Berichte

AV Schleswig-Holstein: Mitgliederversammlung diskutierte Aktionspaket

Selbstbewusst und trotz der akut bedrohlichen Lage mit einem gedämpft optimistischen Blick in die Zukunft fand die gut besuchte Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein am 10. November 2001 in Kiel statt. Unter Leitung des Verbandsvorsitzenden Dr. Peter Froese diskutierten Apothekerinnen und Apotheker aus Schleswig-Holstein unter anderem das aktuelle Aktionspaket der Bundesregierung.

Froese wies aufs Schärfste das Ansinnen der Politik zurück, den Apothekern mit einem erhöhten Rabatt ein Sonderopfer abzunötigen: "Es ist und bleibt ein Sonderopfer. Die besonderen Vorteile, die durch die Betreuung von Kassenversicherten entstehen, werden durch den Apothekenrabatt in der bisherigen Höhe bereits mehr als abgeschöpft."

6-Punkte-Programm für aut idem

Begrüßt wurden die Vorschläge zur Neugestaltung der Aut-idem-Regelung, wobei die Frage im Raum blieb, warum die Politik nicht den zweiten und notwendigen Schritt gegangen ist, die Apotheker für die Aut-idem-Auswahl in geeigneter Form zu honorieren. "Mit einem 6-Punkte-Programm zur Arzneiauswahl haben die schleswig-holsteinischen Apotheker ihre Position zu aut idem klar dargelegt.

  • Qualität,
  • die Anerkennung des Zieles der Wirtschaftlichkeit bei gleichzeitiger Forderung nach Einführung einer Honorierung der Auswahl,
  • Sicherung der Compliance durch Stärkung der Hausapotheke und Einführung geeigneter Kommunikationsformen zwischen Apotheken,
  • marktwirtschaftliche Orientierung ohne Preisdumping,
  • haftungsrechtliche Eindeutigkeit und
  • Flächendeckung

sind die Schlagworte unserer Grundsatzposition", erklärte Froese auf der Versammlung.

Im Weiteren ging Froese auf die Herausforderungen durch die geplante Einführung von Disease-Management-Programmen ein. "Disease Management braucht die Apotheke als Partner. Wir werden praxisnahe, honorarfähige und qualitätsgestützte pharmazeutische Module entwickeln und als Leistungsangebot der schleswig-holsteinischen Apotheken mit den Kassen verhandeln", kündigte der Vorsitzende als eines der Ziele für die Verbandsarbeit 2002 an. "Pharmazeutische Module sind Bausteine der pharmazeutischen Betreuung und anderer Leistungen der Apotheke."

Zur Umsetzung der Ziele der Verbandsarbeit erweist sich der Kontakt zur örtlichen Ebene als überaus wichtig. Mit den Pharmazeutischen Leistungsgemeinschaften (PLG) in und um Flensburg, Rendsburg, Schleswig und Segeberg habe man die richtige und wichtige Umsetzungsebene vor Ort stärken können. "Wir lernen weiter", kommentierte Froese die Fortentwicklung der PLG im Lande.

Zum Thema Versandhandel konnten sich die Apotheker Schleswig-Holsteins von einem Insider informieren lassen: Martin Kampffmeyer, Vorstand der lenscare.de AG, berichtete kundig über Hintergründe und Hintergründiges aus der Welt der Versandhändler.

"Machen Sie nicht den Fehler, DocMorris das zu geben, was er am dringendsten braucht: Publizität", riet der Experte. Immerhin ist für einen Versender die Beschaffung von Kundenadressen das mit Abstand wichtigste Absatzinstrument. "Hier wird ein Großteil der Marketingkosten verbraucht", so Kampffmeyer.

In seinem Jahresbericht ging Geschäftsführer Dr. Thomas Friedrich auf die beeindruckende Arbeitsbilanz des Verbandes ein. "Über 500 Kolleginnen und Kollegen konnten mit Informationsveranstaltungen vor Ort erreicht werden", so Friedrich. Presseerklärungen, Radio- und Fernsehinterviews, das neu gestaltete Rundschreiben, die Einführung eines Faxservers und die Fertigstellung des Internetauftrittes des Verbandes erwiesen sich als wichtige Formen der Öffentlichkeitsarbeit.

Verhandlungen mit Kostenträgern, Marktpartnern und Politikern, die im Berichtszeitraum in großer Zahl geführt wurden, bildeten einen weiteren Schwerpunkt aktiver Interessenvertretung. Dabei konnten einige Verbesserungen erreicht, manchmal auch (nur) Schlimmeres verhindert werden.

Rechtsvergessene Krankenkassen

Aus Anlass zunehmender Steuerungs- und Versandaktivitäten einzelner Krankenkassen widmete Friedrich einen Schwerpunkt seines Berichtes aktuellen Rechtsfragen. Während die öffentlichen Apotheken einem strengen Regelwerk und dichten Kontrollnetz unterworfen sind, mache sich bei einigen Krankenkassen Rechtsvergessenheit breit. "Sind die Krankenkassen", so fragte Friedrich, "aufgrund ihres öffentlich-rechtlichen Status sakrosankt? Oder müssten sie nicht erst recht wegen ihrer Eigenschaft als Körperschaften öffentlichen Rechts besonders rechtstreu, der Einhaltung von Recht und Vertrag verpflichtet sein?"

Letzteres scheine im Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland immer weniger der Fall zu sein. Es gebe Signale von Politik und Rechtsaufsicht, aber auch von der so genannten vierten Gewalt, den Rechtsbruch zu tolerieren oder gar zu befördern. Ungehindert und bisher ungestraft riefen Vorstandsmitglieder gesetzlicher Krankenkassen aller Couleur zum Versandhandel mit Arzneimitteln auf und organisierten ihn. Sie verkündeten den Verzicht auf gesetzliche Zuzahlungen, die ihren Kassen zur Entlastung der Kosten zustehen. Sie lenkten die Rezepteinlösung und verletzten den Datenschutz. Sie verstoßen mit all dem zugleich gegen die vereinbarten Arzneilieferverträge.

"Was bleibt? Ohnmächtige Wut? Oder Vergeltung von Gleichem mit Gleichem?", fragte Friedrich und stellte zugleich fest: "Es gibt keine Gleichheit im Unrecht. Wir werden deshalb nicht nachlassen, die Rechtsaufsichtsbehörden weiter auf das rechtswidrige Tun hinzuweisen; wir werden gegebenenfalls Strafanzeige z. B. wegen Verstoßes gegen § 8 HWG stellen. Wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir die öffentliche Meinung auf unsere Seite bekommen oder zumindest für das Thema sensibilisieren."

Abschließend wies Friedrich auf die im Frühjahr anstehenden Neuwahlen zum Vorstand und zur Delegiertenversammlung hin und rief insbesondere die Kolleginnen im Lande auf, sich noch stärker als bisher in die aktive Verbandsarbeit einzubringen.

Im weiteren Verlauf der Versammlung befanden die Mitglieder über die Entlastung des Vorstandes sowie einige Satzungsänderungen, unter anderem über eine Öffnung der Tarifklausel.

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