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Berichte
Altes Apothekenlabor wurde Museum
Im verwilderten Garten des Gebäudes Kirchstraße 22 in Bönnigheim stand ein baufälliger alter Schuppen. Bei einer gründlichen Besichtigung im Jahre 1987 fiel im Erdgeschoss ein massiver, steingemauerter Raum mit einem Kreuzgewölbe auf, dessen Scheitelpunkt in einen Kamin überging. Reste von Schablonenmalereien wurden sichtbar.
Apothekenlabor von 1831
Forschungen haben ergeben, dass es sich bei diesem Gebäude um die Reste eines Apothekenlabors handelt, das durch den Apotheker Adam Michael Völter im Jahre 1831 hier errichtet wurde, wobei die massiven Sandsteinmauern und das Kreuzgewölbe der Feuersicherheit dienten.
Es gehörte zur früheren Apotheke im Haus Kirchstraße 22, das heute Restaurant ist und in dem das Fenster, durch das in früherer Zeit die "gemeine" Kundschaft die Arzneien üblicherweise zur Straße oder in den Hausflur ausgehändigt bekam, erhalten ist. Im Dachstock wurden Kräuter und Drogen aufbewahrt. Bei weiteren Grabungen trat zusätzlich ein Brunnen von einen Meter Durchmesser und 9,50 Meter Tiefe zutage, der ebenfalls zum Apothekenlabor gehörte.
Apotheker Völter betrieb die Bönnigheimer Apotheke von 1819 bis 1843. Nach dem Bau des Laboratoriums plante er die Einrichtung einer kleinen "Arzney-Küche" im Haus: "Damit der Besitzer nicht genötigt ist, bey naßer und kalter Witterung oder auch zur Nachtzeit, die Bereitung gekochter Arzneyen in dem entfernten Laboratorium vorzunehmen" (Baugesuch vom 19. August 1843). Doch daraus wurde nichts. Seine Frau verstarb 1843, und Georg Völter gab seine Apotheke auf.
Das Laboratorium, in seiner Bausubstanz einmalig in Baden-Württemberg, wurde schließlich einer musealen Nutzung zugeführt. In originaler Umgebung wurde ein kleines Apothenkenmuseum eingerichtet, in dem zum einen – in Anlehnung an Bönnigheims Schwäbisches Schnapsmuseum – die Verwendung von Alkohol in der Medizin dargestellt wird und das zum anderen den Umbruch von der handwerklichen Arzneimittelherstellung zur industriellen Produktion markiert.
Alte Destillationstechnik
Da das Laboratorium im heutigen Wirtshausgarten steht, wurde es als Schaufenster konzipiert. Im überwölbten feuerfesten Laborraum zeigt beispielsweise eine "Bitter-Destillationsanlage" (Fa. Wilhelm Bitter, Wangen) die Destilliertechnik um 1900. Mit einem handbetriebenen "Rundfüller" (Fa. Ganzhorn + Stirn, ca. 1935), der zur Produktionssteigerung eingesetzt wurde, um die gestiegene Nachfrage z. B. von Kräuterlikören in Apotheken zu befriedigen, wird der Übergang von der handwerklich geprägten Kleinabfüllung zur industriellen Produktion dargestellt. Im Dachstock ist unter anderem die Geschichte der Bönnigheimer Apotheken aufgearbeitet.
Eingerichtet und betreut wird das Apothekenmuseum von der Historischen Gesellschaft Bönnigheim e.V., deren Vorsitzender Kurt Sartorius maßgeblich dazu beitrug, dass das alte Wissen um die Geheimnisse köstlicher "Arzney" heute wieder lebendig wird. Wissenschaftliche Unterstützung erhielt das Vorhaben durch das Deutsche Apotheken-Museums in Heidelberg. Als besonderen Glücksfall bezeichnete es Sartorius, dass die Pharmaziehistoriker Dr. Frank Rothfuß, Prof. Dr. Marcus Plehn und Dr. Larissa Leibrock-Plehn in der Nähe Bönnigheims wohnen, sodass mit ihnen das Konzept und die Texte immer wieder durchgesprochen werden konnten.
Das Museum "Arzney-Küche" ist die vierte museale Einrichtung der Stadt Bönnigheim. Sie ist im Rahmen von Stadtführungen und nach Anmeldung, Tel. (0 71 43) 2 25 63, zu besichtigen.
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