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Schneller und sicherer – eine neue Arzneimittelagentur soll es richten
Die Bundesregierung plant, das "Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte" (BfArM) grundlegend umzugestalten und in ein privatwirtschaftlich geführtes Institut zu überführen. Ziel und Aufgabenbereich der neuen "Deutschen Arzneimittel- und Medizinprodukte Agentur" (DAMA) soll es sein, sowohl die Bearbeitungszeiten für die Zulassung von Arzneimitteln zu verkürzen als auch die laufende Nutzen-Risiko-Bewertung (Pharmakovigilanz) bereits zugelassener Arzneimittel zu verbessern (Ulla Schmidt).
Die einen, die Pharmahersteller, begrüßen dies, da das alte BfArM (nicht nur) nach ihrer Ansicht zu langsam und uneffektiv arbeitet. Und in der Tat: Das BfArM ist eine der langsamsten Behörden in Europa. Zwischen 25 und 35 Monate dauert es im Durchschnitt, bis Wirkstoffe einer Klasse, von der es bereits Mittel im Markt gibt, zugelassen werden, 15 Monate, bis Innovationen zur Verfügung stehen. (Vom Gesetz sind sieben Monate vorgegeben.)
Aber auch an Kritik für diese Umstrukturierung mangelt es nicht. Vor allem Peter Sawicki, Leiter des "Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen", und Bruno Müller-Oerlinghausen, Vorsitzender der "Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft", befürchten eine unverantwortliche Ausrichtung der Arzneimittelzulassung an den Wünschen und kommerziellen Interessen der Industrie. Ziel darf nicht sein, Medikamente schneller zuzulassen und sie womöglich nicht ausreichend zu prüfen, sagt Sawicki. (Die Prüfung selbst soll doch gar nicht verkürzt werden, sondern die Bearbeitungszeit der Zulassungsunterlagen.) Die Interessen der Ärzte und Patienten werden ausgeblendet, sagt Müller-Oerlinghausen. (Wieso? Ärzte und Patienten sind doch an Innovationen höchst interessiert?) Und beide wehren sich vehement gegen die Bündelung von Zulassung und Risikoabwehr in einer Hand. Von dem verständlichen persönlichen Interesse der Amtsinhaber, die Bedeutung des verwalteten Amtes zu erhalten, einmal abgesehen, ist diese Einstellung unverständlich. Warum?
Jede Einführung eines neuen Medikaments beinhaltet ein Wagnis. Die Chance besteht darin, durch die Anwendung von Beschwerden befreit oder geheilt zu werden (das ist der erhoffte Nutzen), das Risiko darin, durch die Medikamentenanwendung nicht geheilt zu werden oder unerwünschte Wirkungen zu erleiden (das ist der befürchtete Schaden). Chance und Risiko sind untrennbar miteinander verbunden. Will man zu einer vernünftigen Beurteilung von Chance und Risiko eines Arzneimittels kommen, müssen diese zwei Seiten der Medaille auch gemeinsam betrachtet und bewertet werden. Deshalb ist es abwegig, zu behaupten, dass Probleme programmiert seien, wenn die gleiche Behörde sowohl für die Zulassung eines Medikaments als auch für seine Kontrolle im Markt verantwortlich ist. Gerade dies ist sinnvoll!
Und das Argument, dass durch eine eventuelle spätere Rücknahme eines Arzneimittels Zweifel an der Qualität der ursprünglichen Zulassungsentscheidung aufkommen könnten, ist nun völlig abwegig: Jeder (der von Arzneimitteln etwas versteht) weiß, dass sich das Arzneimittelrisiko bei der Zulassung niemals voll erfassen lässt, dass die Beurteilung von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zum Zeitpunkt der Zulassung immer nur vorläufigen Charakter haben kann. Die eigentliche Bewährung eines Arzneimittels beginnt mit seiner Einführung in den Markt. Eine Kontrollbehörde also selbstständig und unabhängig von einer Zulassungsagentur arbeiten zu lassen, ist ziemlich unsinnig.
Überhaupt werden in die Diskussion viele Argumente hineingetragen, die gewisse Zweifel am Sachverstand der Experten aufkommen lassen. So wird unter anderem beklagt, dass sich Risiken zum Zeitpunkt der Zulassung nur vage absehen lassen, da klinische Studien nur über relativ kurze Zeiträume mit relativ wenigen Patienten durchgeführt werden. (Ja, wie anders sollte es gemacht werden können?) Und es wird auch bemängelt, dass der Nutzen und die Nebenwirkungen eines neuen Medikaments kaum mit bereits vorhandenen Arzneimitteln verglichen werden. (Ja, wie sollten sie denn verglichen werden können, wenn sich der Wert einer Innovation erst nach jahrelanger Anwendung unter realistischen Bedingungen erkennen lässt?)
Und mit noch etwas wird die Diskussion gerne bereichert: Mit Todesziffern, von denen die höchsten auffallend oft aus Bremen kommen. Dort schätzen und verkünden die Experten, dass es bei uns jährlich 16.000 Todesfälle durch Arzneimittel gibt. Es stört an dieser Zahl weniger die Höhe, die sowieso auf einer fraglichen Hochrechnung beruht, als vielmehr das Wörtchen "durch". Wird es verwendet, so heißt dies für jedermann, dass 16.000 Menschen nachgewiesener Maßen jährlich an Medikamenten gestorben sind, und dies ist bislang noch von niemandem nachgewiesen worden. Sagen wir also statt durch Medikamente "während einer Medikamenteneinnahme", was die Kausalität korrekterweise offen lässt.
Denjenigen aber, die trotzdem mit Zahlen schockieren wollen, sei diese (nicht hochgerechnete) Zahl verraten: In Deutschland sterben im Zusammenhang mit Arzneimitteln jährlich etwa 850.000 Menschen (= Gesamttodeszahl Bundesrepublik), denn es gibt wohl kaum jemanden, der heute ohne ein Arzneimittel stirbt.
Klaus Heilmann Prof. Dr. med. Klaus Heilmann beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Risikoforschung, Krisemanagement und Technikkommunikation. In der DAZ-Rubrik "Außenansicht" befasst sich Heilmann mit Themen der Pharmazie und Medizin aus Sicht eines Nicht-Pharmazeuten vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen.
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