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- DAZ 32/2004
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Die Seite 3
Dunkle Wolken brauen sich über Deutschlands Apothekenlandschaft zusammen. Sie kommen aus Richtung Brüssel und bedrohen in letzter Konsequenz die Apothekenpflicht von Arzneimitteln. Die Europäische Kommission hat Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt, weil sie die deutschen Regelungen für die Belieferung von Krankenhäusern mit Arzneimitteln für zu restriktiv hält. Nach Auffassung der Kommission verstößt die Vorschrift, dass ein Krankenhaus nur von einer Apotheke aus demselben oder einem benachbarten Kreis versorgt werden darf, gegen den freien Warenverkehr. Das Nachsehen habe nach Ansicht der Kommission der Verbraucher, er sehe sich mit einem kleineren Angebot und höheren Preisen konfrontiert. Geklagt hat ein deutscher Krankenhauskonzern, der seinen Arzneimittelbezug wohl am liebsten deutschland- wenn nicht sogar europaweit ausschreiben möchte. Bedenken, dass dadurch die Arzneimittelsicherheit leidet, wenn der Arzneimittelbezug losgelöst von der Versorgung durch einen Apotheker (Krankenhausapotheke oder krankenhausversorgende Apotheke) stattfindet, teilt die Kommission nicht.
Nach bisheriger deutscher Auffassung muss ein Arzneimittelbezug von Krankenhäusern, aber auch von Pflegeheimen, über eine Apotheke erfolgen. Sinn dieser Regelung ist die Arzneimittelsicherheit, die durch Mitwirkung eines Apothekers gegeben ist, und der Versorgungsaspekt, also nicht nur die Belieferung, sondern auch die fachmännische Beratung. Mit der bestehenden Regelung ist dies gewährleistet. Wenn nun der Sicherheits- und Versorgungsaspekt keine Rolle mehr spielen sollten, hätte dies zur Konsequenz, dass ein Krankenhaus seine Arzneimittel von irgendeiner Apotheke oder Arzneimittelquelle, beispielsweise auch auf dem Versandweg beziehen kann. Die unmittelbare Beratung, Überwachung und Kontrolle der Arzneimittellieferungen durch einen Apotheker wäre nicht mehr gegeben. Die Kommission geht sogar davon aus, dass solche Funktionen die im Krankenhaus tätigen Ärzte und Schwestern erledigen könnten.
Wird bald der Oberarzt mit der Schwester den Arzneimitteleinkauf besprechen? Schwester, welches Antibiotikum nehmen wir? Soweit darf es nicht kommen. Wenn pharmazeutische Leistungen im Krankenhaus für entbehrlich gehalten werden, nur um ein paar Cent zu sparen (wobei noch offen ist, ob hier tatsächlich noch veritable Einsparmöglichkeiten bestehen), könnte das auch Auswirkungen für die pharmazeutische Leistung auf anderen Gebieten haben. Die Heimversorgung beispielsweise, die der Gesetzgeber erst im vergangenen Jahr ortsnah geregelt hat, wäre davon betroffen.
Letztendlich steht dadurch, dass pharmazeutische Leistungen (Beratung, Kontrolle, Überwachung der Arzneimittelsicherheit) für entbehrlich gehalten werden, die Apothekenpflicht auf dem Spiel. Wenn der Apotheker bei der Arzneimittelbeschaffung eines Krankenhauses oder Heimes entbehrlich ist, warum sollte er dann notwendig sein bei der Arzneimittellieferung an Arztpraxen, an die Bundeswehr, an Justizvollzugsanstalten und andere Großabnehmer?
Damit es nicht soweit kommt, sollte unsere Bundesregierung in diesem Verfahren nicht vorschnell einknicken und wie bei der Zulassung des Arzneiversandhandels in vorauseilendem Gehorsam mit einem neuen Gesetz einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zuvorkommen wollen. Die Zulassung des Versands von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wäre nicht erforderlich gewesen, das EuGH-Urteil zum Arzneiversand verlangt nur den freien Warenverkehr von OTC-Arzneimitteln.
Die Verbände (ABDA, ADKA und BVKA) haben die Bundesregierung in dem jetzt anstehenden Verfahren ausreichend mit Argumenten pro Versorgung von Krankenhäusern durch ortsnahe Apotheken, durch Pharmazeuten munitioniert. Die Bundesregierung sollte dazu stehen, dass die Arzneimittelsicherheit, die durch Mitwirkung des Apothekers gewährt wird, in Deutschland einen hohen Wert hat.
Peter Ditzel
Schwester, welches Antibiotikum nehmen wir?
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