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Bayerischer Apothekerverband: Über 1400 Entlassungen in Bayerischen Apotheken

MÜNCHEN (diz). Dass das Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) die Apothekerinnen und Apotheker Bayerns in höchste Bedrängnis bringt, machte Gerhard Reichert, 1. Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbands (BAV), auf einer Pressekonferenz am 14. März 2003 in München deutlich. Wenn das Gesetz nicht sehr schnell geändert werde, führe es zu vielen Existenzvernichtungen Ų die Ausgaben der Krankenkassen für Arzneimittel stiegen dennoch weiter.

Reichert machte vor der Presse deutlich, auf welche Höhe bereits der Rabatt gestiegen ist, den die Apotheken den Kassen seit 1. Januar 2003 einräumen müssen. So hob er hervor, dass der pharmazeutische Großhandel die den Apotheken gewährten Funktionsrabatte mit dem geforderten Großhandelsabschlag von 3% zu Lasten der Apotheken verrechnet. Dies habe zur Folge, dass die Apotheken (abzüglich einer minimalen tatsächlichen Selbstbeteiligung des Großhandels) auch die 3% des Arzneimittelabgabepreises, den der pharmazeutische Großhandel den Kassen gewähren müsste, praktisch voll übernehmen müssen. Der Zwangsrabatt erhöhe sich daher für die Apotheken von ursprünglich 5% Anfang 2002 auf nahezu 11% seit diesem Jahr. Bei den geringen betriebswirtschaftlichen Gewinnen der Apotheke bedeutet dies in der Regel eine Rohgewinnminderung von 40%, so der bayerische Verbandschef.

Durchschnittsgewinn drastisch gesunken

Wie die größte Steuerberatungsgesellschaft für Apotheken, die Treuhand Hannover, mitteile, sei der Durchschnittsgewinn (vor Steuern) der typischen Apotheke im vergangenen Jahr bei etwa 80 000 Euro gelegen. Nach dem Beitragssatzsicherungsgesetz werde sich dieser Betrag um etwa 32 000 Euro durchschnittlich auf etwa 48 000 Euro reduzieren. Reichert hob hervor, dass in diesem Betrag auch noch Unternehmerlohn und Verzinsung des eingesetzten Kapitals enthalten seien. Er verglich es darüber hinaus mit dem Tarifgehalt eines Apothekers im Angestelltenverhältnis einschließlich Arbeitgeberanteil in der Tarifklasse von elf Berufsjahren, das rund 51 000 Euro ausmache. Reichert wörtlich: "Dies sind Verzerrungen, die der Stand der Apotheker nicht hinnehmen kann."

Am stärksten vom BSSichG seien Apotheken betroffen mit einem hohen Anteil am Umsatz im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies treffe vor allem auf versorgende Apotheken in Wohngebieten und ländlichen Lagen zu, wo der Anteil des Umsatzes zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zum Teil über 80% ausmache. Hier lägen die Einbußen, so Reichert, häufig sogar über 50% des bisherigen Gewinnes vor Steuern. Eine Apotheke kann, und dies sei das Fatale, betriebswirtschaftlich nicht darauf reagieren: Die Arbeit bleibt die gleiche, Personaleinsparungen sind nur sehr bedingt möglich, so Reichert.

Apotheken sterben langsam

Ein sofortiges Apothekensterben werde es dennoch nicht geben. Reichert erklärte es vor der Presse damit, dass ein Apotheker, anders als eine GmbH oder AG, Mietverträge, Leasingverträge, Versicherungen und Verpflichtungen den Mitarbeitern gegenüber voll aus seinem Privatvermögen erfüllen müsse. Ein Apothekensterben werde es daher nur langsam geben, ein Dahinsiechen mit noch mehr Einsatz des Besitzers, längere Lebensarbeitszeit etc. werde die Folge sein. An die Verpachtung oder den Verkauf der Apotheke bei Erreichen der Altersgrenze sei unter den jetzigen Bedingungen nicht mehr zu denken, "Apotheken haben derzeit kaum noch einen wirtschaftlichen Wert", so Reichert.

Um die brisante Situation zu untermauern, stellte Reichert Zahlen aus einer Umfrage vor, die der Bayerische Apothekerverband und die Bayerische Landesapothekerkammer unlängst durchgeführt haben. An der Umfrage beteiligten sich 1212 Apotheken in Bayern, was einem Anteil von 35,6% entspreche. Von diesen Apotheken haben 59,2% einen Umsatz von weniger als 1,25 Mio. Euro (ohne Mehrwertsteuer), 18,8% der Apotheken haben einen GKV-Anteil von über 80%, und 41,2% der Apotheken sichern die flächendeckende Versorgung in ländlichen Gebieten.

Welche Auswirkungen das BSSichG auf die Apotheken hat, zeigt die Aufstellung im Kasten. Rechnet man die Umfrageergebnisse auf alle bayerischen Apotheken hoch, wird deutlich, dass aufgrund dieses Gesetzes rund 3300 Mitarbeiter von personellen Konsequenzen betroffen sind.

Dass das Beitragssatzsicherungsgesetz (BSSichG) die Apothekerinnen und Apotheker Bayerns in höchste Bedrängnis bringt, machte Gerhard Reichert, 1. Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbands (BAV) auf einer Pressekonferenz am 14. März 2003 in München deutlich. Wenn das Gesetz nicht sehr schnell geändert werde, führe es zu vielen Existenzvernichtungen – die Ausgaben der Krankenkassen für Arzneimittel stiegen dennoch weiter.

Personelle Konsequenzen in Bayern

  • 53,1% der Apothekenleiter werden vorläufig keine Neueinstellungen vornehmen oder freiwerdende Stellen nicht neu besetzen.
  • 49,1% werden keine Ausbildungsplätze mehr anbieten.
  • 39,4% der Apotheken werden die Stunden der Mitarbeiter kürzen, und 15,2% geben an, dass sie auch das Gehalt kürzen werden.
  • 390 der befragten Apotheken werden Personal entlassen. Davon sind durchschnittlich 1,3 Beschäftigte betroffen, also 507 Personen. Hochgerechnet auf Bayern sind das 1425 Entlassungen.
  • Weitere 478 Beschäftigte sind von Stundenkürzungen und 184 von Gehaltskürzungen betroffen.
  • Auf alle bayerischen Apotheken hochgerechnet sind rund 3300 Mitarbeiter von personellen Konsequenzen betroffen.

Generelle Konsequenzen (Umfrage des Bayerischen Apothekerverbands und der Bayerischen Landesapothekerkammer)

  • Zum Stichtag geben 41,5% an, dass der Großhandel den Großhandelsabschlag vollständig auf die Apotheke abwälzt; nur bei 3,1% der Apotheken trägt der Großhandel den ihm vom Gesetz zugedachten Abschlag selbst.
  • Bei 55,6% der Apotheken übernimmt der Großhandel einen Teil des Abschlages; dieser liegt im Durchschnitt bei knapp 1%.

Auswirkungen des BSSichG

Generelle Konsequenzen (Umfrage des Deutschen Apothekerverbands)

  • 51,7% der Apothekenleiter planen eine Verkleinerung des Warenlagers, um die Lagerkosten zu senken.
  • 68,8% der Apothekenleiter werden wegen des BSSichG eine geplante Investition vorerst zurückstellen.

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