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DAZ aktuell
Bevölkerung hält nichts vom Arzneiversandhandel (Repräsentative Umfragen)
Sie halten es da mehr mit der Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die dem Versand von Arzneimitteln mit den Worten "Auf Rat und Kompetenz des Apothekers werden viele Menschen nicht verzichten wollen", noch auf der diesjährigen Interpharm eine klare Absage erteilte. Für 86,4 Prozent aller Befragten käme ein Bezug von Arzneimitteln über das Internet auf keinen Fall in Frage. Die fehlende Beratung durch den Apotheker, bzw. die Apothekerin vor Ort wird als häufigster Grund für die ablehnende Haltung genannt.
Und gerade die Zeitgenossen, die das Internet schon ganz selbstverständlich nutzen, stehen dem Versandhandel mit Arzneimitteln äußerst zurückhaltend gegenüber: Auf die Frage: "Haben Sie schon einmal Arzneimittel über das Internet gekauft?" antworteten 88,7 Prozent derjenigen, die einen Internet-Zugang besitzen: "Habe ich bisher nicht gekauft, will ich auch nicht kaufen."
Die Generation 50+ ist besonders skeptisch
Auf besonders große Skepsis stößt die neue Art der Medikamentenversorgung bei Menschen über 50 Jahre. 93 Prozent haben nicht vor, jemals Arzneimittel per Mausklick zu bestellen. Und damit sprechen sich in der Mehrheit gerade diejenigen gegen den Internet-Medikamentenversand aus, die besonders häufig Arzneimittel anwenden müssen. Ganz offensichtlich wollen sie auf keinen Fall auf die individuelle Beratung in der Apotheke verzichten. Sie wissen auch den Stellenwert von Arzneimitteln als Waren besondere Art im Vergleich zu unproblematischen Gütern wie Bücher, CDs oder Videokassetten richtig einzuschätzen: Immerhin hat bereits ein gutes Drittel aller Internet-Nutzer schon einmal Waren des täglichen Gebrauchs über das Web geordert - bei Arzneimitteln hingegen waren es lediglich verschwindend geringe 1,2 Prozent.
Gute Gründe gegen Ablehnung
Die ablehnende Haltung der Deutschen gegenüber dem Arzneimittelversandhandel im Internet hat gute Gründe. Gerade das Argument der Preiswürdigkeit, mit dem Arzneimittelversender immer wieder gern werben, entpuppt sich bei näherem Hinsehen in den meisten Fällen als Mogelpackung. So berichtete die Stiftung Warentest unter anderem von einem Fall, in dem der Internet-Versender für ein Aknemittel, das in deutschen Apotheken 12,40 DM kostet, 214 Mark in Rechnung stellte.
Die Ergebnisse der Umfrage für die Apotheken Umschau belegen, dass es in erster Linie die Sorge um die eigene Gesundheit ist, die die Menschen vom elektronischen Medikamentenkauf abhält. Die Angst, dass beim Arzneikauf ohne kompetente Beratung etwas schief gehen könnte, ist groß. So stimmten 57,6 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass Arzneimittel besondere Waren sind, die grundsätzlich nicht über das Internet vertrieben werden sollten. 46,7 Prozent vermissten die Beratung. Ein Drittel (33,2 Prozent) der Befragten findet den Einkauf über das Internet zwar bequem, wäre bei Arzneimitteln aber trotzdem zurückhaltend.
Andere Gründe spielen für die Ablehnung eine geringere Rolle: Der Zahlungsverkehr bei Internet-Bestellungen scheint 34,8 Prozent der Befragten zu unsicher. Und dass vermeintliche Preisvorteile durch hohe Versandkosten und zum Teil unzumutbar lange Lieferzeiten mehr als relativiert werden, hat ein Drittel erkannt. Schließlich befürchten 44,1 Prozent, von unseriösen Geschäftemachern übervorteilt zu werden.
Internet ja, aber nicht für Arzneiversand
Insgesamt zeigt die Umfrage, dass die deutsche Bevölkerung einerseits die Möglichkeiten des Internets durchaus zu schätzen weiß, dass aber andererseits erhebliche Bedenken gegen eine unkritische Nutzung bestehen, die sich im konkreten Fall in einer klaren Ablehnung des Versandhandels von Arzneimitteln niederschlagen.
Die Umfrage-Ergebnisse stehen somit auch im Einklang mit Erkenntnissen, zu denen beispielsweise die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gelangt ist. Sie warnte schon vor einiger Zeit vor den lebensgefährlichen Folgen, die auftreten können, wenn unseriöse Internet-Anbieter gefälschte oder verunreinigte Medikamente anbieten oder Arzneimittel mit falschen Heilversprechen empfehlen, indem sie die eigentliche Indikation ignorieren und etwa Schilddrüsenhormone als Schlankheitsmittel verkaufen. Von den über 750 nachgewiesenen und dokumentierten Arzneimittelfälschungen sind ein großer Teil über das Internet vertrieben worden.
Wer trotz aller Warnungen und Bedenken dennoch Medikamente via Internet beziehen will, sollte schließlich auch bedenken, dass er sich in vielen Fällen auch juristisch gesehen auf dünnes Eis begibt. Nicht nur, dass Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland grundsätzlich verboten ist, kann es im Einzelfall sogar vorkommen, dass Medikamente geordert werden, die bei uns überhaupt nicht zugelassen und damit generell nicht verkehrsfähig sind. Wenn der Zoll eine Sendung als rechtswidrigen Import beschlagnahmt, hat in jedem Fall der Besteller den Ärger. Der liefernde Internet-Versender - meist mit einer exotischen Adresse in Übersee - ist kaum zu belangen. Auch so gesehen ist der Gang zur heimischen Apotheke allemal die bessere Alternative.
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