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Kommentar: Sind Angestellte nicht sorgfältig genug

Diesen Eindruck erweckt eine Passage des Gutachtens von Dettling/Lenz zur Verfassungswidrigkeit des GMG, das am 23. Juni (Apotheker Zeitung) und 27. Juni (DAZ) auszugsweise veröffentlicht worden ist. Hier wird darauf abgehoben, dass Apothekenleiter aufgrund ihrer persönlichen Haftung ein Höchstmaß an Sorgfalt bei der Leitung ihrer Apotheke obwalten lassen, da mit einer Pflichtverletzung ein sehr großes existenzielles Risiko verbunden ist. Dies impliziert, dass Angestellte eben nicht so sorgfältig arbeiten (da ja für Angestellte dieses Kriterium des persönlichen existenziellen Risikos wegfällt).

So weit, so gut. Papier ist geduldig, und für jedes Gutachten lässt sich auch ein Gegengutachten erstellen, wenn man es denn möchte. Und man muss auch nicht den vielgerühmten "Berufsethos" bemühen, um sich als Angestellter energisch gegen eine solche Unterstellung zu verwahren.

Dass aber die ABDA dieses Gutachten offenbar zum Anlass genommen hat, in den Anhörungen des Gesundheitsausschusses genau dieses Argument der verminderten Sorgfalt gegen den Mehrbesitz zu verwenden, ist ein Schlag ins Gesicht für alle Angestellten. Tenor der Aussage: Angestellte in Apotheken (also die, die dann die Zweigapotheken einer Kette leiten) können nicht so gut beraten, da sie eben Angestellte sind und nicht persönlich haften.

Wir wollen an dieser Stelle den berühmten "Golfplatzapotheker" mal beiseite lassen, der schon deswegen nicht beraten kann und schon gar nicht sorgfältig, weil er nur selten in seiner Apotheke anwesend ist. Wir nehmen einfach nur die Fälle, die die persönliche Sorgfaltspflicht des Apothekenleiters ins wahre Licht rücken, aus der täglichen Rechtsberatung des BVA:

  • die PTA, die allein im Notdienst steht
  • der Pharmaziepraktikant, der allein den Notdienst bestreitet
  • die PKA, die regelmäßig im Handverkauf steht
  • die Angestellte, die unter Androhung des Arbeitsplatzverlustes gezwungen wird, verschreibungspflichtige AM ohne Rezept auszuhändigen und diverse weitere Beispiele.

Außerdem würde es bedeuten, dass alle ApothekerInnen im Krankenhaus nicht sorgfältig arbeiten, da sie schließlich samt und sonders Angestellte sind – die müssen ja nicht persönlich haften, also nehmen die es mit der Sorgfalt nicht so genau? Und immerhin werden auch die angestellten ApothekerInnen (egal ob in der öffentlichen Apotheke oder im Krankenhaus) angeblich durch die ABDA vertreten. Wie man sich angesichts einer solch ungeheuerlichen Behauptung noch von der Standesvertretung vertreten fühlen kann, ist sicher nicht nur mir schleierhaft.

Wie wäre es denn mit der Gegenbehauptung? Angestellte beraten besser (im Sinne der Patienten – oder ging es der ABDA nicht so sehr um das Wohl der Patienten – ein Schelm, der Böses dabei denkt!!), weil sie nicht unmittelbar bei der Abgabe eines AM sofort an den wirtschaftlichen Nutzen denken, sondern freier von ökonomischen Entscheidungen agieren können – damit können sie auch von Arzneimitteln abraten!

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