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Arzneimittel und Therapie
Plötzlicher Herztod durch Erythromycin?
Erythromycin wird in einigen Fällen als Ursache eines Torsade de pointes vermutet. Erklärt wird dieser Zusammenhang mit den kardialen Wirkungen des Makrolidantibiotikums: Erythromycin verlängert das QT-Intervall (im EKG die Zeitspanne von Beginn der Depolarisation bis zum Ende der Repolarisation) und blockiert den Kaliumkanal. Es ist aber auch möglich, dass erst durch pharmakokinetische Interaktionen Konstellationen geschaffen werden, die dann zu einem plötzlichen Herztod führen.
Erythromycin wird durch CYP3A-Isoenzyme metabolisiert. Starke Inhibitoren von CYP3A wie Nitroimidazole, manche Calciumkanal-Blocker sowie einige Antidepressiva verhindern den Abbau von Erythromycin, so dass letztendlich eine Überdosis von Erythromycin für den Herztod verantwortlich sein könnte.
Aufbau der Studie
Die notwendigen Daten zur Klärung eines Zusammenhangs zwischen der Erythromycineinnahme und dem plötzlichen Herztod wurden der Tennessee Medicaid Kohortenstudie entnommen, in der Informationen von mehr als 1,2 Millionen Patientenjahren gesammelt wurden. Insgesamt waren 1476 Fälle eines plötzlichen Herztodes registriert worden, was einer Rate von 1,2 Todesfällen auf 1000 Patientenjahre entspricht.
Für die an einem plötzlichen Herztod verstorbenen Patienten wurden retrospektiv folgende Daten ermittelt:
- aktuelle Einnahme von Erythromycin
- gleichzeitige Einnahme von CYP3A-Inhibitoren (erfasst wurden nur solche Substanzen, welche die AUC des CYP3A-Substrates mindestens verdoppeln wie z. B. Verapamil, Diltiazem, Nitroimidazole, das Makrolidantibiotikum Troleandomycin)
- frühere Einnahme von Erythromycin
- aktuelle Einnahme von Amoxicillin (Amoxicillin wird bei gleichen Indikationen eingesetzt wie Erythromycin, führt aber zu keiner verlängerten Repolarisationszeit. Durch diesen zusätzlichen Vergleich mit Amoxicillin soll geklärt werden, ob der plötzliche Herztod durch die zu behandelnde Krankheit oder durch das eingesetzte Medikament verursacht wurde.
Mehr Todesfälle unter
Erythromycin und
CYP3A-Inhibitoren Die aktuelle Einnahme von Erythromycin führte zu einer verdoppelten Rate an plötzlichem Herztod verglichen mit den Herztoden von Patienten, die kein Antibiotikum eingenommen hatten. Die frühere Einnahme von Erythromycin oder die gegenwärtige Einnahme von Amoxicillin hatten keinen Einfluss auf die Häufigkeit eines plötzlichen Herztodes. Für Patienten, die Erythromycin und einen CYP3A-Inhibitor gleichzeitig eingenommen hatten, war die Rate eines plötzlichen Herztodes um den Faktor fünf erhöht im Vergleich zu Patienten, die weder Erythromycin noch einen CYP3A-Inhibitor eingenommen hatten. Die gleichzeitige Einnahme von Amoxicillin und CYP3A-Inhibitoren oder eine bereits zurückliegende Anwendung von CYP3-Inhibitoren führte zu keinem gehäuften Auftreten plötzlicher Herztode.
Diese Ergebnisse zeigen, dass die gleichzeitige Einnahme von Erythromycin und CYP3A-Inhibitoren vermieden werden sollte.
Dr. Petra Jungmayr, Esslingen
Quelle
Ray, W., et al.: Oral Erythromycin and the risk of sudden death from cardiac causes. N. Engl. J. Med. 351, 1089 – 1096 (2004).
Torsade de pointes
- Synonym: paroxysmales Kammerflattern
- Krankheitsbild: Kammertachykardie mit dauernder Änderung von Amplitude und Richtung des elektrischen Vektors (Kammeranarchie). In der Regel besteht eine hochgradige Kreislaufinsuffizienz bis hin zum funktionellen Herzkreislaufstillstand, häufig selbstlimitierend
- Vorkommen: Myokardischämie, schwere koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Elektrounfall, Intoxikationen, Elektrolytentgleisung, Überdosierung bestimmter Pharmaka (Antiarrhythmika, Antidepressiva, Neuroleptika, Antihistaminika, Antibiotika, Chemotherapeutika)
- Therapie: Reanimation, Kardioversion, Magnesium i. v., Absetzen der verursachenden Medikamente, Verhinderung bradykarder Phasen mit passagerem Schrittmacher.
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