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Präventionsmedizin: Erste HIV-Impfstoffstudie in Deutschland
{dz} {hl}{vo} {te}Der Präsident des RKI, Prof. Dr. Reinhard Kurth, zeigte sich erfreut über die neuen Forschungsanstrengungen in Deutschland. Schließlich habe man hierzulande ein großes Know-how, das jedoch noch besser eingesetzt werden müsse. Täglich infizieren sich rund 14 000 Menschen mit dem HI-Virus, 95 Prozent davon in Entwicklungsländern.
Dr. Frans van den Boom, Europäischer Direktor des IAVI, verspricht sich von dem nun in Deutschland und Belgien getesteten Impfstoffkandidaten tgAAC09 vor allem für die besonders stark betroffenen Regionen in Afrika und Asien viel. Derzeit seien schätzungsweise 30 verschiedene HIV-Impfstoffe in der klinischen Prüfung, erklärte van den Boom – nur neun von ihnen seien spezifisch für Entwicklungsländer entwickelt.
Bei tgAAC09 handle es sich um den ersten "Single-Shot-Impfstoff" für das HI-Virus. Das heißt, er kann mit einer einzigen Injektion verabreicht werden, was ein besonderer Vorteil für den Einsatz in Entwicklungsländern ist. Der Impfstoff ist darüber hinaus auf den HIV-Subtyp C zugeschnitten, den häufigsten Subtypen, der vor allem in Afrika und Asien vorkommt. In Nordamerika und Europa herrscht hingegen der Subtyp B vor.
Im Tierversuch wirksam und verträglich
In den Universitätskliniken Bonn und Hamburg-Eppendorf sowie der Universitätsklinik in Brüssel wird der Impfstoff nun an etwa 50 Freiwilligen gestestet. In dieser ersten Phase der klinischen Prüfung wird die Sicherheit und Verträglichkeit des Impfstoffs untersucht: Verläuft sie erfolgreich, sollen weitere umfangreichere Versuche mit tgAAC09 folgen. Kommt es zu einer zweiten und dritten Phase der klinischen Prüfung, wird diese in Afrika und Asien an 10 000 bis 15 000 Probanden durchgeführt werden.
Projektleiter Dr. Jan van Lunzen von der Uniklinik Eppendorf erläuterte, dass der neue Impfstoff wie ein "trojanisches Pferd" funktioniere. tgAAC09 besteht aus einer synthetischen Kopie eines Teils des HIV-Genmaterials. Dieser wird in ein Adenovirus eingebracht, also ein Virus, das nichts mit HIV zu tun hat und keine Krankheit verursacht.
Wird das derart veränderte Adenovirus anschließend injiziert, soll es eine Immunantwort auf vorhandene HI-Viren auslösen. In Versuchen mit Affen habe der Impfstoff bereits gute Ergebnisse gezeigt, so van Lunzen. Sicher sei zudem, dass eine HIV-Infektion durch den Impfstoff nicht möglich sei.
Marktreife frühestens in acht Jahren
Van den Boom gab allerdings zu bedenken, dass es durchaus noch acht Jahre dauern könnte, bis die klinischen Studien abgeschlossen sind und der Impfstoff verfügbar sei. Auch komme heute ein Impfstoff erst 15 bis 20 Jahre nach seiner Markteinführung in Entwicklungsländern an. Jetzt habe man noch Zeit, sich Gedanken zu machen, wie dies für einen HIV-Impfstoff vermieden werden könne, so van den Boom.
Noch ist nicht klar, wie teuer der nun getestete Impfstoff sein wird. Van Lunzen erklärte, es spreche einiges dafür, dass der gentechnisch hergestellte Vektorimpfstoff preiswert sein werde – zumal er nur einmal appliziert werden muss.
Auch Kurth ist zuversichtlich, dass der Impfstoff – wenn er denn bis zur Marktreife gelangt – dort zum Einsatz kommen wird, wo er tatsächlich gebraucht wird. Er glaubt nicht, dass ähnliches passieren wird wie in den 90er Jahren mit den ersten AIDS-Medikamenten, die so teuer waren, dass sie nur in den westlichen Ländern erschwinglich waren.
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