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- DAZ 37/2005
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Besser auf Pandemie vorbereitet als früher,
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Das Robert Koch-Institut hat einen nationalen Pandemieplan erarbeitet, der im Falle einer Influenzapandemie menschlichen und wirtschaftlichen Schaden auf ein Minimum begrenzen soll. Doch der Notfallplan, so die Kritik, lese sich eher wie ein Plan für einen Plan, der entscheidende Teil, der Aktionsplan müsse noch zwischen Bund und Ländern verhandelt werden. Wie gut ist Deutschland auf eine Influenzapandemie vorbereitet?
Kurth:
Der Nationale Influenzapandemieplan wird von Bund und Ländern gemeinsam getragen, den fachlichen Teil hat eine Arbeitsgruppe aus Experten von Bund, Ländern und Wissenschaft erarbeitet. Der Aktionsplan als dritter Teil des Plans ist im Mai 2005 veröffentlicht worden. Deutschland ist in jedem Fall besser auf eine Pandemie vorbereitet als früher. Aber natürlich ist noch viel zu tun. So sollte zum Beispiel jedes Bundesland und jeder Stadt- oder Landkreis seine Planung hinsichtlich der Anforderungen durch eine Pandemie überprüfen, auch Krankenhäuser sollen vorbereitet sein. Vorrang muss auch die Entwicklung eines prototypischen Impfstoffs haben.
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Welche Medikamente müssen in welchen Mengen vorrätig gehalten werden? Wie weit ist die Bevorratung in den einzelnen Ländern und Kommunen fortgeschritten?
Kurth:
Die gemeinsamen Empfehlungen von Bund und Ländern im Teil 1 des Pandemieplans sehen für die Therapie vorrangig orale Neuraminidasehemmer vor. Damit sollen im Pandemiefall wenigstens das medizinische Personal, Beschäftigte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie die besonders gefährdeten Personengruppen versorgt werden. Nach Schätzungen der Arbeitsgruppe Influenzapandemieplanung entspricht die aus den Empfehlungen des Plans folgende Minimalmenge für die Therapie der genannten Gruppen einer Bevorratungsmenge für mindestens zwanzig Prozent der Bevölkerung. Die Bevorratung antiviraler Arzneimittel ist in den einzelnen Bundesländern in unterschiedlichem Umfang vorgesehen.
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Wie sind die Krankenhausapotheken, krankenhausversorgenden und öffentlichen Apotheken in die Vorratshaltung und die im Krisenfall notwendige Verteilung eingebunden bzw. sollen eingebunden werden?
Kurth:
Eine Einbindung der Apotheken wäre sinnvoll. Es ist Sache der Bundesländer, das zu organisieren. Die Arbeitsgruppe, in der natürlich auch Experten des Robert Koch-Instituts mitarbeiten, berät die Länder dabei. Apotheken sollten auch Influenza-Schnelltests vorhalten, wenn eine erste Diagnostik zur Einschätzung eines Verdachtsfalls notwendig ist.
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Es ist davon auszugehen, dass weder ein Impfstoff noch Medikamente vom Typ der Neuraminidasehemmer zu Beginn einer Pandemie in ausreichenden Kapazitäten zur Verfügung stehen. Wie werden die zur Verfügung stehenden Medikamente am effektivsten genutzt, wer sollte zuerst geimpft werden bzw. Neuraminidasehemmer prophylaktisch erhalten?
Kurth:
Ziel einer Prioritätenliste muss eine Impfstoffverteilung sein, die den höchsten Nutzen für die Minderung der Morbidität und Mortalität verspricht. Daher hat sich die Arbeitsgruppe dafür ausgesprochen, dass im Falle sehr knapper Impfstoffressourcen vorrangig das medizinische Personal geimpft wird, außerdem die Berufsgruppen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Infrastruktur und Sicherheit. Weitere Präzisierungen für die Impfung bestimmter Bevölkerungsgruppen sollten im Pandemiefall durch die Nationale Pandemiekommission, die derzeit gegründet wird, vorgenommen werden. Die im 20. Jahrhundert abgelaufenen Pandemien haben nämlich belegt, dass eine Vorhersage, welche Gruppen vordringlich von einer Impfung profitierten, nur begrenzt möglich ist. Für die Versorgung mit antiviralen Medikamenten gelten die gleichen Prioritäten: zuerst das medizinische Personal und die Berufsgruppen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Infrastruktur und Sicherheit.
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Sind bei den antiviralen Medikamenten Resistenzen zu erwarten?
Kurth:
Pandemien sind bislang immer durch Influenza-A-Viren verursacht worden. Untersuchungsergebnisse lassen vermuten, dass die beiden schon lange verfügbaren antiviralen Arzneimittel Amantadin und Rimantadin bei therapeutischer Anwendung schnell zu Resistenzen führen würden und damit unwirksam wären. Von den Neuraminidasehemmern nimmt man an, dass sie gegen alle Influenza-A-Viren wirken würden und nicht so schnell Resistenzen auftreten würden.
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Wie lange wird es dauern, bis ein spezifischer Impfstoff in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht?
Kurth:
Im günstigsten Fall, wenn alle Vorarbeiten gemacht wären, würden nach drei bis sechs Monaten die ersten Impfstoffdosen verfügbar sein. Deshalb muss es darum gehen, für die zweite Welle einer Pandemie gerüstet zu sein. Alle drei großen Grippe-Pandemien des vergangenen Jahrhunderts sind in zwei Wellen aufgetreten. Die Menge, die die Hersteller im Pandemiefall produzieren könnten, hängt davon ab, wie viele Impfstoffdosen für die üblichen Influenzawellen hergestellt werden, da dies die verfügbaren Produktionskapazitäten mit bestimmt.
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In den USA arbeitet man an der Entwicklung einer Vakzine gegen H5N1. Was verspricht man sich von einem solchen Impfstoff, wie und wann sollte er eingesetzt werden? Welche Bemühungen gibt es in Deutschland auf diesem Gebiet?
Kurth:
Die USA haben von dem Impfstoff, der derzeit entwickelt wird, zwei Millionen Dosen bestellt. Es wird noch diskutiert, ob schon im Vorfeld einer Pandemie geimpft werden soll. Vorrang dürfte dann sicher das medizinische Personal haben. Eine Impfung im Vorfeld kann im Pandemiefall ein Vorteil sein. Aber die Bestellung könnte auch hinausgeworfenes Geld bedeuten, wenn das Pandemievirus so stark verändert wäre, dass der bevorratete Impfstoff nicht auf das Pandemievirus passt. Außerdem scheint der Impfstoff noch nicht ausgereift, er kann noch nicht bezahlbar hergestellt werden. Entscheidend ist jedenfalls, dass man wichtige Vorarbeiten erledigt, damit man im Fall der Fälle so rasch wie möglich mit der Impfstoffproduktion beginnen kann. In Deutschland fördert die Bundesregierung die Entwicklung eines Impfstoff-Prototypen. Das Paul-Ehrlich-Institut, das Bundesamt für Sera und Impfstoffe, erwartet, dass noch in diesem Jahr eine Zulassung für einen Prototyp-Impfstoff beantragt wird.
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Was empfehlen Sie der Bevölkerung? Welche Schutzmaßnahmen kann jeder einzelne treffen? Was kann eine normale Grippeschutzimpfung leisten?
Kurth:
Durch eine Impfung mit dem verfügbaren und für die aktuelle Saison angepassten Influenza-Impfstoff ist man zwar nicht vor einer H5N1-Infektion geschützt, aber eine solche Schutzimpfung kann bei entsprechender Symptomatik und Krankengeschichte die Diagnostik erleichtern. Da eine gleichzeitige Infektion mit den derzeit zirkulierenden menschlichen Influenzaviren und dem Vogelgrippevirus A/H5N1 jedoch die Gefahr einer Neukombination beider Viren birgt und damit das Risiko der Entstehung eines von Mensch-zu-Mensch übertragbaren Virus entsteht, kann für Personen, die in den betroffenen Regionen Kontakt zu Geflügel haben könnten, eine Influenza-Schutzimpfung mit dem aktuell zugelassenen Impfstoff erwogen werden. Im Pandemiefall können die Impfstoffhersteller ihre Produktionskapazität nicht beliebig steigern. Daher trägt eine hohe Durchimpfungsrate vor einer Pandemie indirekt dazu bei, auch für den Pandemiefall vorzusorgen. Impfen lassen sollten sich vor allem Personen über sechzig Jahre, solche mit bestimmten Grunderkrankungen und diejenigen, die beruflich ein höheres Influenzarisiko haben, insbesondere Ärzte sowie Pflegekräfte im Krankenhaus und im Altenpflegebereich. Auch für Apotheker ist eine Impfung zu empfehlen.
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Herr Professor Kurth, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Das Interview führte Apothekerin Dr. Doris Uhl, freie Mitarbeiterin der DAZ.
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