Arzneimittel und Therapie

Alzheimer-Demenz: Diagnostische und therapeutische Herausforderungen

60% aller Demenzen werden heute als solche vom Alzheimer-Typus eingeschätzt. Obwohl die schlimmen Folgen dieser Erkrankung bekannt sind, herrscht im Frühstadium oft noch ein ärztlicher Nihilismus. Bei Demenzpatienten besteht eine Unterversorgung, angefangen von der fehlenden oder unzureichenden Diagnostik mit viel zu selten angewendeten Demenztests bis hin zu einer mangelhaften medikamentösen Behandlung. Durch ein rechtzeitiges Erkennen und eine adäquate Therapie könnte sowohl für Betroffene als auch für ihre Angehörigen viel getan werden.

Obgleich kognitive Tests zur Demenzdiagnose allenthalben empfohlen werden, weisen Daten der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung darauf hin, dass eine Demenztestung in den deutschen Haus- und Nervenarztpraxen eher die Ausnahme als die Regel ist. Dabei existieren einfache, zeitökonomische, valide und kostenlos zu beziehende Tests: Hervorzuheben sind hier insbesondere der DemTect®, der Uhrenzeichentest und der Mini Mental State Test.

Beim DemTect® handelt es sich um ein Demenz-Screening-Verfahren, das sich aus fünf Aufgaben zusammensetzt und das Langzeitgedächtnis beurteilt. Er besteht aus dem Lernen von Wortlisten, einem Test zum Umwandeln von Zahlen, einer Wortflüssigkeits-Aufgabe, dem Aufsagen von Zahlenlisten in umgekehrter Reihenfolge und der verzögerten Wiedergabe der gelernten Wortlisten.

Besonders zu beachten sind das verzögerte Abfragen der Wortlisten und die Wortflüssigkeitsaufgabe. Sie haben sich bei der Früherkennung von Demenzen als besonders hilfreich erwiesen. Dieser Test ist daher geeignet, auch leichte kognitive Einbußen zu erfassen. Das Verfahren ist leicht zu erlernen und stellt ein sehr aussagekräftiges Screening-Instrument dar. Die Durchführungsdauer beträgt ca. acht bis zehn Minuten.

Bei der Uhrzeit werden erste Schwächen deutlich

Bei dem Uhrenzeichentest handelt es sich um ein Screening-Verfahren, das verschiedene Funktionen erfasst. Der Patient erhält die Instruktion, das Zifferblatt einer Uhr zu zeichnen, alle Zahlen einzutragen und die Zeiger auf zehn Minuten nach elf Uhr einzuzeichnen. Im Rahmen der Früherkennung demenzieller Entwicklungen sind insbesondere das Einzeichnen der Uhrzeit und auch die Verteilung der Ziffern von Bedeutung.

Der Test wird sehr gut toleriert, er ist leicht durchzuführen und er scheint relativ unbeeinflusst zu sein durch Alter, Sprache, Kultur oder Bildung. Die Durchführungsdauer beträgt zwei bis fünf Minuten, es ist quasi keine Einarbeitungszeit notwendig und es existieren einfache Auswertungsrichtlinien.

Der Mini Mental State Test ist wahrscheinlich das weltweit am meisten verwendete Verfahren zum kognitiven Screening beim älteren Menschen. Der Test kann für sich alleine verwendet werden, er ist gleichzeitig auch Bestandteil größerer Testbatterien. Der Mini Mental State Test erfasst mit insgesamt 30 Punkten die geistige Leistungsfähigkeit und ermöglicht eine Einschätzung des Schweregrades der kognitiven Beeinträchtigung.

Obwohl der Mini Mental State Test als Screening-Verfahren geeignet ist, weist er eine eingeschränkte Sensitivität auf, so dass die Diagnose eines Demenzsyndroms durch Hinzuziehen weiterer Verfahren erhärtet werden sollte. Der Mini Mental State Test ist demnach zur Unterscheidung zwischen Gesunden und deutlich beeinträchtigten älteren Menschen gut geeignet, zur Früherkennung von milden Fällen einer demenziellen Entwicklung eignet er sich weniger. Sein wesentlicher Vorteil ist der hohe Bekanntheitsgrad. Die Durchführungsdauer beträgt fünf bis zehn Minuten und der Test ist leicht zu erlernen.

Verlaufsbeurteilung der Alzheimer-Erkrankung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Fortschreiten der Symptome bei einer neurodegenerativen Krankheit zu beschreiben. Eine erste besteht darin, die Zeit bis zum Erreichen klinisch relevanter Endpunkte darzustellen. Geeignete Endpunkte sind z. B. das Erreichen eines schweren Demenzgrades oder die Unterbringung in einem Pflegeheim. Ausgehend von einer anfangs leicht- bis mittelgradigen Demenz dauert es bis zu diesen Endpunkten durchschnittlich nur etwa drei Jahre!

Ein anderer Endpunkt, der Tod, hängt vom Alter der Patienten ab. Bei 65-Jährigen beträgt sie 8,3 Jahre, bei 90-Jährigen nur 3,4 Jahre. In Gegenüberstellung zu gleichaltrigen Gesunden ist die Lebenserwartung bei den jüngeren Patienten um 67%, bei den älteren um 39% reduziert. Die Überlebenswahrscheinlichkeit nach der Aufnahme in einem Pflegeheim liegt für Männer bei zwei Jahren, für Frauen zwischen vier und fünf Jahren.

Eine zweite Möglichkeit der Verlaufsbeschreibung ist die Berechnung jährlicher Veränderungsraten auf klinischen Skalen zur Erhebung der kognitiven Leistungsfähigkeit. Egal, ob man den Mini Mental State Test oder die Alzheimer's Disease Assessment Scale (ADAS-cog) heranzieht, immer beträgt der durchschnittliche jährliche Leistungsverlust etwas mehr als 10% des Wertebereichs dieser Instrumente. Die Sensitivität solcher Tests hängt dabei vom Ausgangsschweregrad ab.

Verlaufskontrolle mittels MRT

In jüngster Zeit versucht man, zur Verlaufsbeschreibung auch neurobiologische Maße heranzuziehen, beispielsweise die jährliche Zunahme der Hirnatrophie. Die Hippokampusformation im mediobasalen Temporallappen ist eine bei der Alzheimer-Krankheit frühzeitig und bevorzugt betroffene Hirnregion.

Das Volumen des Hippokampus, gemessen anhand von magnetresonanztomographischen Aufnahmen, nimmt bei gesunden älteren Personen um durchschnittlich 1,7% pro Jahr ab. Bei Patienten mit Alzheimer-Krankheit vermindert sich die Größe des Hippokampus jährlich um rund 3,4%.

Die Liquorproteine Tau und beta-Amyloid liefern wertvolle Informationen für die Früherkennung der Alzheimer-Krankheit. Da sie jedoch keine wesentliche Veränderung bei wiederholter Messung im Abstand von ein oder zwei Jahren zeigen, eignen sie sich nicht zur Verlaufsbeschreibung.

Subjektive Beurteilung einer Alzheimer-Therapie

Zur symptomatischen Behandlung der Alzheimer-Demenz stehen mit den Acetylcholinesterase-Hemmern wie z. B. Donepezil (Aricept®) seit einigen Jahren Medikamente zur Verfügung, die mittlerweile als "Mittel der ersten Wahl" von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft bezeichnet werden. Die Wirkung von Donepezil ist in klinischen Studien vielfach belegt.

Wie aber erleben Patienten und ihre Angehörigen die Effekte ganz subjektiv? Die Erfassung der individuellen Symptome und ihrer Ausprägung war das Ziel einer als offene Kohortenstudie durchgeführten Anwendungsbeobachtung mit Donepezil. In diese Studie wurden 2046 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz eingeschlossen.

Um die individuelle Symptomatik zu erfassen und in ihrem Verlauf zu bewerten, wurde eine eigens dafür entwickelte Skala angewendet, der Individual Symptom Score (IndiSS). Zu Beginn der Studie wurden die drei den Patienten am meisten belastenden Symptome vermerkt und deren Ausprägung im Verlauf nach drei und sechs Monaten dokumentiert.

Dabei wurde die Veränderung auf einer fünfstufigen Skala mit Punkten bewertet, von "deutlich besser" (+ 2) über "etwas besser" (+ 1) über "unverändert" (0) bis "etwas schlechter" (– 1) und "deutlich schlechter" (– 2). Der individuelle Score (IndiSS) ergab sich aus dem Mittel der drei Symptome.

Insgesamt wurden 5215 individuelle Symptome genannt. Darunter waren neben Gedächtnisschwierigkeiten (70%) und Orientierungsstörungen (43%) als kognitive Symptome bei mehr als jedem vierten Patienten (27%) Antriebsverlust und Apathie als eines der drei belastendsten Symptome.

Nach drei Monaten Behandlung mit Donepezil zeigten alle Symptome im Mittel eine deutliche Besserung, die bei anhaltender Behandlung nach sechs Monaten noch ausgeprägter war. In Bezug auf die Apathie kam es nach drei Monaten Therapie mit Donepezil bei 67% der Patienten zu einer Verbesserung, nach sechs Monaten bei 77%.

Der klinische Gesamteindruck wurde bei mehr als drei Vierteln der Patienten als nach sechs Monaten Behandlung verbessert angesehen. Was Sicherheit und Verträglichkeit der antidementiven Therapie mit Donepezil betrifft, so konnte das aus den kontrollierten klinischen Studien bekannte Verträglichkeitsprofil auch unter den Bedingungen der alltäglichen klinischen Praxis bestätigt werden.

Quelle

Prof. Dr. Alexander Kurz, München; Dr. Martin Kamleiter, Frankfurt/Main; Dr. Rainer Zerfaß, Karlsruhe: Fachpresseworkshop "Alzheimer-Demenz: Diagnostische und therapeutische Herausforderung, Frankfurt am Main, 23. Juli 2003, veranstaltet von der Eisai GmbH, Frankfurt, und der Pfizer GmbH, Karlsruhe.

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