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DAZ aktuell
Nordrhein: Belastung stoppen
Wie es in der Resolution vom 9. April heißt, sollte der Mehrbesitz weiterhin verboten bleiben, um Apothekenketten zu verhindern. Die apothekerliche Tätigkeit müsse leistungsgerecht honoriert, der einheitliche Arzneiabgabepreis erhalten werden.
Schwerer Kampf
Das Gesetz komme einer Enteignung durch den Staat gleich, kritisierte Thomas Preis, der als Verbandschef in Nordrhein mit einem sehr guten Ergebnis wiedergewählt wurde, in seinem Bericht zur Lage. Seinen Worten zufolge wird der politische Kampf "kein Spaziergang". Allerdings sei der Einsatz für den Erhalt der inhabergeführten Apotheken notwendig. Die Politiker von SPD und Grünen wollten keine öffentlichen Apotheken mit selbstständigen Leitern, sie präferierten Apothekenketten mit gewerkschaftlich organisierten Mitarbeitern, meinte Preis. Er warf der Ministerin die Etablierung mittelstandszerstörender Rahmenbedingungen vor mit dem Verlust tausender von Arbeitsplätzen als Folge.
Stopp von Investitionen
Viele Apotheken kämpften mit Liquiditätsengpässen, Investitionen würden gestoppt. Der Verbandsvorsitzende prangerte den massiven Verfall von Apothekenwerten und den Entzug der finanziellen Grundlage für die selbstständigen Pharmazeuten an. Arbeitsplatzverluste der MitarbeiterInnen seien die Folge (siehe auch DAZ Nr. 15, S. 1711). Die höheren Apothekenzwangsrabatte seien verantwortlich für die "desaströsen Ergebnisse" seit Jahresbeginn. Wie zuvor prognostiziert seien die hohen Belastungen für die Offizin eingetreten, der Großhandel habe seinen Abschlag mehrheitlich abgewälzt. Den Gesundheitsexperten in der Regierung warf Preis Beratungsresistenz vor.
Fakten – etwa zur Weitergabe des Großhandelsrabatts – würden offenkundig ignoriert. Die Politik lehne Fachwissen und Sachkenntnis ab, realitätsfremde Gesetze seien die Folge. Stattdessen habe das Ministerium sogar das Parlament und die Abgeordneten der Regierungsfraktionen über die dramatischen Belastungen für die Apotheken belogen (die DAZ berichtete).
Auch wenn das Beitragssatzsicherungsgesetz wegen der Kürze seiner Entstehungszeit nicht habe verhindert werden können, so Preis, müsste die Information der Politiker weiter betrieben werden, besonders die gegenüber den 59 Skeptikern in der SPD, die bei der Verabschiedung des Gesetzes im Dezember zugleich die Überprüfung der Belastung der Apotheken gefordert hatten.
"Lage katastrophal"
Preis nannte die Situation seit Jahresbeginn "eine Katastrophe". Zwar hätten die niedergelassenen Ärzte in den ersten beiden Monaten 6,1 Prozent mehr Arzneimittel gemessen am Vorjahreszeitraum verordnet, dennoch seien die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) wegen der hohen Rabatte von Apotheken, Großhandlungen und Industrie um 2,4 Prozent im selben Zeitraum gesunken. Trotz des um 6,1 Prozent höheren Leistungsumfangs gegenüber den Kassen hätten die nordrheinischen Apotheken durchschnittlich 4,3 Umsatzpunkte im GKV-Bereich an Rohertrag und damit fast die Hälfte ihres Einkommens vor Steuern verloren.
Was 2002 war
In seinem Bericht warf der Verbandschef einen Blick zurück auf das abgelaufene Jahr. Zwar hätten die 2528 Apotheken in Nordrhein ihren Gesamtumsatz um rund fünf Prozent gesteigert, allerdings seien Rohertrag, steuerliches und betriebswirtschaftliches Betriebsergebnis um jeweils einen halben Umsatzpunkt gefallen. Der Grund für die Ertragsverluste sei vor allem der zum 1. Februar 2002 auf sechs Prozent erhöhte Kassenrabatt gewesen. Die Zahl an Apotheken in der Region werde voraussichtlich weiter sinken, aktuell sei sie auf den Stand von 1980 zurückgefallen.
Radikale Aktionen?
In der anschließenden Debatte plädierten einige Apothekerinnen und Apotheker für radikale Aktionen gegenüber den Patienten, um diese über die negativen Folgen des Gesetzes aufzuklären. Kollegin Abendrot schlug beispielsweise die Schließung jeweils der Hälfte der Apotheken vor, um die Auswirkungen in der Praxis zu zeigen.
Selbstkritisch merkte der Teilnehmer Dr. Hartwig-Malte Lösch an, da der Berufsstand in den vergangenen vergleichsweise guten Jahren immer geklagt habe, nehme niemand mehr die Sorgen heute ernst. Vor allem in Städten mit hoher Apothekendichte würden Patienten die Aufgabe von Apotheken nicht negativ bemerken. Schlimmer sei vermutlich die Schließung von Offizinen auf dem Land.
Konkret schlug Kollegin Heidi Desombre vor, jeder könne in Leserbriefen an die jeweilige Lokalzeitung die schwierige Situation beschreiben. Sebastian Berges regte Informationen in den Schaufenstern der Apotheken zu den politischen Eingriffen an. Dr. Thomas Hardt regte die Übertragung von Aufgaben von Kammern und Verbänden an "Profis" mit dem Ziel schlagkräftiger Aktionen an.
Deutlich wurde darüber hinaus die Riege älter werdender Männer im Dachverband ABDA kritisiert, die zwar den guten Kontakt zur Bundesgesundheitsministerin beschwörten, aber wohl nicht einlösen könnten. Für eine bessere Interessensvertretung wurde die Förderung jüngerer Kollegen und vor allem von Kolleginnen gefordert. In diesem Zusammenhang nahm ein Leiter die Spitze in Nordrhein um Vorstandschef Thomas Preis sowie Geschäftsführer Uwe Hüsgen ausdrücklich von dieser Kritik aus.
Wegen der existenzgefährdenden Eingriffe im Apothekensektor hat der Vorsitzende des nordrheinischen Apothekerverbands Thomas Preis die Bundesgesundheitsministerin zur sofortigen Rücknahme des Beitragssatzsicherungsgesetzes aufgefordert. Am 9. April appellierten auf der Mitgliederversammlung des Verbands in Düsseldorf die Teilnehmer in einer Resolution – neben der Aufhebung des Gesetzes – an die Politik, auf die Erlaubnis des Versandhandels von Arzneimitteln zu verzichten und stattdessen Homeservice-Konzepte der Apotheker zu nutzen.
Das Betreiben einer Apotheke ist seit dem ersten Januar 2003 immer öfter ein betriebswirtschaftlicher Balanceakt auf des Messers Schneide geworden. Thomas Preis, Apothekerverband Nordrhein
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