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Apotheken-Strategie-Forum: Flexible Strategien entwickeln
Als erster Redner trat Karl-Rudolf Mattenklotz, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, vor das Publikum. Er erinnerte zunächst an die Historie der Preisbindung. So gab es bis zum Jahre 1978 Höchstpreise, die dann durch § 78 des Arzneimittelgesetzes in Form gesetzlich festgeschriebener einheitlicher Abgabepreise abgelöst wurden. Mattenklotz wies darauf hin, dass man nicht wissen könne, wie sich die Preise ab 2004 entwickeln werden, betonte aber, dass es auch in anderen Branchen, wie beispielsweise bei den Banken, derzeit zu möglichen Veränderungen käme und es insofern nicht opportun sei zu mauern.
Mattenklotz bezog sich in seiner Rede mehrfach auf das von Moderator Dr. Koch (Hexal) erwähnte Zitat, wonach die einen beim Aufzug eines Sturmes Wände bauen, die anderen dagegen Windmühlen, und er empfahl den Apothekern letztere Verhaltensweise. Auch im Hinblick auf die Integrierte Versorgung bediente sich Mattenklotz einer Metapher. So ordnete er der Krankenhaus- bzw. der das Krankenhaus versorgenden Apotheke das Bild eines Hasen, der öffentlichen Apotheke das Bild einer Schildkröte zu und sagte: "Wer in Sachen Integrierte Versorgung die Nase vorne hat, ist der Hase."
Kritisch beleuchtete der Standespolitiker die Teilöffnung der Krankenhäuser für "hochspezialisierte Leistungen" und listete dieses Themenspektrum auf. Danach gelten Leistungen auf folgenden Gebieten als hochspezialisiert: Onkologie, Aids, schwere rheumatische Verlaufsformen, schwere Herzinsuffizienz, Tuberkulose, Mucoviszidose, Hämophilie, Fehlbildungen, neuromuskuläre Erkrankungen, schwere immunologische Erkrankungen, Multiple Sklerose, Anfallleiden, pädiatrische Kardiologie und Frühgeborene mit Folgeschäden.
Politische Erfolge
Mattenklotz wies im Falle der Krankenhausapotheke auf zwei Erfolge der Standespolitik hin: So fällt künftig für das Krankenhaus eine Steuerpflicht an, wobei der Gesetzgeber direkt aus einem von der Apothekerkammer Nordrhein in Auftrag gegebenen Gutachten abgeschrieben habe. Als zweiten Erfolg wertete der Politiker die Regelung, wonach der Gesetzgeber vorsieht, dass im Krankenhaus ausgegebene Medikamente nur ambulant und nicht mit nach Hause abgegeben werden dürfen. Generell betrachtet Mattenklotz die Abwehrschlacht bzw. Art der Ausgestaltung der selektiven Vertragsgestaltung als das weitaus größere Problem als den Versandhandel.
Der Standesvertreter bat darum, die Lage der Apotheker im gesamten gesellschaftlichen Kontext zu sehen und erinnerte daran, dass die Apothekerschaft im Jahre 2002 einen Reingewinn von zehn Prozent eingefahren habe. "Keine Branche hat solche Umsatzzuwächse erwirtschaftet! Wenn ich in Berlin mit Politikern verhandle und die Abgeordneten – gleich welcher Partei – solche Zahlen hören, dann schlucken die", so Mattenklotz.
Gleichzeitig warf der Präsident der Apothekerkammer Nordrhein dem ABDA-Gesamtvorstand vor, "dass sie bis zuletzt Mauern gebaut haben" statt zu überlegen, wie man aus der derzeitigen Krise herauskommen könnte. Mattenklotz wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es selbst in Entwicklungsländern wie dem Iran Usus sei, den Apothekern ein Beratungshonorar auszustellen (Stichwort: adviser not seller).
Der Standespolitiker lobte das Kombi-Modell und zeigte sich überzeugt davon, dass dieses Modell für mehr Gerechtigkeit innerhalb des Berufsstandes sorge: Gewinner seien die fleißigen Apotheker, die viele Packungen abgeben, Verlierer seien diejenigen Apotheker, die sich auf die Abgabe von hochpreisigen Medikamenten konzentrieren.
Gleichzeitig lobte der Politiker das kanadische Preisbildungssystem. Dessen charakteristischsten Merkmale sind: Steuerfreiheit auf alle Arzneimittel, die über das Rezept abgegeben werden, ein Abgabehonorar (derzeit sieben kanadische Dollar), Pflicht zur Erstellung eines patientenbezogenen Arzneimittel-Profils, die Unzulässigkeit von Rabatten auf Arzneimitteleinkäufe für Apotheken sowie die staatliche Kontrolle der Apothekeneinkaufspreise. Weiterhin erfolgt die Aufnahme in die Liste der erstattungsfähigen Arzneimittel erst nach einer pharmaökonomischen Bewertung neu zugelassener Arzneimittel, der so genannten vierten Hürde.
Warnung vor Preiskämpfen
Mattenklotz warnte vor Preiskämpfen: "Unsere Nachbarn in Großbritannien haben das gemacht. Das Ergebnis: Nach einem Jahr Preisschlacht haben sich alle Medikamenten-Anbieter auf einem erheblich niedrigeren Preisniveau wiedergefunden." Der Politiker erinnerte seine Kollegen daran, dass Preisabsprachen im Mittelstand erlaubt seien und empfahl, sich auch weiterhin an den Preisen der Lauer-Taxe zu orientieren. "Es wäre jammerschade, wenn aufgrund von Preisdumping eines der besten Logos, nämlich das Apotheken-A nachhaltig beschädigt würde."
Für die Zukunft prophezeite der Standespolitiker, dass die Apotheke alleine gegenüber neuen, aggressiveren Wettbewerbern keine Chancen habe. Hilfreich seien daher drei Allianzformen: 1. lokale Netzwerke, um das Standardpotenzial optimal auszuschöpfen; 2. vertikale Netzwerke mit Marktpartnern, um die Wertschöpfungskette zum Verbraucher zu optimieren; 3. Verbundgruppen, um die Prozesse nach innen und außen effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten.
Natürlich sei auch Pharmaceutical Care ein unverzichtbarer Bestandteil der Überlebensmaßnahmen, allerdings "müssen wir das auch mit Leben füllen", so Mattenklotz. Für selbstverständlich hielt er auch die Einbindung der Apotheker in die Disease Management Programme. Gleichzeitig rief er die Kollegen dazu auf, sich freiwillig in das Hausapotheker-Modell einzuschreiben: "Kollege Wolf hat damit einen hervorragenden Beitrag geleistet, so dass es doch noch gelingen könnte, fünf vor zwölf aus der Krise herauszukommen."
Gerade das Hausapotheker-Modell sei hervorragend geeignet, um auch gegenüber den Kassen zu zeigen, welche attraktiven Leistungen Apotheker anbieten können. So können im Rahmen des Hausapotheker-Modells beispielsweise Patientendaten und fortlaufende Dokumentationen angelegt werden, die Überprüfung der Arzneimittelvorräte übernommen und Medikations-Berichte für die Ärzte erstellt werden.
Grundsätzlich empfahl Mattenklotz den Apothekern, sich an den von der ABDA entwickelten Basis- und Aufbaumodulen zu orientieren. "Wenn Sie dann bei Verhandlungen mit Politikern sagen können, dass 28 Tage Klinikaufenthalt 2792 Euro kosten, ein Jahr Arzneimitteltherapie dagegen nur mit 1575 Euro zu Buche schlägt, dann haben wie als Apotheker auch wieder gute Karten", so der Standesvertreter.
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