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- DAZ 51/2003
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Am Berufsbild arbeiten (Kommentar)
Seine "Stuttgarter Erklärung" genanntes Papier lässt sich auf folgende zentralen Aussagen zuspitzen:
- Neben fachlichen Inhalten müssen die kommunikativen Kompetenzen von Apothekerinnen und Apothekern gestärkt werden.
- Das Berufsbild des Apothekers als beratender Heilberuf muss mit einer neuen Finanzierungsstruktur verknüpft werden: ein Honorar, vollkommen unabhängig von einer Arzneimittelabgabe.
- Unerlässlich ist eine stärkere Kooperation mit Ärzten zur Förderung integrierter Versorgungen (lokale Netzwerke, kontinuierlicher Informationsaustausch)
- Apotheker- und Ärztekammer müssen stärker zusammenarbeiten.
- Die Landesapothekerkammer sollte eine nachweisbare Qualitätssicherung in allen Bereichen durchsetzen.
Graf bezeichnet seine Erklärung als dringend formulierten Veränderungsprozess. Ich kann ihm da nur beipflichten. Die von ihm und seiner Arbeitsgruppe herausgearbeiteten Thesen und Vorschläge sind längst überfällig.
Ich möchte sogar soweit gehen und sagen: Wären diese Punkte bereits aktiv und mit Nachdruck vor etwa zehn Jahren angegangen worden, hätte der Apotheker in der Gesellschaft, bei Politikern, bei Ärzten heute eine vollkommen andere Bedeutung und würde eine andere Position einnehmen.
Ein GMG, wie es sich heute darstellt, mit seinen Restriktionen für Apotheken, hätte es wohl so nicht gegeben. Die Apotheker hätten in der öffentlichen Meinung den Status eines Heilberuflers – heute stehen wir dagegen, pointiert formuliert, auf der Stufe des Kaufmanns, für den ein GMG den Versandhandel, seine Filialisierungsform, seine Rabatte, Aufschläge und die Preisfreigabe für seine Waren regelt. Und damit wird unsere Existenz angreifbar.
Das Grafsche Papier macht vielfältige Defizite in der Beratungspraxis aus. In den Augen der Kunden steht der Apotheker als Kaufmann da, der Apotheker selbst hat dieses Rollenbild übernommen. Das ist sogar, so Graf wörtlich, für die Institution der Einzelapotheke und die berufliche Praxis der hier tätigen Apotheker ruinös.
Wie wahr. Denn genau die ersetzbaren kaufmännischen Strukturen, zu denen auch die Distribution gehört, führten letztendlich zu den aktuellen Debatten, die wir heute führen müssen wie z. B. die Internetapotheken.
Der Apotheker muss lernen, seine pharmakologischen, biochemischen, biologischen und medizinischen Kenntnisse besser einzusetzen, was nur mit "kommunikativer Kompetenz" geht.
Der Apotheker kann z. B. Nebenwirkungen und Unverträglichkeitsrisiken nur dann als hilfreichen Rat erteilen, wenn er gesprächsfähig ist, so Graf. Eine Voraussetzung der Gesprächsfähigkeit ist: zuhören können! Der Apotheker muss sich Wissen über die persönliche Situation des Patienten aneignen, über seine sozialen Konstellationen und seinen Krankheitsverlauf.
Auch vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung (immer mehr Ältere) und einer stärker pluralistischen Gesellschaft muss sich der Apotheker in seiner Berufsrolle und -praxis ändern.
Die Zeit drängt. Wir können nicht warten, bis die Approbationsordnung geändert und unser Berufsbild öffentlich neu formuliert und umgesetzt werden. Wir müssen unser Berufsbild umgehend selbst neu definieren, den Mut haben, alte und auch lieb gewordene Zöpfe abzuschneiden.
Im Mittelpunkt muss die "kommunikative Kompetenz" stehen, wie Graf es formulierte, aber auch eine stärkere Zusammenarbeit mit Ärzten, im Netz, im Alltag, bei Fort- und Weiterbildung.
Die LAK Baden-Württemberg hat mit der Einberufung der Arbeitsgruppe einen ersten mutigen und richtigen Schritt zur Analyse getan. Wichtig ist, jetzt nicht stehen zu bleiben, sondern schleunigst an einer Strategie zur Umsetzung der Erkenntnisse zu arbeiten.
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