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Signal für Richtungswechsel (Kommentar)
Das Gespenst ist Realität geworden. Arzneimittelversand zu günstigeren Preisen ist keine Zukunftsangst, sondern Wirklichkeit. Nicht der Kollege um die Ecke mit den besseren Beziehungen zu den wichtigen Ärzten oder den reichhaltigeren Zugaben, nein die virtuelle Konkurrenz DocMorris ist Fakt. Weder angebliche Unrentabilität noch mangelhafte Lieferfähigkeit, juristische Auseinandersetzungen und auch nicht die neue Arzneimittelpreisverordnung haben Ralf Däinghaus stoppen können. Gerade letztere sollte dem holländischen Rosinenpicker das Handwerk legen und Versandhandel ein für allemal zur Unrentabilität verdammen. Hier scheint erneut eine Fehleinschätzung der ABDA vorzuliegen: Die im Gegensatz zur deutschen Apotheke doppelt so hohe Anzahl abgegebener Packungen pro Kunde kompensiert nicht nur die Verpackungs- und Versandkosten, sondern scheint dem holländischen Versender einen rentablen Rohertrag bzw. Gewinn zu ermöglichen. Die angeblich hohe Anzahl der täglichen Bestellungen sowie der Bekanntheitsgrad der Marke DocMorris lassen jegliche Hoffnung auf ein Ende des Versandhandels schwinden und bestätigen: Als Unternehmer scheint er die selbst gesteckten Ziele zu erreichen, und die verantwortlichen Kapitalgeber lassen ihn weiterarbeiten.
Während uns die ABDA mit Einführung des Kombimodells ein Ende bzw. die Unrentabilität des Versandhandels prophezeite, scheint der holländische Versandhändler DocMorris weiter auf Erfolgskurs zu sein. Eins zu null für DocMorris. Gerade die Entscheidung der ABDA, hinsichtlich Versandhandel nicht professionelle berufsstandseigene Lösungen zu entwickeln, sondern den Weg der juristischen Auseinandersetzung zu gehen, erweist sich als Bumerang. Gerade die Konfrontation vor Gericht haben dem von Ralf Däinghaus gegründeten Unternehmen einen Bekanntheitsgrad gebracht, der einerseits nur mit dreistelligen Millionenbeträgen hätte erreicht werden können und DocMorris andererseits mit der Legalisierung des Versandhandels ab Januar 2004 einen riesigen Vorsprung als Arzneimittelversender ermöglicht hat. Niemand als die deutschen Apotheker selbst scheinen den Erfolg für DocMorris begründet zu haben. Ralf Däinghaus scheint Recht zu bekommen: Stell Dich quer, dann bist Du wer – und hoffentlich werde ich recht oft verklagt. Wer trägt eigentlich die Verantwortung für diese strategische Fehlleistung?
Dass sich die komplette ABDA-Führung zur Wiederwahl stellt, wurde erwartet, in Anbetracht der hier in den letzten vier Jahren erreichten Leistung erscheint dies unverständlich. Sicher, es hätte noch schlimmer kommen können, doch woraus schöpft eine hinsichtlich Versandhandel, Fremdbesitz und Freigabe der OTC-Preise gescheiterte ABDA-Führung das Selbstvertrauen, die anstehenden Gefahren wie Fremdbesitz, Aufweichung der Arzneimittelpreisverordnung und Kettenbildung für die deutschen Apotheker erfolgreich abzuwenden? Gibt es schlüssige Konzepte? Kann die zu wählende ABDA-Spitze hier wirklich etwas erreichen? Sollten berufspolitische Kandidaturen nicht viel mehr mit Erfolgen als mit verlorenen Schlachten verknüpft werden? Könnte ein personeller Neuanfang bei der Berufspolitik nicht als ein Signal für einen Richtungswechsel verstanden werden hin zur Annahme der Herausforderung und weg vom Verhindern und Bewahren über juristische Auseinandersetzungen?
Das Hausapotheken-Konzept ist – auch wenn wir von einer erfolgreichen Umsetzung noch weit entfernt sind – ein Anfang. Das Ziel, die deutschen Individualapotheken als leistungsstarke Inhabergeführte Unternehmen zu erhalten, kann immer noch erreicht werden. Ralf Däinghaus hat uns gezeigt, dass Beharrlichkeit, Flexibilität und das Ziel, dem Kunden mehr zu bieten, erfolgreich sein kann, wenn auch nicht für alle Apotheken. Juristische Auseinandersetzungen können dem Gegner hinsichtlich Bekanntheit genau die Vorteile bringen, die man später bei eigenen Projekten niemals erreichen kann.
Hermann Vogel jun.
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