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Gesundheitsreform: Zerstört Rot-Grün die Phytotherapie?
Das Vorhaben der Ministerin werde nicht nur dazu führen, dass Patienten erhöhten Risiken ausgesetzt werden – auch die gewünschte Kosteneinsparung werde nicht zu erzielen sein, prognostizierte Habs am 19. Mai in Berlin. Besonders in Mitleidenschaft gezogen würden Phytopharmaka, also nebenwirkungsarme und gut verträgliche Arzneimittel mit ausreichendem Erfahrungsschatz. Sie sind zwar von den Behörden zugelassen, aber rezeptfrei erhältlich.
Etwa ein Drittel aller heute von den Ärzten in Deutschland verordneten Arzneimittel sind nicht verschreibungspflichtig. Knapp die Hälfte davon sind pflanzliche Arzneimittel. All diese Präparate sollen die Patienten nach dem Willen von Ministerin Schmidt künftig aus der eigenen Tasche bezahlen. Andernfalls wäre der Arzt gezwungen, ein verschreibungspflichtiges Mittel zu verordnen.
"Wird aber beispielsweise ein Johanniskraut-Präparat durch ein chemisches Antidepressivum oder ein pflanzliches Grippemittel durch ein Antibiotikum ersetzt, birgt das nicht nur ein erhöhtes Risiko aufgrund von Nebenwirkungen oder Resistenzbildung", erläuterte Habs.
Im Durchschnitt seien verschreibungspflichtige Arzneimittel auch dreimal teurer. So gibt die GKV für nicht-verschreibungspflichtige Präparate durchschnittlich 11,60 Euro pro Packung aus, bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sind es im Schnitt 36,60 Euro. Die Tagestherapiekosten bei einem rezeptfreien Johanniskraut-Präparat liegen z. B. bei ca. 36 Cent, während ein verschreibungspflichtiger SSRI-Hemmer mit 1,52 Euro, also mehr als dem Vierfachen, zu Buche schlägt.
Habs rechnete vor: Vorausgesetzt, dass die Ärzte künftig etwa 80 Prozent ihrer Patienten mit den risikoreicheren und dabei etwa dreifach teureren, verschreibungspflichtigen Arzneimitteln behandeln, entstünden der GKV dadurch Mehrkosten von ca. 5 Milliarden Euro.
Habs fordert daher, von dem Plan, rezeptfreie Arzneimittel aus der GKV-Versorgung auszuschließen, Abstand zu nehmen. Dies gefährde nicht nur die Patienten und provoziere höhere Kosten. Auch der Forschungsstandort Deutschland stünde für die Phytopharmaka-Hersteller auf dem Spiel. Während den Herstellern chemischer Arzneimittel dieser Spitzenplatz schon längst abhanden gekommen ist, haben die Phytopharmaka-Unternehmen hierzulande noch immer eine führende Stellung.
Zudem, so Habs, dürfe nicht noch mehr Verwaltung, Verlistung und Verwirrung verursacht werden – und dafür wird im Zweifel die Positivliste führen: Denn auf dieser sind eine Vielzahl nicht-verschreibungspflichtiger Arzneimittel enthalten.
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