Berichte

Apothekerverband Nordrhein: Sichere Arzneimittelversorgung bedroht

Anlässlich der 84. Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Nordrhein e.V. am 24. April 2002 im Swissôtel Düsseldorf/Neuss begrüßte der Verbandsvorsitzende Thomas Preis mehr als 100 Teilnehmer, davon 88 Delegierte und zahlreiche Ehrengäste.

Nach dem ehrenden Gedenken für die im letzten Jahr verstorbenen Mitglieder wurde die ordnungsgemäße Einberufung und die Beschlussfähigkeit der Versammlung festgestellt. Einstimmig genehmigt wurden die vorgelegte Tagesordnung sowie das Protokoll der 83. Mitgliederversammlung vom 16. Mai 2001.

Bericht des Vorsitzenden

Preis kritisierte zu Beginn seiner Ausführungen, dass sich die Apothekerschaft in den vergangenen Monaten wieder pausenlosen Angriffen auf das bewährte, flächendeckende und sichere Arzneimittelversorgungssystem habe erwehren müssen. Die Angriffe hätten ihren Höhepunkt in der Entscheidung des Runden Tisches im Gesundheitswesen für die Einführung des Versandhandels gefunden. Diese Entscheidung sei eine existenzielle Bedrohung der sicheren verbraucher- und patientenorientierten Arzneimittelversorgung durch 22 000 Apotheken bundesweit und 2400 Apotheken in Nordrhein. Der Berufsstand werde dies nicht widerstandslos hinnehmen.

Selbstverständlich sei es ein legitimes Interesse von Politik und Krankenkassen, in der gegenwärtigen Finanzsituation der GKV nach Einsparpotenzialen zu suchen, betonte der Vorsitzende. Es sei aber völlig unakzeptabel, wenn der Kostenfrage unbedingte Priorität eingeräumt werde und Einsparungen ohne Rücksicht auf qualitative Einbußen in der Versorgung der Patienten durchgesetzt werden sollen.

Unüberlegte Reformmaßnahmen

Praktisches Anschauungsmaterial für unüberlegte "Reformmaßnahmen" im Bereich der Arzneimittelversorgung habe es in den vergangenen Monaten genug gegeben, stellte Preis fest. So sei das AABG durch die Erhöhung des Kassenabschlages zu einer finanziellen Belastung der Apotheker geworden.

Die Forderungen der deutschen Apothekerschaft nach einem am Wohle des Patienten ausgerichteten aut idem hätten sich zudem nicht durchsetzen lassen. Katastrophal hätten sich die handwerklichen Fehler im Gesetz ausgewirkt. Noch heute gebe es keine praktikablen Ausführungsbestimmungen. Man habe von Seiten des Apothekerverbandes Nordrhein in verschiedenen Orten Ärzte über aut idem informiert und habe auch vielen Vertretern von Patienten- und Selbsthilfegruppen sowie den Medien erläutert, dass aut idem den Patienten und Versicherten eine bessere Versorgungsmöglichkeit durch die öffentliche Apotheke biete.

Ebenso unzureichend in der praktischen Ausgestaltung wie die Aut-idem-Regelung sei die gerade in Kraft getretene Schiedsstellenentscheidung zur Importregelung. Die praxisferne Ausgestaltung der Regelung belaste die öffentlichen Apotheken fast mehr als die eigentliche Quotenfestsetzung in Höhe von 5,5 Prozent. In Großveranstaltungen habe der Apothekerverband Nordrhein seine Mitglieder daher frühzeitig über die Neuregelung informiert.

Kritik an Rechtsbrüchen der Krankenkassen beim Versandhandel

Deutlich kritisierte Preis das aktuelle Verhalten einiger Krankenkassen in Bezug auf den Versandhandel, die bewusst gegen bestehende Gesetze verstießen. Auch in Nordrhein hätte es Anfang des Jahres bekanntermaßen entsprechende Vorstöße gegeben. Nur durch massiven Druck der nordrheinischen Apotheker habe man eine Betriebskrankenkasse von diesem Irrweg abbringen können. Es sei schließlich sogar gelungen, eine enge Kooperation mit dieser Kasse im Bereich der Versorgung chronisch Kranker anzubahnen und ein gemeinsames Konzept zum gesundheitspolitisch hoch aktuellen Thema des Disease Managements zu entwickeln. Der Vorsitzende dankte an dieser Stelle ausdrücklich den Duisburger Apothekern und deren Vorsitzendem, Herrn Kollegen Krings-Grimm, für ihr beherztes Engagement in dieser Frage.

Gemeinsam mit den Patienten

Wenn das bewährte, qualitativ hochwertige System der Arzneimittelversorgung aufs Spiel gesetzt werde, seien nicht nur die Apotheker, sondern auch ihre Patienten nachhaltig betroffen, fuhr Preis fort. Das Partikularinteresse der Apotheker stehe nicht im Gegensatz, sondern im Einklang mit dem Gemeinwohl. Auch der Großteil der Bevölkerung wolle die Apotheke vor Ort erhalten. Man dürfe daher nicht zögern, den Schulterschluss mit den Patienten zu suchen und die Bevölkerung für das Anliegen einer sicheren Arzneimittelversorgung zu mobilisieren. Mit der erfolgreich gestarteten Unterschriftenaktion der "Initiative pro Apotheke" sei die Apothekerschaft auf dem richtigen Weg.

Kommunikation stärken

Die Botschaft der Apotheker müsse trotz der Komplexität der Themen verständlich bleiben und gut "verkauft" werden, um die Bevölkerung von den Argumenten der Apotheker zu überzeugen. Dabei nutze der Apothekerverband Nordrhein erfolgreich sein schon seit Jahren etabliertes System der Kommunikation durch Pressemeldungen, Pressekonferenzen und örtliche Pressesprecher. Stellvertretend für alle Aktivitäten nannte der Vorsitzende das "Extrablatt" zum Thema Versandhandel. Dieses System werde in Kürze durch ein erweitertes strategisches Konzept gemeinsam mit der Apothekerkammer Nordrhein ergänzt.

Neben der Information der Öffentlichkeit sei der Kontakt zu politischen Entscheidungsträgern ebenso wichtig. Preis begrüßte daher, dass der Apothekerverband Nordrhein als Mitglied in die Landesgesundheitskonferenz des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen wurde. Preis schloss seine Ausführungen mit der Aussage, dass trotz aller Widrigkeiten die Apotheken ihren Beruf weiterhin engagiert mit pharmazeutischem Wissen und Präzision ausführen würden. Dabei ließe man sich auch nicht durch Medienberichte irritieren, die wiederholt versuchten, die Beratungsqualität der Apotheke vor Ort mit höchst zweifelhaften Testmethoden infrage zu stellen.

Disease-Management-Programme – Aufgaben der Leistungserbringer

In seinem Gastvortrag berichtete Herr J. Hoffmann, Vorsitzender des Vorstandes des Landesverbandes der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen, zu den Themen

  • Disease Management,
  • Versandhandel,
  • DRG und
  • Verhandlungen mit den Krankenkassen in Nordrhein.

Hoffmann teilt der Versammlung mit, dass man mit den Apotheken die Zukunft bestreiten möchte. Insbesondere im Rahmen der Disease-Management-Programme ergebe sich für die Apotheken eine Chance, neue Leistungen anzubieten. Erste Schritte zur Umsetzung seien mit dem "Pilotprojekt", welches der Apothekerverband mit der Novitas Vereinigten BKK zur Zeit angeht, in die Wege geleitet worden.

Hinsichtlich des Versandhandels stellte Hoffmann klar, dass die Krankenkassen den Versandhandel aus rein wirtschaftlichen Gründen fordern. Er betonte, dass ein Versandhandel allerdings nur dann durchgeführt werden könne, wenn vom Gesetzgeber in Zukunft bestimmte Rahmenbedingungen vorgegeben würden.

Berichte

Die Berichte aus der Arbeit der Geschäftsstelle, der Ausschüsse, Arbeitskreise und Kommissionen des Apothekerverbandes Nordrhein e.V. lagen den Delegierten mit dem Geschäftsbericht 2001 vor.

Abschluss des Geschäftsjahres 2001

Der Bericht der Kassenprüfer, vorgetragen von Ulrich Wegmann, ergab keine Beanstandungen. Vorstand und Geschäftsführung wurden einstimmig entlastet. Schatzmeister Elmar Berges berichtete über den Haushaltsabschluss des Jahres 2001 mit dem zusätzlichen Hinweis auf die Darstellungen im vorliegenden Geschäftsbericht. Er trug vor, dass im Geschäftsjahr 2001 der Etat überschritten worden sei. Dieser Betrag ist aus den Rücklagen des Apothekerverbandes Nordrhein entnommen worden. Der Haushaltsabschluss 2001 wurde einstimmig angenommen.

Wahlen

Der Vorsitzende Thomas Preis berichtete der Versammlung, dass die Kollegin Heidi Desombre, ehemalige Beisitzern, aufgrund eigenen Wunsches aus dem Vorstand ausgeschieden sei. Als Nachfolgerin wurde Kollegin Regine Borghoff vorgeschlagen und gewählt. Dr. Wolfgang Boventer, Krefeld, und Hans-Ulrich Wegmann, Köln, wurden in ihren Ämtern als Kassenprüfer bestätigt. Als stellvertretende Kassenprüfer wurden Frau Gabriele Köhler, Sankt Augustin, und Herr Peter Vogt, Duisburg, gewählt.

Haushaltsvoranschlag 2003

Der von Vorstand, Beirat und Finanzausschuss eingebrachte Haushaltsvoranschlag 2003 wurde von Schatzmeister Elmar Berges vorgestellt. Nach ausführlicher Diskussion wurde der Haushaltsvoranschlag 2003 mit großer Mehrheit beschlossen. Beschlossen wurde zudem die vorgelegte Beitragsordnung ab 2003. Der Jahresmitgliedsbeitrag für ordentliche Mitglieder beträgt ab dem Jahre 2003 jährlich 800 Euro.

Verschiedenes

Unter dem Tagesordnungspunkt Verschiedenes wurde rege über mehrere Punkte diskutiert: Herr Schwier, Essen, beantragte, dass der Vorstand bei der Mitgliederversammlung des Deutschen Apothekerverbandes e.V. den Antrag stellen solle, den Schiedsvertrag nach § 129 SGB V zu kündigen. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen.

Das Thema Öffentlichkeitsarbeit wurde vor dem Hintergrund der aktuellen Versandhandelsproblematik angesprochen. Es wurde ein insgesamt vehementeres Vorgehen gegen den Versandhandel gefordert. Des Weiteren wurde vorgeschlagen zu prüfen, inwieweit den Krankenkassen Kosten für die Kontrolle der Rezepte sowie für das Bereitstellen der Software zur Umsetzung der Aut-idem-Regelung in Rechnung gestellt werden können.

Mit Dank an die Anwesenden schloss der Vorsitzende die Sitzung.

Thomas Preis, Vorsitzender, Doris Schönwald, Schriftführerin

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