Pharmakoökonomie

S. J. Oschmann:Kosteneffektivität durch Innovation

Noch vor einigen Jahren verursachte das starke Wachstum der Gesundheitsausgaben in den USA große Finanzierungsprobleme. Aus der Sicht der amerikanischen Regierung bestand das größte Problem des dortigen Gesundheitssystems in der sehr starken Fragmetierung der Leistungsanbieter und -erbringer. Sie befürwortete statt dessen ein zentralisiertes Gesundheitssystem, um die stark steigenden Gesundheitsausgaben in den Griff zu bekommen. Sicherlich bietet ein zentralisiertes Gesundheitssystem Vorteile durch Monopolkäufe, aber es hat auch den großen Nachteil, dass es sich weniger gut an die Bedürfnisse der Patienten anpassen kann. Obwohl die Einführung eines zentralisierten Gesundheitssystems in den USA scheiterte, konnte das Wachstum der Gesundheitsausgaben auf etwa das Niveau der Inflationsrate verringert werden. Dieser Erfolg ist vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen: Managed Care und Einsatz innovativer Arzneimittel. Die politischen Zielsetzungen wurden also nicht durch dirigistische Eingriffe, sondern über den Markt erzielt.

Effizienz der Gesundheitssysteme

Die internationalen Vergleichsstatistiken, die die USA immer als statistischen Ausreißer darstellen, als ein Land, in dem sehr viel mehr für Gesundheit im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt ausgegeben wird als in allen anderen Ländern, können die Qualität der Gesundheitssysteme nicht zufriedenstellend darstellen. Abgesehen von dem großen Problem, dass die USA es bis heute nicht geschafft haben, eine Versicherung für Jedermann zu etablieren, erbringt das amerikanische Gesundheitssystem ein deutlich günstigeres Preis-Leistungs-Verhältnis, als dies in den meisten anderen industrialisierten Ländern der Fall ist.

Im Hinblick auf die Arzneimittelausgaben zeigt sich sehr deutlich, dass dieser Teil der Gesundheitsausgaben in den USA relativ geringer ist als in manchen anderen Ländern. Im internationalen Vergleich der Arzneimittelausgaben lassen sich deutliche Unterschiede erkennen (Abb. 1):

  • Es gibt Länder, wie z.B. Schweden, Holland, Australien und die Schweiz, die Gesundheitsleistungen relativ effizient erbringen und dabei relativ wenig für Arzneimittel ausgeben.
  • Demgegenüber wird in ineffizienten Gesundheitssystemen, wie z. B. in Frankreich, Belgien oder Japan, unnötigerweise sehr viel mehr für Arzneimittel ausgegeben.

    Wesentlich für die Effizienz ist der Wettbewerb innerhalb der jeweiligen Gesundheitssysteme, der sowohl einen direkten Einfluss auf die Höhe der Arzneimittelausgaben als auch eine wesentliche Bedeutung für die Innovationsleistung der pharmazeutischen Industrie hat. Wettbewerb in Gesundheitssystemen ist daher nicht nur unter gesundheitspolitischen Gesichtspunkten, wie z. B. höhere Qualität der erbrachten Gesundheitsleistungen, sondern auch unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten zu beurteilen.

    Im allgemeinen wird der Anteil der Arzneimittelausgaben an den gesamten Lebenshaltungskosten deutlich überschätzt. In den USA fallen die durchschnittlichen Arzneimittelausgaben pro Kopf trotz der absoluten Höhe nicht wirklich ins Gewicht (Abb. 2). Der durchschnittliche Amerikaner gab z. B. im Jahr 1997 pro Tag 53 Cents für Tabakprodukte, 1,07 US-Dollar für Telefongespräche, 2,84 US-Dollar für Kleidung, 7,94 US-Dollar für Lebensmittel und 8,45 US-Dollar für "Housing Services" ohne Miete aus. Im Vergleich betragen die täglichen Ausgaben für verschreibungspflichtige Arzneimittel nur 64 Cents – das ist deutlich weniger als die täglichen Ausgaben für alkoholische Getränke, die doch immerhin 91 Cents betragen.

    Trends in der Arzneimittelentwicklung

    In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten haben sich die Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie deutlich gewandelt. Diese Veränderungen sind nicht nur im Bereich der Forschung und Entwicklung, sondern auch in den Marktbedingungen, wie z. B. der steigenden Generikakonkurrenz, sowie in der Ausprägung der Gesundheitssysteme an sich zu beobachten:

  • Die pharmazeutische Forschung ist ein hochriskantes Unterfangen. Es sind 3000 bis 10000 Patente notwendig, um zu einem marktreifen Produkt zu gelangen.
  • Mitte der 60er-Jahre erforderte die Arzneimittelforschung von der Synthese bis zur Zulassung eines neuen Arzneimittels rund 8 Jahre. Gegenwärtig hat sich dieser Zeitraum auf rund 12 Jahre erhöht.
  • Die Kosten der innovativen Arzneimittelforschung betragen rund 500 Millionen DM pro Präparat [1].
  • Durchschnittlich amortisieren sich nur bei knapp einem Drittel der auf den Markt gebrachten Produkte die in der Forschung entstandenen Kosten.
  • Ein ganz wichtiger Faktor ist in diesem Zusammenhang die Zunahme des Wettbewerbes in der Pharmaindustrie. Im Jahr 1965 blieb einem Pharmaunternehmen nach der Markteinführung eines neuen Produktes eine Zeitspanne von etwa zehn Jahren, bis ein neues Produkt derselben Wirkstoffklasse auf den Markt kam. Heutzutage beträgt dieser Zeitraum in der Regel weniger als 1 Jahr.
  • Dadurch wird auch der Preiswettbewerb bei noch patentgeschützten Arzneimitteln intensiver.
  • Nach Patentablauf kommt der Wettbewerb durch Generika hinzu.

    Der Wert innovativer Arzneimitteltherapien

    Immer wieder wird die Ansicht vertreten, dass die Arzneimitteltherapie bis in die 50er-Jahre eine stürmische Entwicklung durchgemacht habe, die u. a. zu einer starken Reduktion der Sterblichkeitsrate vor allem bei akuten Erkrankungen geführt habe. Seit Ende der 60er-Jahre habe sich dann die Weiterentwicklung speziell im Bereich der Arzneimittel sehr stark verlangsamt, und heutzutage könnten chronische Volkskrankheiten kaum besser behandelt werden, als dies vor rund 30 Jahren der Fall gewesen sei.

    Diese Ansicht ist eindeutig falsch. Bezogen auf die USA ist bei einer Reihe von Erkrankungen ein deutlicher Rückgang der Sterberate im Zeitraum von 1965 bis 1990 zu beobachten. Für diese Entwicklung war in vielen Fällen der Einsatz neuer Medikamente verantwortlich, wie z.B. in der Behandlung der Arteriosklerose, des rheumatischen Fiebers, des Bluthochdruckes (Tab. 1). In innovationsfeindlichen Gesundheitssystemen, die in geringerem Ausmaß oder verspätet vom Einsatz innovativer Arzneimittel Gebrauch machen, fällt der Rückgang der Sterblichkeit im Vergleich zu den USA sicherlich geringer aus. Anhand der österreichischen AIDS-Statistik lassen sich die Forschungsleistungen der pharmazeutischen Industrie eindrucksvoll darstellen. Aufgrund der Einführung der Proteasehemmer in die AIDS-Therapie, die in einer Dreifach-Kombination ihre Verwendung finden, konnte seit 1994/95 die Zahl der Todesfälle pro Halbjahr auf rund 5% bis 10% vor deren Einführung gesenkt werden.

    Zweifellos verursacht der Einsatz dieser Medikamente erhebliche Ausgaben. Aus amerikanischen Studien ist aber ersichtlich, dass durch diese neuen Therapieschemata die Ausgaben insgesamt reduziert werden können. Unter US-amerikanischen und auch osteuropäischen Bedingungen erfordert die neue medikamentöse Behandlung eines AIDS-Patienten Ausgaben in Höhe von rund US-Dollar 16000 pro Jahr. Allerdings liegen die Kosten, die entstehen, wenn ein AIDS-Patient stationär in einem Krankenhaus behandelt werden muss, bei deutlich höheren US-Dollar 100000 pro Jahr [2]. Es ist jedoch nicht ausschließlich die Erhöhung der Lebenserwartung bzw. die Senkung der Sterblichkeitsrate, die den Wert eines Arzneimittels für den Patienten definiert.

    Sehr oft wird vergessen, dass Arzneimittel auch einen positiven Einfluss auf die Arbeitsproduktivität haben. Der Patient wird durch eine moderne Arzneimitteltherapie erst in die Lage versetzt, seiner Erwerbstätigkeit nachzukommen bzw. trotz seines Leidens seine Arbeit ebenso effizient zu verrichten, wie dies ohne diese Erkrankung der Fall wäre. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass dieser Effekt nicht nur die Erwerbstätigkeit im engeren Sinne, sondern auch die Erfüllung von sozialen Funktionen und Aufgaben betrifft, die in unserer Gesellschaft nicht mit Geld vergütet werden. Man denke hierbei nur an den Beruf der Mutter und die damit verbundene Kinderbetreuung und Erziehungsarbeit.

    Die Wiederherstellung der Arbeitsproduktivität ist auch nicht nur für den Arbeitgeber von großer Bedeutung, sondern wirkt sich durchweg durchweg auch höchst positiv auf das Selbstwertgefühl des Patienten aus. Aufgrund der Anwendung moderner Arzneimitteltherapien lässt sich für die Arbeitsproduktivität eine statistisch signifikante Zunahme nachweisen (Abb. 3). Bei Depressionen erhöhen sich die geleisteten Arbeitsstunden um etwas mehr als 7%, bei Migräne um nahezu 5%. Damit ist der Einsatz innovativer Arzneimittel sowohl für das Gesundheits- und Sozialsystem als auch für die Volkswirtschaft als solche von großer Bedeutung.

    Im weiten Feld der medizinischen Therapieformen weisen Arzneimittel gegenüber so manch anderer Therapieform eine deutlich höhere Kosteneffektivität auf (Abb. 4). So belaufen sich z. B. die Kosten pro gerettetem Lebensjahr bei einem 55-jährigen Patienten, der an Angina pectoris leidet,

  • für die Bypass-Operation auf rund 45000 US-Dollar und für einen alle drei Jahre durchgeführten Papanicolaou-Test (Pap-Test) auf etwa 18 000 US-Dollar,
  • für die Arzneimittelkosten hingegen nur auf 1500 bis 3000 US-Dollar (je nach Berechnungsvariante). Selbst unter ungünstigsten Annahmen ist die Arzneimitteltherapie daher weitaus kosteneffizienter als viele andere Therapie- und Vorsorgemaßnahmen, die im medizinischen Alltag routinemäßig Anwendung finden. Unter diesem Gesichtspunkt ist es daher unverständlich, dass steigende Arzneimittelausgaben per se als eine bedenkliche oder gar unerwünschte Entwicklung angesehen werden.

    Typisierung der Arzneimittelmärkte

    Grundsätzlich können Arzneimittelmärkte und die zugrundeliegenden Gesundheitssysteme in die zwei idealtypischen Formen der innovativen sowie der innovationsfeindlichen Märkte bzw. Systeme unterteilt werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass vor allem die Gesundheitssysteme einen großen Einfluss auf die tatsächliche Ausprägung der Arzneimittelmärkte haben. Die nationalen Gesundheitssysteme bestimmen durch den Grad an Wettbewerb sowie die Anforderungen an die Qualität der erbrachten Gesundheitsleistungen sehr wesentlich, wie die jeweiligen nationalen Gesundheits- und Arzneimittelmärkte ausgestaltet sind (siehe Kasten "Charakterisierung der Arzneimittelmärkte").

    Der Marktanteil der patentgeschützten Produkte an den gesamten Arzneimittelkosten, die die Krankenversicherungen erstatten, kann als ein Indikator für den Innovationsgrad der Arzneimitteltherapie herangezogen werden. Dieser Indikator variiert in den verschiedenen Ländern sehr stark (Abb. 5). Fast den geringsten Marktanteil patentierter Arzneimittel weist Deutschland auf. Einer der Gründe hierfür ist sicherlich, dass in Deutschland wie in kaum einem anderen westlichen Land eine Vielzahl von Arzneimitteln am Markt ist, die auch verschrieben und erstattet werden, für die aber keinerlei Wirksamkeit nachgewiesen ist. Zudem sind die gesamten Arzneimittelausgaben in Deutschland bei einem geringen Anteil an innovativen Arzneimitteln sehr hoch. Völlig konträr ist die Situation in Ländern wie Holland, Großbritannien sowie den skandinavischen Ländern. Dort sind die gesamten Arzneimittelausgaben bei gleichzeitig hohem Anteil innovativer Arzneimittel relativ bescheiden (Abb. 1).

    Ein wichtiger Faktor, der auch in den USA zu großen Einsparungen beigetragen hat, ist der nach wie vor steigende Einsatz von Generika (Abb. 6). Dies betrifft in wesentlich stärkerem Ausmaß die Zahl der Verschreibungen und nicht so sehr die Höhe der Umsätze. Sobald Patente abgelaufen sind, können über den verstärkt einsetzenden Preiswettbewerb Einsparungen erzielt werden. Generika spielen allerdings nicht nur im Hinblick auf eine Reduzierung der Arzneimittelausgaben eine wichtige Rolle, sondern der verstärkte Einsatz von Generika wirkt sich auch positiv auf zukünftige Innovationen aus.

    Pharmaunternehmen, die vor allem innovative und patentgeschützte Arzneimittel zunächst erforschen und dann auch produzieren, werden durch den einsetzenden Generikawettbewerb gezwungen, kontinuierlich neue, d.h. innovative Arzneimittel zu entwickeln. Ein idealer Arzneimittelmarkt ist daher durch einen hohen Innovationsgrad, der eine hohe Effektivität der Arzneimitteltherapie bewirkt, sowie durch einen hohen Generikagrad, der eine relative Ausgabenreduktion und damit eine hohe Effizienz in der Arzneimittelversorgung hat, gekennzeichnet (Abb. 7).

    In Europa erfüllen am ehesten die Niederlande und Großbritannien mit Nordirland (UK) diese Anforderungen, während Frankreich und Belgien noch weit von einer derartigen Marktgestaltung entfernt sind. In Deutschland und Portugal ist der Arzneimittelmarkt durch einen hohen Generikagrad bei geringem Innovationsgrad gekennzeichnet. Dies ist sicherlich als ein Ergebnis von dirigistischen Eingriffen zu werten, die nahezu ausschließlich die Senkung der Arzneimittelausgaben anstreben und die Aspekte der Effektivität und Effizienz weitgehend außer Acht lassen.

    Preisentwicklung auf Arzneimittelmärkten

    Theoretisch können zwei idealtypische Systeme der Preisentwicklung in Gesundheitssystemen beschrieben werden. Diese Systeme sind zwar nicht zwingend mit real existierenden Systemen vergleichbar, sie können aber die grundlegenden Probleme, Vor- und Nachteile der einzelnen Systeme drastisch vor Augen führen. In einem innovativen System sind Arzneimittel zum Zeitpunkt 0 zu einem Preis von 100 unmittelbar nach Zulassung auch tatsächlich für den Patienten verfügbar. Die aufgrund der langwierigen klinischen Tests sowie der anschließenden Zulassungsverfahren verbleibende wirtschaftlich nutzbare Patentschutzdauer von rund 10 Jahren ist durch diesen nahezu konstanten Preis von 100 gekennzeichnet. Nach Patentablauf verfällt der Arzneimittelpreis auch aufgrund des einsetzenden Generikawettbewerbs auf bis zu 20% des ursprünglichen Preises.

    Ein derartiges System, wie es in den USA aber auch in Großbritannien besteht und das vor allem durch Wettbewerb und weniger durch Reglementierungen geprägt ist, erbringt für alle Beteiligten Vorteile:

  • Die Patienten haben sofort Zugang zu neuen Arzneimittel, die in der Therapie Vorteile erbringen.
  • Die Gesundheitssysteme bzw. die Financiers des Gesundheitssystems können durch die starke Senkung der Arzneimittelpreise nach Patentablauf Einsparungen erzielen.
  • Innovative Firmen sind zum Erfolg ihrer Forschungen und damit zur ständigen Weiterentwicklung von Arzneimitteln gezwungen.

    Demgegenüber können innovationsfeindliche Gesundheitssysteme diese Vorteile nicht nutzen: Nach der Arzneimittelzulassung sind mitunter mehrjährige Verhandlung mit den jeweiligen nationalen Krankenversicherern aufzunehmen, um z.B. durch die Aufnahme in eine Positivliste dieses Arzneimittel auch tatsächlich für die Patienten zugänglich zu machen. Aufgrund dieser Verhandlungen gelingt es den Krankenversicherern vielleicht, einen Preis zu erzielen, der geringfügig unter den Preisen in den innovativen Länder liegt.

    Mitunter spielen aber auch protektionistische Motive hinter der verzögerten Markteinführung innovativer Arzneimittel eine nicht unbedeutende Rolle. Soll z. B. ein neues Produkt in Frankreich auf den Markt kommen, dann muss nicht unbedingt bewiesen werden, dass dieses Produkt wirksam ist, sondern vor allem, dass es sich hierbei um ein französisches Produkt handelt. Das Arzneimittel hat dann aber eine kürzere wirtschaftlich nutzbare Patentschutzdauer, da das Patent zum selben Zeitpunkt ausläuft wie in den innovativen Ländern. Aufgrund des Fehlens eines funktionierenden Generikawettbewerbs bleiben die Arzneimittelpreise aber nach dem Patentablauf deutlich über dem Niveau der innovativen Länder (Abb. 8).

    Plädoyer für mehr Wettbewerb

    Noch vor 10 bis 15 Jahren dominierte die europäische Pharmaindustrie die Weltmärkte. Zwischenzeitlich hat sich dies grundlegend geändert. Es gibt in Europa nur noch in einigen Ländern eine starke wachstums- und forschungsorientierte Pharmaindustrie. "Global Drugs" stammen derzeit zu 45% aus den USA, zu 14% aus Großbritannien und zu rund 9% aus der Schweiz. Vor allem Deutschland hat in den vergangenen Jahren beachtliche Marktanteile verloren. Die Prognose, dass bis zum Jahr 2002 von den Top-25-Produkten 20 aus den USA kommen werden, überrascht daher nicht.

    Eine der Hauptursache für diese Entwicklung liegt in der mangelnden Wettbewerbsorientierung der Gesundheitssysteme.

  • Sind Gesundheitssysteme wettbewerbsorientiert (wie in den USA), dann wirken sie sich nicht nur positiv auf die Entwicklung der Gesundheitsausgaben im Sinne einer Verlangsamung der Wachstumsraten aus, sondern dann haben sie auch einen positiven Einfluss auf die im Gesundheitssystem erbrachte Qualität und sichern der forschenden Industrie eine zufriedenstellende Entwicklung.
  • Sind Gesundheitssysteme hingegen nicht wettbewerbsorientiert (wie in Deutschland), dann sind sowohl steigende Arzneimittelausgaben als auch die Schwächung der forschenden pharmazeutischen Industrie eine zwangsläufige Folge.

    Die Rahmenbedingungen, die die Voraussetzungen für eine kontinuierliche Entwicklung der Innovationstätigkeit der Unternehmen bilden, können wie folgt zusammengefasst werden:

  • Die Grundlagenforschung sollte allgemein unterstützt und auch entsprechend gefördert werden, sowohl sowohl durch die Regierung als auch durch private Investoren.
  • Der Markt für Arzneimittel sollte innerhalb bestimmter Grenzen möglichst frei gestaltet sein. Wettbewerbsverzerrungen die Generikaanbieter benachteiligen (z. B. in Frankreich die Gewährung eines Erstanbieterbonus), müssen abgeschafft werden.
  • Eine durch innovative Leistungen nicht begründbare Subventionierung bzw. Bevorzugung nationaler Pharmaunternehmen im jeweiligen Land, sei es durch bevorzugte Aufnahme in Positivlisten, durch beschleunigte Zulassungsverfahren, durch die Gewährung eines Preisbonus usw., haben in kompetitiven und innovativen Gesundheitssystemen und Arzneimittelmärkten keinen Platz.
  • Verzögerungen der tatsächlichen Markteinführung innovativer Arzneimittel verkürzen die wirtschaftlich nutzbare Patentschutzdauer, was negative Effekte auf die Innovationstätigkeit der Unternehmen zur Folge hat. Im Hinblick auf die zukünftige Steigerung der Qualität der Gesundheitsleistungen, von der in erster Linie der Patient profitiert, sollte auf Markteintrittsbarrieren, die in diese Richtung wirken, verzichtet werden.
  • Weiterhin ist ein möglichst strenges System der Arzneimittelüberwachung zu etablieren, das nicht nur unerwünschte Wirkungen und Nebenwirkungen erfasst, sondern das auch die versprochene Wirksamkeit der Arzneimittel auf die tatsächlich erzielten Effekte hin überprüft. Dadurch kann nicht nur der negative sondern vor allem auch der positive Effekt eines Arzneimittels zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor werden.

    Es darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, dass vor allem die Patienten durch die ständige Weiter- und Neuentwicklung von Arzneimitteln und die damit verbundene Verbesserung der Therapiemöglichkeiten großen Nutzen ziehen können. Zudem können auch die Krankenversicherungsträger von der Etablierung innovativer Gesundheitssysteme und Arzneimittelmärkte profitieren, weil der intensivierte Wettbewerb bei einer höheren Qualität der zur Verfügung gestellten Gesundheitsleistungen die Ausgaben in wichtigen Marktsegmenten erheblich reduziert. Die Verlierer in innovativen und kompetitiven Gesundheitssystemen werden – wie in anderen marktwirtschaftlichen Branchen auch – diejenigen Unternehmen sein, die den Anforderungen des intensivierten Preis- und Qualitätswettbewerbes mit ihrer angebotenen Produktpalette nicht mehr gerecht werden können.

  • Auch ohne dirigistische Eingriffe des Staates lassen sich die Gesundheitsausgaben stabilisieren. Dies zeigt das Beispiel der USA, wo der Anstieg der Gesundheitsausgaben etwa der Inflationsrate entspricht. Bei näherem Hinsehen ist der Arzneimittelmarkt zweigeteilt: Den hochpreisigen Originalpräparaten stehen die preiswerten Generika gegenüber. Die Generika reduzieren nicht nur die Kosten, sondern sie spornen die Industrie auch zur Entwicklung neuer patentgeschützter Arzneien an.

    Charakterisierung der Arzneimittelmärkte

    Innovative Arzneimittelmärkte

  • Der rasche bzw. unverzügliche Einsatz innovativer Arzneimittel gewährleistet für den Patienten eine nach modernsten Gesichtspunkten ausgestaltete Arzneimitteltherapie.
  • Dadurch wird für die Pharmaunternehmen die wirtschaftlich nutzbare Patentschutzdauer auf den größtmöglichen Zeitraum ausgedehnt.
  • Dies bewirkt, dass Innovation belohnt und Anreize zur ständigen Weiterentwicklung der medikamentösen Therapie gesetzt werden.
  • Die Forcierung des Generikawettbewerbs nach Patentablauf bewirkt eine drastische Preissenkung bei nicht mehr patentgeschützten Arzneimitteln.
  • Dadurch können bei generikakonkurrenzierten Arzneimitteln deutliche Einsparungen erzielt werden, was sich wachstumsdämpfend auswirkt.
  • Durch den intensiven Generikawettbewerb werden innovative Unternehmen dazu gezwungen, ständig neue und bessere Arzneimittel zu entwickeln, da ohne eine erfolgreiche Forschung der Weiterbestand als innovatives Unternehmen in Frage gestellt würde.
  • Insofern können sowohl die Patienten durch eine verbesserte Arzneimitteltherapie als auch die Krankenversicherungsträger durch eine Erhöhung der Qualität der angebotenen Therapieformen mit neuen Arzneimitteln bei gleichzeitigen Einsparungen im Generikabereich profitieren.

    Innovationsfeindliche Arzneimittelmärkte

  • Innovative Arzneimittel werden den Patienten verspätet oder nur unter erschwerten Bedingungen zugänglich gemacht.
  • Dadurch wird die effektive wirtschaftlich nutzbare Patentschutzdauer deutlich verkürzt. Der Anreiz zur Innovation ist nicht in dem Ausmaß gegeben, wie dies in innovativen Systemen der Fall ist.
  • Der zumeist fehlende oder unzureichende Generikawettbewerb bewirkt nur mäßige Preissenkungen nach Patentablauf. Mitunter wird der Erstanbieter durch einen Erstanbieterbonus bessergestellt, was marktwirtschaftlich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld nicht zu rechtfertigen ist.
  • Dadurch können mit Arzneimitteln, deren Patente abgelaufen, deren Preise aber überhöht sind, Profite erzielt werden, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang zum Innovationsgrad und damit zum relativen Nutzen der angebotenen Arzneimittel stehen.
  • Die Arzneimittelausgaben der Krankenversicherungsträger sind dadurch vor allem im Segment der patentfreien Produkte, die von mehreren Herstellern angeboten werden, überhöht, sodass mögliche Einsparungen nicht realisiert werden.
  • Zudem sind innovationsfeindliche Systeme häufig durch einen überdurchschnittlich hohen Anteil von patentfreien Produkten, die nur von einem Hersteller angeboten werden, gekennzeichnet, deren Preise auch nach Patentablauf nur marginal gesenkt werden.
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