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- DAZ 26/2006
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Die Seite 3
Trotz Weltmeisterschaft sind sie nicht zu überhören: die Meldungen aus Berlin zur Gesundheitsreform. Sie erreichen uns Schlag auf Schlag – jeden Tag gibt es neue Vorschläge, neue Zahlen, neue Überraschungen. Kein Wunder: In dieser Woche soll der Endspurt der Beratungen laufen, bereits am kommenden Sonntag wollen sich dann die Spitzen der Koalition treffen, um noch eventuell bestehende Differenzen zu beseitigen, damit dann am Montag die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD die Pläne für die Gesundheitsreform absegnen können.
Was bisher ziemlich klar geworden ist: Unser neues System soll ein Gesundheitsfonds werden, in den Arbeitnehmer und Arbeitgeber einzahlen – und zusätzlich Steuergelder fließen sollen. Aus dem Fonds sollen dann die Kassen für jeden Versicherten einen festen Betrag erhalten. Hört sich einfach an, aber Details hierzu sind offen – und auf die kommt es wie so oft an. Besonders strittig sind dabei zwei Punkte: der Zufluss von Steuergeldern in den Topf und die Frage, was mit der privaten Krankenversicherung geschehen soll. Immerhin, so die ersten Berechnungen, müsste man zwischen 16 und 24 Milliarden Euro an Steuern ins System pumpen, um den Fonds zu realisieren, je nachdem, ob man nur die Kinder beitragsfrei mitversichern will oder ob weitere Kassenleistungen daraus finanziert werden sollen. Steuern ins System bedeutet aber eine Erhöhung der Einkommensteuer oder die Erhebung eines Gesundheitssoli auf die Einkommensteuerschuld – beide Versionen sind eine schmerzhafte Entscheidung angesichts der bereits beschlossenen Mehrwertsteuererhöhung von drei Prozentpunkten. Dies würde auch bedeuten, dass die Besserverdienenden weit mehr in den Fonds einzahlen.
Überhaupt: Ist es sinnvoll, Steuern ins Gesundheitssystem fließen zu lassen? Ich halte dies für äußerst gefährlich. Zwar mag es bequem sein, aber für eine gesunde Entwicklung des Systems nicht förderlich. Statt darüber nachzudenken, wie Strukturen effizienter gestaltet werden können, bedient man sich aus dem Steuertopf – der falsche Weg.
Noch ziemlich nebulös sind die Vorstellungen, welches Schicksal letztlich die privaten Krankenversicherungen beim Fondsmodell trifft. Und: Wenn Privatversicherte über Steuern (und das nicht zu wenig) am zentralen Gesundheitstopf beteiligt werden, steht ihnen dann nicht auch eine Leistung daraus zu? Sind dann beispielsweise die Kinder beitragsfrei über den Gesundheitsfonds mitversichert? Noch sind solche Fragen vollkommen offen, sie müssten in dieser Woche im Hauruckverfahren geklärt werden, wenn am Sonntag "der Sack zugebunden" werden soll, wie es aus Koalitionskreisen zu hören war.
Das hört sich für mich alles nicht nach wirklicher Therapie an, sondern scheint – wieder einmal – auf ein Herumdoktern hinauszulaufen, zudem noch unter Zeitdruck. Eine gesunde Entscheidungsfindung kann dies nicht werden. Noch liegen die Positionen weit auseinander, wie zu hören war, gemeinsame Vorstellungen zwischen den Koalitionspartnern sind kaum auszumachen. Was von der Koalitionsspitze von oben nach unten durchsickert, wird selbst im eigenen Lager zum Teil heftig kritisiert.
Warum nur nimmt man sich nicht die Zeit und prüft, ob sich das bewährte und im Vergleich zur Krankenversicherung einfache Modell der Autoversicherung aufs Gesundheitswesen übertragen lässt? Meines Wissens waren solche Gedanken bereits aus Kreisen der FDP zu hören. Weg von der Pflichtversicherung, hin zur Versicherungspflicht!
Der Staat gibt eine Mindestleistung vor, die eine Versicherung für einen Mindestbeitrag leisten muss – quasi die Basisversorgung. Festgeschriebene Arbeitgeberbeiträge werden an den Versicherten ausgezahlt. Der Versicherte wählt sich ein Versicherungsunternehmen (ehemals "Krankenkasse", gesetzlich oder privat) aus, das ihm zum Basisbetrag eine vom Staat definierte Basisleistung bietet. Reicht dem Versicherten die Basisleistung nicht aus, kann er sich auch höher versichern – gegen entsprechend höhere Beiträge, versteht sich. So könnte ein Versicherungsunternehmen durchaus anbieten, die Kosten für die Phytotherapie oder die Homöopathie zu übernehmen. Oder Originalpräparate statt Generika. Oder Brillengestelle zu bezahlen. Oder die Chefarzt-Behandlung und das Einbettzimmer. Das würde den von vielen gewünschten Wettbewerb auslösen – dann endlich auch unter den Kassen bzw. den Versicherern.
Peter Ditzel
Therapieren statt Herumdoktern
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