preis herausbildet. Die Position der Kommission und eine verantwortliche Haltung der Industrie haben dazu beigetragen, Veränderungen in den nationalen politischen Richtungen voranzutreiben. Nicht immer führen die nationalen Kräfte jedoch zu Lösungen und bisweilen sind europäische Lösungen erforderlich, beispielsweise auf dem Gebiet von electronic commerce.
e-commerce ja, aber ...
Hier stellt sich die Frage, welche Auswirkungen diese Entwicklungen auf den Gesundheits-, insbesondere auch den pharmazeutischen Sektor in Europa haben. Solange es um Informationen geht, die über das Internet angeboten werden, und solange diese seriös sind, lässt sich nichts dagegen einwenden. Aber Informationstechnologie eröffnet auch neue Möglichkeiten im business to business-Geschäft (B2B) und im Geschäft, bei dem der Endverbraucher erreicht wird. Es ist schwierig vorauszusagen, so das Kommissionsmitglied Liikanen, wie weit und wie schnell sich diese Entwicklungen in Europa ausbreiten. Zwei Punkte zeichnen sich jedoch heute schon ab:
Auf der einen Seite müsse die Idee, dass das Internet vollständig alle Geschäftsverbindungen im Bereich Pharma auf den Kopf stelle und erneuere, doch mit einiger Vorsicht gesehen werden. Denn es scheint so, dass pharmazeutische Produkte, da sie Gesundheitsprodukte sind, doch weitgehend vom e-commerce verschont werden im Vergleich zu anderen Produkten.
Auf der anderen Seite werde deutlich, dass es ein Irrglaube sei, das Internet irgendwie durch Gesetze reglementieren zu können. Wichtig ist es daher, so Liikanen, dass man einen Weg findet, verantwortungsvoll mit den neuen Technologien umzugehen, um Nutzen aus den positiven Aspekten zu ziehen und so weit wie möglich die negativen zu vermeiden. Eine vor kurzem hierfür eingesetzte Arbeitsgruppe werde sich mit diesen Themen befassen. Für die Zukunft sieht Liikanen zwei wichtige Aufgaben für die Europäische Kommission. Auf der einen Seite die Herausforderungen und die Möglichkeiten der Informationstechnologien und des elektronischen Fortschritts, auf der anderen Seite die Erweiterung der Europäischen Union.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.