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Wegweisende Kanzlerrede (Glosse)

Wie erst jetzt bekannt wurde, knallten nach der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 4. Dezember 2002 in vielen deutschen Apotheken die Sektkorken. Anlass war die richtungweisende Passage in der Kanzlerrede, wonach die Apotheken künftig den gleichen Wettbewerbsbedingungen wie Drogerien unterworfen sein sollen. Während nach außen noch die letzten Abwehrschlachten gegen die angeblich existenzvernichtenden Rabattregelungen im geplanten Beitragssatzsicherungsgesetz geführt werden, frohlocken Deutschlands Apothekerinnen und Apotheker bereits heimlich.

"Wieder einmal hat unser aller Kanzler einen Ausweg gewiesen, als wir schon resignieren wollten", sagte ein hoffnungsfroher Apotheker aus K., der ungenannt bleiben wollte. Letzteres, nicht weil er fürchtete, mit seiner Meinung allein auf weiter Flur zu stehen, sondern weil er weiß, wie sehr der Kanzler Lobbyismus gleich welcher Art verabscheut.

"Wenn der freie Wettbewerb kommt, brechen nicht nur für unsere Kundinnen und Kunden goldene Zeiten an, wie der Kanzler verspricht, sondern selbstverständlich auch für uns Apothekerinnen und Apotheker", erklärte der Ungenannte aus K. "Mir ist nichts darüber bekannt, dass Drogerien auf ihren Umsatz zwangsweise Rabatte an den Staat oder irgendwelche sonstigen Institutionen abführen müssten, noch dass Drogeriepreise staatlich reguliert werden.

Das Warenangebot unterliegt keinerlei Gängelung, Geld für die Ware gibt’s sofort. Drogerien müssen keinen Versorgungsauftrag erfüllen und auch keinen unrentablen Notdienst leisten", begründete der Apotheker aus K. seine spontane Zustimmung.

"Endlich können wir nur noch das tun, was wir zwar nicht studiert, aber schon immer gewollt haben: Verkaufen um jeden Preis. Das bringt uns der Politik nahe", so der Apotheker.

Eine Gefahr für die Arzneimittelsicherheit sehen Deutschlands Apothekerinnen und Apotheker übrigens nicht; schließlich verkauften die (künftigen) Berufskolleginnen und -kollegen in den Drogerien ihre Bonbons auch problemlos. Einzig der überkommene Apotheker als Heilberufler falle weg, das aber sei das Wegweisende an der Kanzlerrede.

Tom Fritz, Apothekerverband Schleswig-Holstein e. V.

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