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Aus der Hochschule
Symposium zum Andenken an Prof. Luckner
Hitzestressproteine in Pflanzen
Zu den ältesten Schülern von Professor Luckner gehört Prof. Dr. Lutz Nover, der in dessen Arbeitsgruppe über die Strukturanalyse und Biosynthese der Benzodiazepin-Alkaloide forschte und 1969 promoviert wurde. Die Bildung dieser Sekundärstoffe ist eng mit der Zellspezialisierung des Produzenten, des Schimmelpilzes Penicillium cyclopium, verbunden. Nover war wesentlich an den Arbeiten des Lucknerschen Instituts in den 70er- und 80er-Jahren beteiligt, aus denen das Konzept eines Differenzierungsprogramms hervorging, in dessen Rahmen die Expression der Enzyme der Alkaloidbiosynthese mit Prozessen der Sporenbildung und -reifung koordiniert wird.
Nach seiner Berufung an die Universität Frankfurt am Main 1992 hat Nover die bereits in Halle am Akademie-Institut für Pflanzenbiochemie begonnenen Arbeiten zur Molekularbiologie der pflanzlichen Reaktionen auf Hitzestress vorangetrieben. Eine Temperaturerhöhung löst die Bildung verschiedener Hitzestressproteine aus; es sind Chaperone, welche Ribosomen, bestimmte mRNAs und neu gebildete Proteine vor der Denaturierung schützen. Im Zentrum umfangreicher Experimente an Tomatenzellen stand die Auffindung mehrerer Hitzeschocktranskriptionsfaktoren (Hsf), welche die temperaturgesteuerte Expression der Hitzestress-Gene kontrollieren. Pflanzen besitzen etwa 20 dieser Hsf-Proteine, doch der zentrale Transkriptionsfaktor Hsf A1 hat eine koordinierende Funktion, wie Nover nachweisen konnte.
Aktuelle Forschungen, die auch Arabidopsis einbeziehen, dienen der Aufklärung der Chaperon-Funktion der Hitzestressproteine im Zusammenhang mit ihrer Lokalisation in zytoplasmatischen und nukleären Granula; auf der Transkriptionsebene wird die Interaktion der Hsf-Proteine mit spezifischen Promotor-Regionen der Hitzestress-Gene untersucht.
Signalwege zur Induktion von Phytoalexinen
Seit seiner Arbeit im Lucknerschen Labor stehen intrazelluläre Transportprozesse im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses von Prof. Dr. Werner Roos (1974 Promotion mit einer Arbeit über Transport und Kompartimentierung von Penicillium-Alkaloiden). So erforschte er die Transportsysteme an der Vakuole von Pilz- und Pflanzenzellen, welche eine elementare Voraussetzung für die Kompartimentierung des Sekundärstoffwechsels bilden und zugleich als "Signalgeber" für seine Expression fungieren, und entdeckte die kontrollierende Funktion des Adenylat-Spiegels im Zytoplasma auf den Efflux von Präkursor-Aminosäuren aus der Vakuole.
Nach seiner Berufung an die Universität Halle (1987 und 1995) konzentrierte Roos seine Arbeiten auf die Aufklärung der Signalwege, welche die Induktion von Phytoalexinen (antimikrobielle Sekundärstoffe) als Antwort auf pathogene Mikroorganismen ermöglichen. Frühe Signalschritte an der Plasmamembran entdeckte er in Zellen des Goldmohns (Eschscholzia californica), unter anderem die Stimulation der Phospholipase A2 mithilfe eines heterotrimeren G-Proteins. Das dabei gebildete Lysophosphatidylcholin löst am Na+/H+-Antiporter der Vakuole einen Efflux von Protonen aus. Die resultierende Verschiebung des zytoplasmatischen pH-Werts führt zur Induktion von Enzymen der Alkaloidbiosynthese.
Aktuelle Ergebnisse zeigen eine Kontrolle der Pathogen-Antwort durch ihre Endprodukte: Einige der von Eschscholzia ausgeschiedenen Benzophenanthridin-Alkaloide werden erneut aufgenommen und durch ein neu entdecktes Enzym zu weniger toxischen Derivaten reduziert. Diese Prozesse führen zur "Abschaltung" des Signalenzyms Phospholipase A2.
Biotransformation von Cardenoliden
Prof. Dr. Wolfgang Kreis, der von 1993/94 als Professor für Analytik biogener Arzneistoffe am Institut für Pharmazeutische Biologie in Halle tätig war, teilte mit dem Lucknerschen Arbeitskreis das Interesse an der Biotransformation von Cardenoliden. Deshalb hatte er bereits vor der politischen Wende wissenschaftliche Kontakte nach Halle geknüpft. Seine Arbeiten in Halle, die er nach seiner Berufung an die Universität Erlangen fortführte, waren zunächst auf die Charakterisierung von Enzymen gerichtet, die an der Modifikation der Zuckerkette der herzwirksamen Glykoside beteiligt sind, vor allem der Cardenolid-spezifischen Glucohydrolasen, Glykosyltransferasen und der Lanatosid-acetylesterase.
Derzeit konzentriert sich Kreis auf die Auffindung und molekulare Charakterisierung von Enzymen, welche die Bildung des Steroid-Kerns des Cardenolid-Moleküls ermöglichen, u. a. der 21-Hydroxypregnan-21-O-malonyltransferase (beteiligt am Aufbau des Butenolid-Rings), der 3≠-Hydroxysteroid-dehydrogenase und der Progesteron-Reduktasen.
Das wissenschaftliche Erbe lebt weiter
Die Breite des wissenschaftlichen Interesses und der motivierende Einfluss von Professor Luckner wurden durch eine Reihe weiterer Vorträge von Weggefährten und Kollegen unterstrichen. Professor Klaus Hahlbrock (ehemals MPI für Züchtungsforschung, Köln) stellte in einem kurzen Rückblick die dramatischen Fortschritte der Biochemie und Molekularbiologie in der 2. Hälfte des letzten Jahrhunderts dar, an denen Luckner durch eigene Leistungen auf dem Gebiet des Sekundärstoffwechsels teil hatte. Mehrere Kollegen berichteten über aktuelle Forschungen: Biosynthese der Calystegine (Professor Dräger, Halle), Funktion pflanzlicher Benzodiazepin-Rezeptoren (Dr. Lindemann, Halle), Bildung und Abwehrfunktion von Phytotoxinen aus Pilzen (Dr. Liebermann, Jena). Professor Reuter (Halle) erinnerte am Beispiel seiner Forschung über Chromatin-Gene und die Mechanismen des gene silencing (Inaktivierung von Genen via Methylierung von DNA und Histonen) an die weitsichtige Arbeit von Professor Luckner als Sprecher des SFB 363.
Der Rektor der Martin-Luther-Universität, Prof. Dr. W. Grecksch, und der Dekan des Fachbereichs Pharmazie, Prof. Dr. A. Langner, würdigten die Verdienste von Professor Luckner um die Modernisierung der Pharmazeutischen Biologie und die Neugestaltung der Universität, insbesondere ihres biowissenschaftlichen Schwerpunkts. Die letzte Wirkungsstätte Luckners, das von ihm mitbegründete Biozentrum mit der Bioservice-GmbH, wurde den Teilnehmern des Symposiums zur Besichtigung zugänglich gemacht.
In einem der Veranstaltung vorausgehenden Nachruf hatte Werner Roos einige prägende Einflüsse der Persönlichkeit Martin Luckner dargestellt, der seinerseits am engen Kontakt mit Professor Kurt Mothes gereift war: "Da hat einer mit Können und Tatkraft, mit Sinn für das Machbare und einer Begabung für das Wesentliche seine Wissenschaft ein großes Stück vorangebracht. Er hat viele von uns teilhaben lassen an seiner Faszination für die chemische Vielfalt der Pflanzenzelle und die biologischen Mechanismen ihrer Evolution und Kontrolle. Martin Luckner eignet sich wohl nicht dazu, postum zum Übervater stilisiert zu werden. Aber es ist in seinem Sinne, wenn wir den Funken seiner Begeisterung bewahren und uns seinen hohen Ansprüchen stellen und sie fortentwickeln."
Prof. Dr. Werner Roos
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