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Fortbildung
Arzneimittelapplikation per Sonde
Bei älteren multimorbiden Menschen, bei Parkinson-Patienten oder Schlaganfall-Patienten ist eine bedarfdeckende Ernährung auf oralem Wege häufig nicht mehr möglich. Auch Verdauungs- und Resorptionsstörungen, Bewusstlosigkeit, Tumorerkrankungen oder die Verweigerung der Nahrungsaufnahme können eine Indikation für eine künstliche enterale Ernährung darstellen.
Ernährung über Sonden
Eine Ernährungssonde kann nasal oder perkutan in den Magen oder Dünndarm gelegt werden. Nasogastrale und nasojejunale Sonden sind für eine kurzfristige Anwendung (unter 14 Tagen) gedacht. Die Reservoir-Funktion des Magens und die physiologische Magen-Darm-Passage bleiben dabei erhalten. Es kann jedoch zu Irritationen im Bereich von Nase, Rachen, Speiseröhre und Magen und zu einer bakteriellen Überwucherung kommen. Bei längerfristiger Anwendung (länger als zwei bis drei Wochen) werden deshalb perkutane Sonden eingesetzt.
Bei gastralen Sonden wird die Nahrung entweder intermittierend oder kontinuierlich appliziert. Die intermittierende Gabe ist physiologischer, denn in den nahrungsfreien Intervallen kann der pH-Wert im Magen wieder absinken. Bei duodenal oder jejunal gelegten Sonden ist eine kontinuierliche Gabe mithilfe einer Pumpe notwendig.
Welche Peroralia eignen sich für Sonden?
Eine große Herausforderung stellt die Arzneimittelapplikation über eine Sonde dar. Vor der Applikation sollten zunächst einige grundsätzliche Fragen geklärt werden (siehe Kasten).
Das Zerkleinern von Tabletten (auch Filmtabletten, z.B. Euglucon®) ist meist unproblematisch. Die meisten Retardtabletten dürfen jedoch nicht zerkleinert werden; Ausnahmen sind einige Präparate (z.B. Tegretal® ret. Tabletten), bei denen der Retard–effekt erhalten bleibt, nachdem sie in lauwarmem Wasser in Mikropartikel zerfallen sind.
Bei Hartgelatinekapseln ist das Öffnen in der Regel unproblematisch; Kapseln mit modifizier–ter Freisetzung, magensaftresistenten Überzügen oder mit stark irritierenden Arzneistoffen dürfen – abgesehen von Einzelfällen – nicht geöffnet werden.
Zerkleinerte magensaftresistente Tabletten dürfen nur über duodenal oder jejunal gelegte Sonden appliziert werden. Der (meist ölige, licht- und sauerstoffempfindliche) Inhalt von Weichgelatinekapseln eignet sich nicht für eine Sondenapplikation, zumal die Dosierung problematisch wäre.
Die Sonde ist vor und nach der Arzneimittelgabe zu spülen, bevorzugt mit 20 bis 30 ml Aqua destillata.
Beim Hersteller nachfragen
Nur wenige Arzneistoffe sind bisher für die Applikation über Sonden zugelassen. Informatio–nen zu dieser Problematik sind relativ schwer zugänglich; in den Fachinformationen sucht man entsprechende Hinweise meist vergeblich. Auf Anfrage stellen Pharmafirmen Angaben zur Sondengängigkeit ihrer Präparate zur Verfügung, auch im Internet wird man fündig (siehe Kasten).
- Gibt es rektale oder transdermale Arzneiformen als Alternativen?
- Steht eine geeignete flüssige Arzneiform zur Verfügung?
- Bei festen und halbfesten Arzneiformen: Wie wirkt sich die Zerstörung der Arzneiform aus? Ist der Arzneistoff stabil gegenüber Licht, Sauerstoff sowie (bei gastraler Position der Sonde) Magensäure, Magenenzymen?
- Bei Retardformen: Ist die Retardierung gewährleistet?
- Müssen Dosis und Dosierung angepasst werden?
- Kann ein problematischer Arzneistoff durch einen anderen ersetzt werden?
- www.pharmatrix.de Website von Andreas Pfaff, Universitätsapotheke Tübingen:
- Angaben zur Sonden–- applika–tion von Peroralia
- Sondentabelle (Suche nach Präparaten oder Wirkstoffen möglich) http://leitlinien.net Hier u.a.: Leitlinie Enterale Ernäh–rung (Trink- und Sondennahrung) in der Geriatrie und geriatrisch-neurologischen Rehabilitation www.dgem.de Deutsche Gesellschaft für Er–nährungsmedizin e.V.
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