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Berichte
Pharmazieräte: Die Rezeptur bleibt in der Apotheke
Die Eröffnungsrede hielt der Thüringer Minister für Soziales, Familie und Gesundheit, Dr. Frank Michael Pietzsch (CDU). Er überbrachte die Grüße der Landesregierung und des Ministerpräsidenten Dr. Bernhard Vogel. Eine solche Ehre ist uns auf den Tagungen der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte (AGP) bisher noch nicht widerfahren; wir verdanken diese den Anstrengungen unseres Kollegen Ministerialrat Dr. Keiner. Der Minister, der selbst Arzt ist, zog ein äußerst fachkundiges Resümee über die Angleichung der Rechtslage im Gesundheitswesen in den zehn Jahren seit der Vereinigung Deutschlands.
Aspekte der Apothekenrezeptur
Dr. H. Reimann (DAC/NRF) war als Referent zum Thema "Problemrezepturen und Rezepturprobleme" eingeladen und zeigte elegante Lösungswege an konkreten Beispielen auf. Frau R. Eifler-Bollen (damals ZL) stellte die Ergebnisse einer Rezepturuntersuchung in 13 ausgewählten (davon 12 Pharmazierats-)Apotheken vor, und zwar bezüglich der mikrobiellen Reinheit, der Homogenität in den zwei verschiedenen Salben-Proben und der Richtigkeit der Deklaration. Diese Untersuchungen wurden von der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte beim ZL in Auftrag gegeben und wegen des allgemeinen berufsständischen Interesses von der Bayerischen Landesapothekerkammer finanziert.
Frau F. Schüller (Fa. Caelo, Hilden) rundete das Bild mit den Ergebnissen einer zusätzlichen Untersuchung der mikrobiellen Verhältnisse an den Rezepturarbeitsplätzen ab: Hierbei wurden Kittel, Arbeitsgeräte, Arbeitsplätze und die Umgebung auf ihre Kontamination überprüft.
Prof. Dr. med. M. Gloor aus Karlsruhe bezog Stellung mit seinem Referat "Individualrezeptur und Probleme aus ärztlicher Sicht". Schließlich stellte Pharmazierat K. H. Borosch die von J. Lehmann und den bayerischen Pharmazieräten bereits vorbereiteten "Mindestanforderungen an die Rezeptur-Gestaltung in Apotheken" vor.
Diese umfassenden Betrachtungen der Apothekenrezeptur aus den verschiedensten Blickwinkeln wurden mit den Referenten und den anwesenden Ministerialräten Dr. J. Keiner (Thüringen) und A. Reithmeier (Bayern) ausführlich diskutiert und mündeten dann in Empfehlungen und Leitsätze der Pharmazieräte/Amtsapotheker.
Als Resümee kann gesagt werden:
- Es ist sehr wohl möglich, unter standardisierten Bedingungen in den Apotheken Individual-Rezepturen sachgemäß herzustellen.
- Es bleibt Aufgabe u.a. der Pharmazieräte/innen und Amtsapotheker/innen, diese Mindestanforderungen den Kollegen zu vermitteln.
- Eine generelle Einstellung oder gar ein Verbot solcher Individual-Rezepturen in Offizinapotheken, wie manchmal von interessierten Kreisen gefordert wird, erscheint nicht angebracht.
Ehrung für Dr. Pieck
Dr. Pieck, der das 30. Mal auf der Jahrestagung der AGP als Referent eingeladen war, erfuhr eine besondere Ehrung. Er wurde im Rahmen dieser Tagung zum Ehrenmitglied der AGP ernannt und wurde als erster Nicht-Apotheker mit der Cosmas und Damian-Medaille ausgezeichnet. Sein Referat bezog sich wieder auf standespolitische und rechtliche Probleme; darüber hinaus stand er für die Beantwortung eingereichter Fragen zur Verfügung.
Die Organisation dieser Tagung stand unter der bewährten Leitung von Dr. Wolfgang Butz und seiner Frau Lieselotte; die finanzielle Organisation, welche sich immer schwieriger gestaltet, lag wieder in der zuverlässigen Hand von Ehepaar Dr. Helger und Isolde Buttle. Ihnen allen danken wir für den aufwendigen, ehrenamtlichen Einsatz ganz herzlich. Der Fa. Caelo und der Bayerischen Landesapothekerkammer dankt die AGP herzlich für die Unterstützung bei den durchgeführten Untersuchungen.
Die 50. Jahrestagung AGP wird vom 28. bis 31. Oktober 2001 in Bad Dürkheim (Pfalz) stattfinden.
Kastentext: Qualitätssicherung in der Apotheken-Rezeptur
Leitsätze der deutschen Pharmazieräte bei der Besichtigung von Apotheken
1. Grundlagen
Ein Qualitätssicherungssystem für die nicht-sterile Arzneimittelherstellung in der Apotheke wird von verschiedenen Seiten gefordert, z.B. vom Gesetzgeber, von Apothekerkammern und Krankenkassen. Als Begründung wird angeführt, dass grundsätzlich der Qualitätsanspruch der industriell produzierten Fertigarzneimittel auch bei rezepturmäßig hergestellten Arzneimitteln gelten muss. Daneben gilt die Forderung des §4 der ApBetrO nach einwandfreiem hygienischem Zustand aller Betriebsräume für die Rezeptur schon bisher. Mit §6 sind die Grundsätze der GMP-Richtlinien für die Apotheke rechtsverbindlich.
Die Empfehlungen des EuAB in Abschnitt 5.1.4 "Mikrobielle Qualität pharmazeutischer Zubereitungen" fordern einen hygienisch einwandfreien Zustand der Herstellungsräume und kontrollierte Herstellungsabläufe.
Die Bundesapothekerkammer hat ebenfalls erkannt, dass, ohne eine Einschränkung der Verantwortung des Apothekers, in vielen pharmazeutischen Bereichen eine Verständigung auf einen einheitlichen Handlungsrahmen notwendig ist. Mit den Leitlinien zur Qualitätssicherung gibt es nunmehr einen solchen Rahmen.
(Veröffentlicht in der Pharmazeutischen Zeitung ab Nr. 27/2000; die Leitlinie "Herstellung und Prüfung der nicht-sterilen Rezeptur- und Defekturarzneimittel" in PZ Nr. 29, S. 105 ff.)
2. Hygienische Anforderungen
- Der Rezepturarbeitsplatz soll mindestens von drei Seiten raumhoch abgetrennt oder im Labor gelegen sein (Abgrenzung zu analytischen Arbeiten!).
- Wände und Oberflächen müssen leicht zu reinigen sein, sodass die Gefahr einer mikrobiellen Kontamination möglichst gering ist (kein Teppichboden!).
- Vor Beginn der Arbeit oder mindestens einmal täglich muss die Arbeitsfläche desinfiziert werden (z.B. mit Iso 70%).
- Hände vor Beginn der Rezepturarbeiten waschen und desinfizieren. Einmalhandtücher und sauberen, geschlossenen Arbeitskittel verwenden.
- Keine fremden Tätigkeiten, wie z.B. Teeabfüllen, Auspacken oder Missbrauch als "Kaffee-Ecke", in der Rezeptur ausführen.
- Die für die Rezeptur verwendeten Geräte sollen in einem hygienisch einwandfreien Zustand sein. An produktberührenden Teilen ist Keimfreiheit durch Desinfektion mit geeigneten Maßnahmen sicherzustellen (z.B. mit Iso 70%).
- Möglichst geschlossene Systeme und entsprechende Abgabegefäße wie Tuben und Spenderdosen benutzen.
- Während der Anfertigung einer Rezeptur sollen keine Kunden bedient werden.
- Wichtige Dokumentationen erstellen, wie Reinigungs- und Hygieneplan, Arbeitsanweisungen, Herstellung von Wasser, Wartungsvorschrift der Wasseraufbereitungsanlage.
- Abfälle sind in geeigneten Behältern zu sammeln und täglich zu leeren.
3. Anforderungen an die Ausgangsstoffe
- In der Apotheke sollen Methoden zur Aufbereitung von Aqua purificata verwendet werden, die den Anforderungen des Arzneibuches entsprechen, einschließlich einer Abkochung von mindestens 5 Minuten oder Filtration durch bakterienzurückhaltende Filter.
- Die Gefäße, in denen das Wasser abgekocht und nachher aufbewahrt wird, müssen geeignet und hygienisch einwandfrei sein.
- Das hergestellte Wasser ist am Tag des Anbruches aufzubrauchen.
- Die vorschriftsmäßige Reinheit und Lagerung der Ausgangsstoffe bei und nach der Rezeptur muss gewährleistet sein, z.B. Hygiene der Entnahme, allgemeine Haltbarkeitsfristen.
- Anbrüche von Fertigarzneimitteln müssen entsprechend überwacht werden, Kennzeichnung des Anbruchdatums.
4. Anforderung an die Kennzeichnung entsprechend §14 ApBetrO
Unter anderem muss angegeben sein:
- Art der Anwendung bzw. die Gebrauchsanweisung,
- Herstellungsdatum und Aufbrauchfrist aufbringen, siehe NRF allgemeiner Teil.
- Rezepturarzneimittel mit gefährlichen physikalischen Eigenschaften nach der GefStoffV kennzeichnen, ebenso bei Bedarf nach VBF.
- Nach der 100er-Regel hergestellte Arzneimittel sind nach §10 AMG zu kennzeichnen (auch die Chargenbezeichnung).
5. Maßnahmen zum Schutz des Apothekenpersonals
Bei einigen Ausgangsstoffen sind besondere Arbeitsschutzmaßnahmen nötig, die eine Betriebsanweisung gemäß §20 GefStoffV erforderlich machen, siehe NRF allgemeiner Teil. Beispiele: Dithranol, Metronidazol, Methoxsalen.
Kastentext: Resolutionen der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte (AGP)
"Die AGP ruft die Software-Produzenten von Rezepturprogrammen auf, Rezepturetiketten entsprechend den Vorschriften der ApBetrO und des AMG zu entwickeln."
Begründung: Fast alle verfügbaren Programme gewährleisten keine ordnungsgemäße Etikettierung von Rezeptur- und Defekturzubereitungen. "Die AGP fordert bei Individual-Rezepturen die Beibehaltung der Deklaration nach §14 ApBetrO, weil derzeit nicht abzusehen ist, welche Vorteile bei anderer Deklaration herauskommen. Eine erweiterte Deklaration nach AMG kann nur zu einer verminderten Compliance der Patienten führen."
Begründung: Gemäß einem Beschluss des AAAMP sollen in der Rezeptur verwendete Fertigarzneimittel nicht mehr mit dem FAM-Namen, sondern mit allen wirksamen Bestandteilen deklariert werden; dies gilt ebenfalls für SR- und NRF-Rezepturen.
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