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- DAZ 16/2004
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Die Seite 3
Noch vor drei Jahren waren in den Fachzeitschriften jede Menge an Stellenangeboten zu finden: Apotheken suchten zum Teil händeringend pharmazeutisches Fachpersonal, in manchen Städten und Regionen waren z. B. keine PTAs zu finden. Auch wer eine Apothekerin oder einen Apotheker suchte, hatte Mühe, eine(n) neue(n) Mitarbeiter(in) zu finden. Apotheken gehörten zu den Branchen, die viele neue Arbeitsplätze schafften, es waren, wie der Wirtschaftsbericht der ABDA auswies, die reinsten "Jobmaschinen". Es musste nicht wundern: Zum einen wurden noch Apotheken gegründet, die Personalbedarf hatten, zum andern rüsteten viele Apotheken mit Personal auf, um sich auf die neuen Aufgaben, vor allem für Beratung und pharmazeutische Betreuung, einzustellen. Doch das war einmal. Seit Anfang 2003, dem Jahr des Beitragssatzsicherungsgesetzes, bewegte sich die Jobmaschine langsamer, geriet ins Stocken oder drehte sich sogar rückwärts: Erstmals sprachen Apotheken in größerem Umfang Kündigungen aus, da die Personalkosten reduziert werden mussten. Wegbrechende Umsätze und Erträge aufgrund des Spargesetzes zwangen Apotheken dazu, sich von Personal zu trennen.
Die Sparzwänge halten an. Auch unter dem GKV-Modernisierungsgesetz ist die Bereitschaft von Apotheken, Personal einzustellen und aufzustocken, kaum noch vorhanden. Von PTA-Schulen ist beispielsweise zu hören, dass die Schülerinnen Mühe haben, eine Stelle für das praktische halbe Jahr zu finden. Eine bedenkliche Entwicklung – hier sollten Apothekenleiter(innnen) ihre Personalpolitik noch einmal überdenken. Vielleicht lässt sich doch in dem einen oder anderen Fall eine Stelle für eine PTA-Praktikantin schaffen. Man gibt damit einem jungen Menschen eine Chance.
Ähnliches gilt für den pharmazeutischen Nachwuchs und die benötigten Stellen für das praktische Jahr. Möglicherweise wird der Bedarf an Apothekerinnen und Apothekern in den nächsten Jahren zurückgehen – eine Folge der Gesundheitsreform. Die Zahl der Apotheken nimmt ab, Neugründungen werden seltener, Schließungen nehmen zu. Hinzu kommt, dass Ausbildungsplätze an den Universitäten abgebaut werden. So manches pharmazeutische Institut ist von der Schließung bedroht. Betrachtet man dieses Szenario mit einigem Abstand, drängt sich die Vermutung auf, hinter all den Entwicklungen steckt System oder ist gewollt: Abbau von Apotheken wegen vorhandener Überkapazitäten, Gesund schrumpfen der Apothekenlandschaft? Abbau von Ausbildungsplätzen, da sinkender Bedarf vermutet wird?
Wie steht es überhaupt mit dem potenziellem Nachwuchs? Gibt es noch genug Abiturienten, die das Studium der Pharmazie wählen, die die Ausbildung für den Apothekerberuf einschlagen wollen? Schaut man auf die Zahlen der Studienanfänger, stellt man eine rückläufige Tendenz fest. Hört man sich bei Kolleginnen und Kollegen um, ob sie ihren Kindern raten, Pharmazie zu studieren, winken viele ab: Beruf ohne Aussicht, schlechte Chancen, geringer Verdienst.
Dieser eher pessimistischen Betrachtung lässt sich entgegen halten, dass das Gesundheitswesen zu den wenigen Bereichen der Wirtschaft gehört, dem in den nächsten Jahren Wachstum und steigender Bedarf vorausgesagt werden. Und ich gehe davon aus, dass dazu auch der pharmazeutische Bereich gehören wird. Meine Annahmen: Der Bedarf an Arzneimitteln wird nicht geringer, eher steigen, nicht zuletzt aufgrund der demographischen Entwicklung. Der Bürger ist mehr denn je bereit, Geld für seine Gesundheit auszugeben (Fitness- und Wellness-Trends). Die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln wird auch in den nächsten Jahren Aufgabe der Apotheken sein. Aus all diesem folgt: Unsere Gesellschaft braucht Apotheken, Apotheken brauchen pharmazeutisches Personal. Also: Geben Sie dem Nachwuchs eine Chance, stellen Sie in Ihrer Apotheke einen Platz für einen Praktikanten oder eine PTA in der Ausbildung zur Verfügung.
Muss man für den Apothekerberuf an sich skeptisch in Zukunft blicken? Kommt drauf an, meine ich. Wer so weiter macht wie bisher, hat allen Grund zur Skepsis. Wer dagegen für Veränderungen bereit ist, hat viele Chancen. Er darf nur nicht von den Anforderungen, die noch gestern galten, ausgehen. Das Berufsbild hat sich verändert und wird sich weiter verändern. Einige mögen dies mit "es wird schwieriger werden" umschreiben. Nein, es wird anders werden! Die Gesellschaft verlangt vom Apotheker mehr als "nur" eine perfekte Logistik. Die Betreuung, die sich bereits mit der Barmer Hausapotheke abzeichnet, wird mehr und mehr eingefordert werden. Wer sich diesen Herausforderungen stellt, wird auch in Zukunft einen attraktiven Beruf im wachsenden Gesundheitswesen vorfinden.
Peter Ditzel
Jobmaschine steht still
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