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- DAZ 34/2005
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Neuwahlen
C. Ritzi, B. RallStehen die Politiker hinter den Apo
DAZ:
Was halten Sie vom traditionellen Berufsbild des "Apothekers in seiner Apotheke" bzw. dem Apotheker als freier Heilberuf?
Ulla Schmidt (SPD):
Das Berufsbild des Apothekers ist nicht traditionell, sondern es hat Tradition. Der Apotheker ist ein fester und integraler Bestandteil und aus unserer Gesundheitsversorgung gar nicht wegzudenken. Mit zur Tradition gehört es, sich den neuen Herausforderungen zu stellen, seien es neue Arzneimittelentwicklungen, seien es neue Marktgegebenheiten. Dies hat die Apothekerschaft bewiesen.
Andreas Storm (CDU/CSU):
Eine flächendeckende und zuverlässige Arzneimittelversorgung kann auch in Zukunft am ehesten durch freiberufliche Apotheker als Heilberufler gewährleistet werden. Künftig wird der Beratungs- und Dienstleistungsqualität des Apothekers und seinen kommunikativen Fähigkeiten eine größere Bedeutung zukommen als bisher. Dies zeigt sich exemplarisch bei den OTC-Präparaten, die mittlerweile weitestgehend zum Bereich der Selbstmedikation gehören und damit bei den Patienten einen hohen Bedarf an kompetenter, sachkundiger und vertrauenswürdiger Information, Beratung und Empfehlung hervorrufen. Hier müssen viele Apotheker noch an sich und ihrem Selbstverständnis arbeiten, hier liegen aber auch große Zukunftschancen für die Apotheker. Denn gerade die Wohnortnähe der Apotheke, die z. B. im Zusammenhang mit Home-Service-Konzepten oder Hausapothekenmodellen verstärkt zum Tragen kommt, und das persönliche Vertrauensverhältnis zu den Patienten in allen Fragen, die eine kompetente Beratung durch den qualifizierten Apotheker erfordert, zählen zu den Stärken der öffentlichen Apotheken, die gepflegt werden sollten.
Detlef Parr (FDP):
Sehr viel. Auch jüngste Umfragen belegen wieder eine hohe Wertschätzung der Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland. Die hohe Qualität der Ausbildung sowie die Sicherheitsstandards in einer freiberuflich geführten Apotheke sind Garanten für eine sichere, kompetente und individuelle Betreuung und Beratung der Patienten.
Biggi Bender (Bündnis 90/DIE GRÜNEN):
Dieses Bild ist ein typisch deutsches. Der Blick über die nationalen Grenzen hinaus macht deutlich, dass die Arzneimitteldistribution sehr unterschiedlich geregelt wird. Diese Vertriebsregelungen haben immer auch Auswirkungen auf das jeweilige Bild, das ApothekerInnen von sich selbst haben. Ein anderes Bild – das der/des PharmakologIn, die gemeinsam mit ÄrztInnen die Behandlung der PatientInnen festlegen – wurde mir z. B. von verschiedenen hiesigen PharmazeutInnen als viel attraktiver und ihrer Ausbildung gemäßer beschrieben.
Monika Knoche (Linkspartei/PDS):
Das Berufsbild ApothekerIn zeichnet sich durch eine spezifische akademische Ausbildung aus. Sie gehört unverzichtbar in eine qualitativ hoch stehende Gesundheitsversorgung im ambulanten wie stationären Sektor. Je mehr die PatientInnen mit Zuzahlungen und Generika, Reimporten und Chipkartenrezepten konfrontiert werden, desto höher ist der fachliche Beratungsbedarf. In Kliniken steht diese Berufsgruppe für innovative potente pharmakologische Behandlung.
DAZ:
Sind Sie der Ansicht, dass es in Deutschland zu viele Apotheken gibt?
Ulla Schmidt (SPD):
Ich vertrete die Auffassung, dass sich die Anzahl der Apotheken durch den Markt, also durch Angebot und Nachfrage regelt.
Andreas Storm (CDU/CSU):
Nein. Eine Bestandsgarantie für einzelne Apotheken gibt es ebenso wenig wie objektive Parameter für die "optimale" Zahl von Apotheken.
Detlef Parr (FDP):
Nein, das ist eine Frage, die der Wettbewerb lösen muss. Bei der Gründung von Apotheken befinden wir uns ja nicht in einem regulierten Markt.
Biggi Bender (Bündnis 90/DIE GRÜNEN):
Die Apothekendichte in Deutschland liegt deutlich über dem EU-Durchschnitt. Sie differiert ebenfalls stark zwischen den neuen und den alten Bundesländern. Vorwürfe, dass in den neuen Bundesländern zu wenig Apotheken existieren, sind mir bisher nicht zu Ohren gekommen. Zumindest in Städten wie Berlin, wo mir z. B. auf einer Strecke von vier Busstationen zehn Apotheken begegnen, würden weniger Apotheken keinerlei Versorgungsengpass bedeuten. In ländlichen Gegenden mag dies anders sein.
Monika Knoche (Linkspartei/PDS):
Diese Ansicht wäre oberflächlich und pauschal. Diese Frage muss auf die Flächen der Region und Metropolen bezogen differenziert beantwortet werden.
DAZ:
Wie stehen Sie der Erweiterung des Mehrbesitzes gegenüber?
Ulla Schmidt (SPD):
Die mit der Gesundheitsreform eingeführte Regelung zu den Filialapotheken trug den Bedürfnissen der Praxis Rechnung. Damit wurden vernünftige, regional begrenzte Unternehmensstrukturen für Apotheken möglich. Über eine Erweiterung des Mehrbesitzes denken wir momentan nicht nach.
Andreas Storm (CDU/CSU):
CDU und CSU haben sich in den zurückliegenden Verhandlungen zur Gesundheitsreform erfolgreich für die Beibehaltung des Fremdbesitzverbotes eingesetzt und eine unbeschränkte Zulassung des Mehrbesitzes verhindert. Insbesondere die Grünen wollen ja nach wie vor das bewährte Apothekensystem in Deutschland zerschlagen und den freiberuflichen Apotheker durch Apothekenketten ersetzen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass dies verhindert werden konnte, so dass auch weiterhin eine flächendeckende, sichere und von hoher Beratungsqualität gekennzeichnete Arzneimittelversorgung in den Apotheken gewährleistet ist.
Detlef Parr (FDP):
Der niedergelassene Apotheker gewährleistet seit Jahren in hervorragender Weise ein hohes Maß an Arzneimittelsicherheit und pharmakologischer Betreuung. Es ist fraglich, ob diese Qualität aufrecht zu erhalten wäre, wenn der Mehrbesitz von Apotheken ausgeweitet und der Fremdbesitz aufgehoben würde. Die selbstständigen Apotheker stehen heute in einem starken Wettbewerb zueinander. Ob sich dieser Effekt bei einer Konzentration in Form von Apothekenketten verstärken würde, ist zumindest zweifelhaft. Außerdem halte ich viel von der persönlichen Beziehung zwischen Patient und Apotheker, die nicht verloren gehen darf.
Biggi Bender (Bündnis 90/DIE GRÜNEN):
Die Kosten für die Arzneimitteldistribution sind in Deutschland überproportional hoch. Wir halten deshalb mehr Wettbewerb im Arzneimittelhandel für erforderlich. Die mit der Gesundheitsreform beschlossene Lockerung des Mehrbesitzverbots war ausnehmend vorsichtig. Die Regelung, dass ein Apotheker/eine Apothekerin neben der Hausapotheke bis zu drei Filialapotheken führen darf, hat nicht zu grundlegenden Änderungen auf dem Apothekenmarkt geführt. Deshalb befürworten wir eine Aufhebung des Mehrbesitzverbotes.
Monika Knoche (Linkspartei/PDS):
Negativ – ablehnend. Denn Apothekenketten, Fremdbesitz in Händen privatwirtschaftlich agierender "Gesundheitskonzerne", die alle unter Beteiligung von Pharmakonzernen stehen, verstärken das ökonomische Verwertungsinteresse, das an Krankheit besteht.
DAZ:
Wie beurteilen Sie das Fremdbesitzverbot?
Ulla Schmidt (SPD):
Eine Aufhebung des Fremdbesitzverbotes steht nicht zur Diskussion; wir wollen nicht, dass große, finanzstarke Konzerne die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung kontrollieren. Es darf keine Umsatzmaximierung um jeden Preis geben. Wir wollen eine persönliche, ethisch verantwortungsvolle und fachlich qualifizierte individuelle Beratung der Patienten.
Andreas Strom (CDU/CSU):
Siehe Mehrbesitz.
Detlef Parr (FDP):
Siehe Mehrbesitz.
Biggi Bender (Bündnis 90/DIE GRÜNEN):
Bündnis 90/DIE GRÜNEN plädieren auch für eine Aufhebung des Fremdbesitzverbotes. Bedingung ist jedoch, dass z. B. Anforderungen an die Qualität der Ausbildung und Beratung oder an Haftungsregelungen erfüllt werden. Befürchtungen, dass es dadurch zu einem "massiven Apothekensterben" kommen könnte, teilen wir nicht. Entscheidend für die Aufrechterhaltung einer Apotheke ist nicht die Frage, wem die Apotheke gehört, sondern ob sie von genügend Patientinnen und Patienten vor Ort gebraucht wird.
Monika Knoche (Linkspartei/PDS):
Positiv. Wünschenswert ist allerdings, dass Ambulatorien und Gesundheitszentren die Gesamtversorgungserfordernisse in allen Dienstleistungssparten abdecken oder organisieren können.
DAZ:
Wie stehen Sie zur Apothekenpflicht von Arzneimitteln und wie weit soll sie gehen?
Ulla Schmidt (SPD):
Ich bin der Meinung, dass im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung und zur Gewährleistung der Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, die derzeitigen Regelungen nach dem Arzneimittelgesetz über die Apothekenpflicht nicht geändert werden sollten.
Andreas Storm (CDU/CSU):
Die grundsätzliche Apothekenpflicht für Arzneimittel mit gesetzlich definierten Ausnahmemöglichkeiten ist ein sinnvoller und bewährter Ansatz. Ausnahmen von der Apothekenpflicht sollten auch weiterhin nur in medizinisch-pharmakologisch vertretbaren Fällen unter Berücksichtigung eines hohen Niveaus von gesundheitlichem Verbraucherschutz und Arzneimittelsicherheit erfolgen.
Detlef Parr (FDP):
Ich sehe an dieser Stelle keine Notwendigkeit, die heutigen Regelungen zu modifizieren. Sie haben sich bewährt und werden so von den Patienten angenommen.
Biggi Bender (Bündnis 90/DIE GRÜNEN):
Ein zentrales Kriterium der Arzneimittelversorgung ist die Arzneimittelsicherheit. Deshalb sollte es bei der Apothekenpflicht von Arzneimitteln bleiben. Notwendig ist jedoch mehr Wettbewerb im Apothekenmarkt mit dem Ziel die hohen Distributionskosten zu senken. Zielführender erscheint mir deshalb die Aufhebung des Mehr- und Fremdbesitzverbots.
Monika Knoche (Linkspartei/PDS):
Deutschland zeichnet sich bislang durch eine hohe Arzneimittelsicherheit – AMG – und durch ein restriktives Distributionswesen aus. Das garantiert ein hohes "Verbraucherschutzniveau". Dieses ist gefährdet, wenn Medikamente zu frei verkäuflichen Waren werden. Die Missbrauchsgefahr beim Arzneimittelkonsum wächst und stellt ihrerseits ein Gesundheitsrisiko dar.
DAZ:
Wenn Sie die Regierungsverantwortung übernehmen, wird dann ein grenzüberschreitender Versandhandel weiterhin möglich sein?
Ulla Schmidt (SPD):
Ja. Schon das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom Dezember 2003 ließe eine Untersagung des Versandhandels mit Arzneimitteln gar nicht zu.
Andreas Storm (CDU/CSU):
Grenzüberschreitender Versandhandel ist europarechtlich grundsätzlich zulässig. Auch wenn der Bundesregierung in den Verhandlungen zum GKV-Modernisierungsgesetz Zugeständnisse beim Versandhandel gemacht werden mussten, konnte die Union auch hier faire Wettbewerbsbedingungen durchsetzen, um ein hohes Maß an Arzneimittelsicherheit und Verbraucherschutz zu sichern. Bisher spielt der Versandhandel ohnehin nur in einzelnen Nischen, z. B. bei der Dauermedikation von chronisch kranken Patienten, eine wahrnehmbare Rolle. Deutsche Standards bei der Arzneimittelversorgung werden durch den grenzüberschreitenden Versandhandel, soweit ersichtlich, nicht gefährdet. Die weitere Entwicklung ist hier sehr genau zu beobachten, gesetzliche Änderungen scheinen aber derzeit nicht erforderlich.
Detlef Parr (FDP):
Beim Versandhandel ist darauf zu achten, dass niedergelassene und Versandapotheken vergleichbare Wettbewerbsbedingungen vorfinden. Ziel bleibt eine flächendeckende Rund-um-die-Uhr-Versorgung durch qualifizierte Freiberufler. Bezüglich des heute bestehenden Versandhandels sollte baldmöglichst eine Bestandsaufnahme und Evaluierung angegangen werden. Vor allem muss überprüft werden, ob heute die Arzneimittesicherheit noch im gewünschten Maße gewährleistet ist.
Biggi Bender (Bündnis 90/DIE GRÜNEN):
Ja.
Monika Knoche (Linkspartei/PDS):
Der grenzüberschreitende Versandhandel steht den Aufgaben des Staates, maximale Versorgungsqualität für alle gepaart mit Verbraucherschutz sicherzustellen, entgegen. Medikamente sind keine Konsumgüter.
DAZ:
Falls Sie einen grenzüberschreitenden Versandhandel befürworten: Welche Konzepte zur Regelung der Wettbewerbsbedingungen im Hinblick auf die Versandkonditionen der verschiedenen Länder sind für Sie vorstellbar?
Ulla Schmidt (SPD):
Ich würde gar nicht im Plural von Konzepten sprechen. Damit es überhaupt zu einem solchen Wettbewerb kommen kann, müssen erst einmal die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums den Versandhandel mit Arzneimitteln zulassen. Dies ist bisher nur in wenigen Ländernūder Fall. Dann ist wichtig, dass die Bedingungen dieses Handels übereinstimmen. Zurzeit verfügen aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung nur das Vereinigte Königreich und die Niederlande über vergleichbare Sicherheitsstandards, letztere aber nur, wenn Versandapotheken gleichzeitig Präsenzapotheken sind.
Andreas Storm (CDU/CSU):
Siehe die zuvor gestellte Frage.
Detlef Parr (FDP):
Aus Wettbewerbsgründen ist darauf zu achten, dass Versandapotheken keine Rosinenpickerei betreiben können, sondern das volle Sortiment der Arzneimittel anbieten, weil anderenfalls die Mischkalkulation der niedergelassenen Apotheker in Gefahr gerät. Zuzahlungsmodalitäten müssen für alle Marktbeteiligten gleich geregelt sein. Zudem darf es keine höheren Gewinnmargen aufgrund einer niedrigeren Mehrwertsteuerbelastung im Ausland geben.
Biggi Bender (Bündnis 90/DIE GRÜNEN):
Die mit der Gesundheitsreform beschlossenen Regelungen im Bereich der Qualitätssicherung und Beratung sind ausreichend: Genau wie in der Präsenzapotheke muss in jeder Versandapotheke pharmazeutisches Personal zur Beratung zur Verfügung stehen. Liegt die Apotheke im Ausland, muss die Beratung trotzdem in deutscher Sprache geführt werden. Die Apotheke muss ihre Kunden über bekannt gewordene Arzneimittelrisiken informieren und sie darauf hinweisen, mit dem behandelnden Arzt Kontakt aufzunehmen, sofern Probleme bei der Medikation auftreten. Trotzdem auftretende Beratungsdefizite, die in der Versandapotheke genauso auftreten können wie in der Präsenzapotheke, sind nicht durch weitere gesetzliche Regelungen abzustellen, sondern durch die Aufsicht führenden Behörden und mit Hilfe eines aufmerksamen Verbraucherschutzes.
Monika Knoche (Linkspartei/PDS):
Da die genannten Konditionen der nationalen Regulierungszuständigkeit unterstehen, ist eine Deregulierung im genannten Sinne nicht wünschenswert.
DAZ:
Wird es Änderungen bei der Erstattungsregelung geben?
Ulla Schmidt (SPD):
Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz haben wir im parteiübergreifenden Konsens umfassende Änderungen vorgenommen. Ich erinnere an die Regelungen zu den rezeptfreien Arzneimitteln, die neuen Zuzahlungsregelungen und die Streichung der Lifestyle-Arzneimittel. Damit haben die Versicherten ihren Beitrag geleistet und damit ist es auch genug. Ich bin sehr dafür, dass die medizinisch notwendige Arzneimittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt. Deshalb möchte ich, dass der Leistungsanspruch der Versicherten auf Arzneimittel so erhalten bleibt wie er ist. Die überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger erwartet dies von der Politik und ich finde, sie hat damit Recht.
Andreas Storm (CDU/CSU):
CDU und CSU haben es sich in den Verhandlungen zur Gesundheitsreform nicht leicht gemacht, der von SPD und Grünen vehement geforderten Herausnahme von OTC-Präparaten aus dem Leistungskatalog der GKV die Zustimmung zu erteilen, um auch im Arzneimittelbereich Kostenbegrenzungen zu ermöglichen. Für uns war es dabei unabdingbar, dass durch Ausnahmeregelungen für Kinder und für schwerwiegend erkrankte Menschen auch weiterhin eine ausreichende Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sichergestellt werden kann. Hier ist der Gemeinsame Bundesausschuss seiner Aufgabe bisher in zufrieden stellender Weise nachgekommen, dennoch müssen die Auswirkungen dieser Regelungen auf die Versorgungsrealität auch weiterhin sehr genau beobachtet und ausgewertet werden. Änderungsbedarf sehen CDU/CSU vor allem hinsichtlich der Altersgrenze, bis zu der OTCs grundsätzlich erstattet werden. Sie sollte von zwölf auf 18 Jahre heraufgesetzt werden. Leider wurde ein entsprechender Gesetzentwurf der Union zur Sicherung der Arzneimittelversorgung von Kindern und Jugendlichen kürzlich von SPD und Grünen abgelehnt.
Detlef Parr (FDP):
Die FDP hat die grundsätzliche Herausnahme der nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz abgelehnt und in einem eigenen Antrag eine diesbezügliche Korrektur gefordert. An dieser Forderung halten wir weiterhin fest. Statt nach einer Rasenmähermethode viele bewährte preiswerte und nebenwirkungsarme Medikamente den GKV-Versicherten im Rahmen therapeutischer Behandlungskonzepte vorzuenthalten, sollte im Rahmen einer Überarbeitung der Negativliste überprüft werden, welche Präparate bewusst aus dem Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung herausgenommen werden können.
Biggi Bender (Bündnis 90/DIE GRÜNEN):
Im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen findet sich die Forderung: "Zuzahlungen (z. B. Praxisgebühr, Verordnungsgebühr etc.) für BezieherInnen von Sozialgeld und Altersgrundsicherung wollen wir abschaffen. Die Zuzahlungen stellen für diese Personengruppen eine besondere Härte dar und untergraben oft alle Bemühungen zur Prävention, Gesundheitsvorsorge und frühest möglichen Therapie." Im Grundsatz plädieren wir jedoch für die Beibehaltung der Praxisgebühr, da sie, soweit heute erkennbar, die erwünschten Steuerungswirkungen – weniger Arztbesuche und Erstkontakt bei Hausarzt oder -ärztin – zur Konsequenz haben.
Wir halten es für bedenkenswert, die bisherige Zuzahlungsuntergrenze von 5 Euro für ein verschriebenes Arzneimittel fallen zu lassen. Die Versicherten würden dann generell zehn Prozent des Abgabepreises tragen. Damit würden die Anreize für die Wahl eines preisgünstigen Arzneimittels gestärkt. Allerdings würde dann die Zuzahlungsobergrenze von zurzeit 10 Euro angehoben werden müssen, um Aufkommensneutralität zu gewährleisten.
Die Herausnahme verschreibungsfreier Arzneimittel aus der Erstattung durch die Krankenkassen hat sich aus unserer Sicht grundsätzlich bewährt, wenngleich uns eine Positivliste lieber gewesen wäre. Allerdings muss die Ausnahmeliste für die verschreibungsfreien Arzneimittel, die bei schweren Erkrankungen auch weiterhin durch die Kassen erstattet werden, im Interesse von Patientinnen und Patienten mit schweren Allergien und Hauterkrankungen weiterentwickelt werden.
Monika Knoche (Linkspartei/PDS):
– (Welche Erstattungsregel ist gemeint?)
DAZ:
Wie stehen Sie zu der Forderung, das Gesundheitswesen aus der europäischen Dienstleistungsregelung auszuklammern?
Ulla Schmidt (SPD):
Ich bin – wie übrigens die meisten meiner EU-Kollegen – der Auffassung, dass die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Organisation und Finanzierung wie auch für die Qualitäts- und Sicherheitsstandards der Dienstleistungen im Gesundheits- und Sozialbereich gewahrt bleiben muss. Wir prüfen gerade, wieweit Ausnahmen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie notwendig sind. Wir erwarten im Übrigen in diesem Punkt gewisse Korrekturen des Richtlinienvorschlags durch die Europäische Kommission, nachdem sich hierzu auch Berichterstatter des Europäischen Parlaments in ersten Stellungnahmen sehr kritisch geäußert haben.
Andreas Storm (CDU/CSU):
Sofern die Überlegungen zur EU-Dienstleistungsrichtlinie wieder aufgegriffen werden, ist unbedingt sicherzustellen, dass das Gesundheitswesen davon ausgenommen bleibt. CDU/CSU werden auch künftig darauf achten, dass die EU die nationale Zuständigkeit für das Gesundheitswesen respektiert.
Detlef Parr (FDP):
Wir haben uns in den letzten Monaten intensiv mit der Dienstleistungsrichtlinie auseinandergesetzt. Den Vorschlägen, gesamte Bereiche, wie das Gesundheitswesen aus der Dienstleistungsrichtlinie auszuklammern, stehen wir skeptisch gegenüber. Dies würde dem europäischen Grundgedanken der Dienstleistungsfreiheit entgegenstehen. Vielmehr muss die Richtlinie so überarbeitet sein, dass die Vielzahl der berechtigten Bedenken – vor allem die Sorge vor einer Verschlechterung der Qualität der medizinischen und pflegerischen Versorgung sowie die Benachteiligung inländischer Anbieter – ausgeräumt werden.
Biggi Bender (Bündnis 90/DIE GRÜNEN):
Bisher verfolgte die EU das Ziel, in einzelnen Dienstleistungsbereichen eine weitgehende Harmonisierung der rechtlichen Regelungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu erreichen und anschließend eine branchenbezogene Richtlinie zu erlassen. Mit dem Entwurf einer Dienstleistungsrichtlinie hat die EU-Kommission diesen Weg verlassen und will stattdessen die Märkte bereits vor einer Angleichung der nationalen Rechtsstandards öffnen. Das halten wir für falsch, da damit ein Wettlauf zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten um die Absenkung erreichter Sozial- und Qualitätsstandards heraufbeschworen würde. Wir schlagen vor, das Herkunftslandprinzip nur für solche Bereiche gelten zu lassen, die bereits europaweit rechtlich harmonisiert sind. Für Gesundheits- und Sozialdienstleistungen fordern wir eine generelle Herausnahme aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie, solange nicht klargestellt ist, dass die national geltenden Qualitäts- und Sicherheitsstandards und die Kompetenz der Mitgliedstaaten für die sozialen Sicherungssysteme nicht berührt sind.
Monika Knoche (Linkspartei/PDS):
Das ist eine explizite Forderung der Linkspartei. Programmatisch und tatsächlich wird sie auch von der Linkspartei im Europaparlament forciert und vertreten.
DAZ:
Haben Sie eine persönliche Stammapotheke? Welche Erwartungen haben Sie an diese?
Ulla Schmidt (SPD):
Ja, "mein" Apotheker kennt mich und hat einen guten Überblick über die Rezepte, die ich bei ihm einlöse. Das gibt mir zusätzliche Sicherheit, weil er mich so optimal beraten kann. Außerdem hat er immer ein paar gute Tipps für meine Gesundheit auf Lager.
Andreas Storm (CDU/CSU):
In Darmstadt und in meiner Heimatstadt Weiterstadt habe ich in "meinen" regelmäßig besuchten Apotheken sehr gute Erfahrungen gemacht. Meine Erwartung, sachkundig und zuverlässig über Fragen der Arzneimittelversorgung beraten zu werden, hat sich bisher stets erfüllt.
Detlef Parr (FDP):
Ja, ich habe bei mir zu Hause in Ratingen eine Stammapotheke. Dort fühle ich mich seit Jahren gut aufgehoben und exzellent betreut. Vor allem auf die persönliche und kompetente Beratung möchte ich nicht verzichten.
Biggi Bender (Bündnis 90/DIE GRÜNEN):
Ja. Ich erwarte, dass ich dort auch Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen erhalte und mir die nicht vorrätigen Medikamente nach Hause geliefert werden.
Monika Knoche (Linkspartei/PDS):
Dazu mache ich keine Angaben, da ich das für in meine Eigenkompetenz gehörig betrachte. Sorry.
DAZ:
Wir bedanken uns für das Gespräch.
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