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- DAZ 31/2001
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Arzneimittel und Therapie
Augenerkrankungen: Vaskuläre Faktoren beim Glaukom
Diese Fehlregulation der Blutgefäße und Verminderung der Durchblutung beschränken sich jedoch nicht auf das Auge, sondern werden auch an anderen Organen beobachtet.
Störung der lokalen Regulation
Fehlregulationen der Blutgefäße entstehen dadurch, dass zum einen eine gewisse Veranlagung besteht. Wenn Triggerfaktoren, wie Stress oder Kälte, hinzukommen, dann wird diese Veranlagung manifest. Besonders deutlich wird die Regulationsstörung beim so genannten "Cold pressure Test", d. h. beim Eintauchen der Hand in kaltes Wasser. Hier führt die Kälteprovokation bei entsprechend disponierten Personen zur Minderdurchblutung im Auge.
Insbesonders Vasospastiker reagieren oft mit einer paradoxen Widerstandserhöhung der Gefäße, wodurch die ischämische Situation sich weiter verschlechtert. Bei diesen Patienten sind die lokalen Autoregulations-Mechanismen gestört, sodass sie auf einen erhöhten Augeninnendruck empfindlicher als andere reagieren. Nachdem man weiß, dass bei Glaukompatienten der okuläre Blutfluss reduziert ist, ist es von großer Bedeutung, neben der Senkung des Augeninnendrucks die okuläre Zirkulation zu verbessern und, wenn möglich, die gestörte Autoregulation zu normalisieren.
Gestörter Blutfluss im Auge
Die Bedeutung des okulären Blutflusses und der gestörten Autoregulation für die Entstehung und Progredienz des Glaukoms sind auch mithilfe der funktionellen Anatomie nachzuvollziehen. In der A. centralis retinae und ihren Ästen gibt es keine zentrale Innervation. Die Blutflussregulation der Retina erfolgt durch lokale Mechanismen, was auch für die prälaminäre Region des Sehnervenkopfes zutrifft. Diese Autoregulation wird nicht nur durch die Gegenspieler Endothelin (Vasokontriktor)/NO-System (Vasodilatator) bestimmt, sondern auch durch die Carboanhydrase und deren Inhibition. Die Carboanhydrase kann sowohl in den retinalen Kapillaren als auch in den Gliazellen (Müllerzellen) nachgewiesen werden und auch im Sehnervenkopf des Menschen. Die Carboanhydrase ist eines der wichtigsten Enzyme überhaupt. Sie katalysiert die Reaktion H2O + CO2 <-> H+ + HCO3- und beinhaltet zwei potente vasodilatative Metaboliten (CO2, H+). Auf dieser Basis beruht vermutlich auch der vasodilatative Effekt von Carboanhydrasehemmern.
Mehr Sauerstoff
Eine isländische Arbeitsgruppe konne bei anästhesierten Schweineaugen zeigen, dass die topische Gabe des Carboanhydrasehemmers Dorzolamid zu einem dosisabhängigen, signifikanten Anstieg der Sauerstoffspannung am Sehnervenkopf führt. Nachuntersuchung dieser Augen durch Erlanger Wissenschaftler konnten diese Ergebnisse bestätigen und aufzeigen, dass die Sauerstofferhöhung eng mit einer Erweiterung der Kapillaren im Sehnervenkopf und dem Vorhandensein von Carboanhydrase-Aktivität im Kapillarendothel von Retina und Sehnervenkopf korrelierte.
Festgestellt werden konnten aber auch erhebliche Speziesunterschiede: Beim Kaninchen und bei der Ratte erfolgte keine Reaktion auf Dorzolamid, hier konnte auch keine Carboanhydrase im hinteren Augenabschnitt gefunden werden. Beim Schwein, Affen und Menschen jedoch stellte man Carboanhydrase fest, dementsprechend erfolgte hier auch eine Reaktion. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass die Hemmung der Carboanhydrase durch Dorzolamid zu einer besseren Durchblutung im hinteren Auge führen könnte.
Bestätigung in klinischen Studien
Diese funktionell-anatomischen Befunde konnten mittlerweile durch zahlreiche klinische Studien bestätigt werden. Die Gabe von 2 x täglich Dorzolamid über die Dauer von vier Wochen führte zu einer signifikanten Senkung des intraokulären Drucks um 24% und einer beschleunigten arteriovenösen Passagezeit um 28%. Die vasoprotektiven Eigenschaften von Dorzolamid bleiben auch in der fixen Kombination mit Timolol (Cosopt®) nicht nur erhalten, sondern durch die zusätzliche Drucksenkung ergibt sich ein weiterer positiver Effekt.
Eine im Zeitraum von 1997 bis 1998 durchgeführte Studie ergab im Risikofaktorenvergleich, dass Patienten mit primärem Offenwinkelglaukom im Vergleich zu Kontrollpersonen deutlich häufiger vaskuläre Risikofaktoren aufwiesen. 12 der 15 untersuchten Risikofaktoren, wie kalte Hände, plötzlicher Hörverlust, Tinnitus, Kopfschmerzen, Angina pectoris, Arrhythmien, waren signifikant häufiger als in der Kontrollgruppe anzutreffen. Beim Vergleich aller Patienten ergab sich ein signifikanter Unterschied, der in der Altersgruppe der 60- bis 70-Jährigen hochsignifikant wurde
Quelle: Internationales MSD-Symposium "Changing perspectives in glaucoma therapy", Mailand, 20. - 22. April 2001.
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