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DAZ aktuell
Virtuell zukunftsfähig? (Kommentar)
Ähnlichkeiten oder Parallelen hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen der virtuellen Apotheke (dem dummen Schwein, das sich seinen Schlachter selbst bestellt) und dem Versandhaus Quelle (dem cleveren, eierlegenden Huhn) sind rein zufällig. Doch ist dieser Zusammenschluss zwischen Europas größtem Versandhaus und der virtuellen Apotheke (in Vertretung von angeblich mehreren 100 Apotheken) wirklich ein vorteilhaftes Geschäft für beide Seiten?
Es stellt sich für die Apotheke die Frage, ob die Kooperation mit der virtuellen Apotheke mehr Vor- oder Nachteile bringt. Provisionszahlungen und eventueller Mehrumsatz auf der einen, die Gefahr Kunden und Patienten langfristig oder schon mittelfristig zu verlieren, nachdem man sie über den Versand von Pflegeartikeln für diese Distributionsform begeistert hat, auf der anderen Seite.
Will sich der Apotheker den Kontakt zum Kunden und Patienten wirklich mit einem Versandhaus teilen? Einem Versandhaus, das Damenunterwäsche und Haushaltswaren vertreibt, warum also nicht in Zukunft auch Arzneimittel? Wird hier nicht vielleicht auch schon auf einen Systemwechsel spekuliert? – "Nachtigall ich hör dir trapsen".
Vertrauensvoller Umgang mit sensiblen Informationen über Kunden und Patienten sollte nicht nur für jeden Apotheker eine Selbstverständlichkeit sein, sie ist auch vom Gesetzgeber gefordert. Plant die virtuelle Apotheke vielleicht durch das Verteilen von Katalogen die Struktur eines einseitigen Datentransfer der oben genannten Informationen an das Versandhaus Quelle aufzubauen?
Kommt der Universalversender mit diesem Konzept vielleicht ganz offiziell und legal – und auch noch mit Hilfe der Apotheker – an Informationen, für die er normalerweise keinen Zugang hat (haben darf). Wären solche Daten für einen Versandhändler von Arzneimitteln nicht sehr wertvoll und für die Apotheker nicht sogar gefährlich?
Ist die Firma VitaNet GmbH hier wirklich ein vertrauenswürdiger Repräsentant und Vermittler für die Apotheker? Wenn für den Geschäftsführer Wallacher die Teilnahmegebühr der Apotheken in Höhe von Euro 100,00 monatlich als gering und nicht kostendeckend angesehen wird, kann eigentlich davon ausgegangen werden, dass bei all diesen Geschäften Einnahmen anderer Leistungserbringer (z. B. vielleicht der Apotheken?) an die virtuelle Apotheke abgeführt werden sollen bzw. müssen. "Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld …?"
Viele Fragen, fehlende Antworten. Doch eins hat die virtuelle Apotheke gezeigt: Das Internet schafft neue Möglichkeiten, muss von Apothekern genutzt werden, überwindet Grenzen und ermöglicht Kooperationen, die vor nicht all zu langer Zeit noch als undenkbar galten. Apothekernahe und insbesondere apothekereigene Unternehmen sollten spätestens jetzt aufgewacht sein und eigene Aktivitäten starten, damit hier keine Entwicklung verschlafen wird.
Virtuelle Kooperationen von Apotheken sollten allerdings stets das Ziel haben, die Zukunft der unabhängigen inhabergeführten Apotheke zu sichern; sie sollten nicht die Gefahr in sich bergen, für 10% Provision zum ersetzbaren Handlanger für Großkonzerne zu werden.
Wer sich in schwierigen Zeiten nach einer starken Gemeinschaft oder Partnern sehnt, sollte sich den Blick für die Gefahren in der Realität nicht trüben lassen; gerade in solchen Zeiten sollte er sich vor unseriösen Partnern hüten. Im Besonderen dann, wenn der Apotheker dabei zur Marionette anderer wird, wenn er als Partner missbraucht wird, der ohne Risiko und ohne Warenlager in Abhängigkeit eines Versandhauses einen Markt abdecken soll. Ist diese virtuelle Apotheke die Zukunft der deutschen Apothekerschaft?
Keiner weiß, wie die Geschichte mit "dem Huhn und dem Schwein" ausgegangen ist, doch sollen sich einige "Schweine" zusammengetan haben mit dem Ziel, "Chicken Wings" zu vertreiben.
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