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- DAZ 51/2002
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Die Seite 3
Wenn das Beitragssatzsicherungsgesetz am 20. Dezember zur nochmaligen Abstimmung in den Bundestag kommt, besteht quasi die letzte Chance, dieses Werk zu verhindern. Ist es auch eine reale Chance? Angesichts der Tatsache, dass das Gesetz mit der so genannten Kanzlermehrheit angenommen werden muss, und wenn man Schröders Worte vom 4. Dezember noch im Ohr hat, wo er Apotheken auf die Stufe von Drogerien stellte, dann sehe ich die Chancen ziemlich schrumpfen.
Dennoch ist es schon fast bewundernswert, wie viele von uns jetzt in eigener Initiative zur Tat schreiten, sich Protestaktionen ausdenken oder sich an der ABDA-Aktion beteiligen – ein letztes Aufbäumen, bevor dann am 1. Januar das Gesetz in Kraft tritt und die Erträge vieler Apotheken um bis zu 50 Prozent reduziert? Zum 17. Dezember hatte die ABDA beispielsweise dazu aufgerufen, die Schaufenster der Apotheke zu verhüllen, um die Bevölkerung auf die dramatischen Folgen des Beitragssatzsicherungsgesetzes hinzuweisen.
Eine privat finanzierte Anzeige eines Apothekers, die er in großen Tageszeitungen veröffentlichen ließ, sollte ebenfalls die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen, welche schlimmen Auswirkungen das Gesetz für Apotheken haben wird.
Im Kammerbezirk Nordrhein wurde am 17. Dezember "Dienst nach Vorschrift" gemacht, um damit zu demonstrieren, wie es aussehen könnte, wenn durch das Vorschaltgesetz Dienst- und Serviceleistungen in den Apotheken eingeschränkt werden müssen. Auch Öffnungszeiten in der Mittagszeit sollten eingeschränkt werden. Apotheker in Siegen wurden ebenfalls in eigener Regie aktiv. Sie machten am 17. Dezember "ihre Klappe auf" – sie bedienten ihre Kunden und Patienten nur noch durch die Notdienstklappe.
Und im schleswig-holsteinischen Neumünster blieben die Apotheken bereits am 11. Dezember von 9 bis 11 Uhr "verschlossen" – bedient wurde lediglich aus der Apotheke heraus im Eingangsbereich. Auch das sollte darauf hinweisen, dass nach Inkrafttreten des Gesetzes der Service geringer wird, die Gefahr, vor einer geschlossenen Apotheke zu stehen, wächst und dass Mitarbeiter vor die Tür gesetzt werden müssen.
Aber was sollen die Protestaktionen letztlich bewirken? Sie können bis zu einem gewissen Grad die Bevölkerung sensibilisieren, aber nur dann, wenn nicht die Probleme der Apotheke dargestellt werden und dass die Apotheker nun bald weniger in der Kasse haben werden, sondern wenn deutlich die negativen Folgen für den Patienten, den Kunden übergebracht werden.
Dem Bürger ist es relativ egal, ob der Apotheker statt 70 000 Euro dann nur noch 40 000 Euro auf seinem Konto hat. Was den Verbraucher interessiert, sind mögliche fehlende Serviceleistungen, längere Wege zur nächsten Apotheke, weil Apotheken schließen mussten, oder die Kündigungen von Personal und damit längere Wartezeiten in den Apotheken. Mein Eindruck von den Aktionen der letzten Tage war, dass gerade diese Nachteile für den Patienten zu wenig in die Öffentlichkeit getragen wurden.
Und die allerletzte Chance: die Verfassungsbeschwerde. Vielleicht könnte sie das Gesetz erst einmal aufhalten, auf dem Weg einer einstweiligen Anordnung. Allerdings steht sie unter einem schlechten Stern, denn es müssen sich mindestens tausend Apotheker bereit finden, 500 Euro als Pauschalhonorar für die Anwaltskanzlei einzuzahlen – ohne Gewissheit auf einen positiven Ausgang. Da werden schon Stimmen in Apothekerkreisen laut, die fragen, warum nicht die ABDA diese Kosten übernehmen kann. Geld war doch auch für andere Dinge da.
Es ist kalt geworden. Das Weihnachtsfest 2002 ist für Deutschlands Apotheken überschattet durch einen ungerechten und einseitig die Apotheken belastenden Sparkurs der Regierung. Die Apotheker wären die letzten gewesen, die nicht ihren Beitrag zu den Einsparungen im Gesundheitswesen beigetragen hätten. Aber in angemessener Weise und nicht als überproportionale Belastung. Wie sich die Apothekenlandschaft im nächsten Jahr entwickelt, kann man vielleicht erahnen, aber nicht wissen.
Ihre DAZ-Redaktion hofft mit Ihnen auf die Erfüllung der letzten Chancen, um dieses Gesetz zu verhindern oder zu modifizieren. Sollte es aber kommen, dann ist Schadensbegrenzung angesagt. Wir werden Sie auf jeden Fall auch im nächsten Jahr Woche für Woche mit Informationen versorgen, die für Ihre Entscheidungen und Ihre Fortbildung notwendig sind, die Sie für die Praxis benötigen. Mit unseren Medien DAZ, AZ, Apotheken Praxis und PTAheute begleiten wir Sie auch durch schwierige Zeiten, setzen uns für Sie, für Ihre Apotheke ein.
In diesem Sinne: ein besinnliches Weihnachtsfest und für das neue Jahr viel Erfolg, Energie, Mut – und Glück.
Peter Ditzel
Die letzte Chance
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