Öffentliches Gesundheitswesen

Apotheker als GLP-Inspektoren

Eine wichtige Aufgabe im Bereich des gesundheitlichen Verbraucher- und Umweltschutzes ist die Überwachung von Laboratorien, die gemäß Chemikaliengesetz u.a. toxikologische (i.d.R. tierexperimentelle) Prüfungen an Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln oder Chemikalien nach den international anerkannten Grundsätzen der Guten Laborpraxis (GLP Ų Good Laboratory Practice) durchführen müssen. Diese Aufgabe wird u.a. von spezialisierten Apothekern wahrgenommen.

Im Zuge des wachsenden Gesundheits- und Umweltschutzbewusstseins wurde Ende der 80er Jahre eine Reihe von gesetzlichen Regelungen mit dem Ziel verabschiedet, chemische Stoffe (Arzneimittel, Pflanzenschutzmittel, Chemikalien etc.) vor ihrem ersten Einsatz auf ihr Gefährdungspotenzial für Mensch, Tier und Umwelt zu prüfen.

Hersteller oder Importeure sind verpflichtet, den staatlichen Bewertungsbehörden in einem Zulassungs-, Erlaubnis-, Registrierungs-, Anmelde- oder Mitteilungsverfahren Nachweise über durchgeführte nicht-klinische experimentelle Sicherheits- bzw. Unbedenklichkeitsprüfungen vorzulegen. Die Durchführung dieser Prüfungen hat nach international anerkannten Regeln zu erfolgen, den OECD-Grundsätzen der Guten Laborpraxis (GLP). Die OECD-Staaten beließen es aber nicht nur bei den verpflichtenden Regeln für die Laboratorien, sondern stellten auch Richtlinien auf, wie die einzelnen Mitgliedstaaten diese Laboratorien zu überwachen haben. So entstanden die "Leitlinien für die Durchführung von Laborinspektionen und die Überprüfung von Prüfungen" und ein "Leitfaden für die Verfahren zur Überwachung der Einhaltung der GLP".

Definition

"Gute Laborpraxis (GLP) ist ein Qualitätssicherungssystem, das sich mit dem organisatorischen Ablauf und den Rahmenbedingungen befasst, unter denen nicht-klinische gesundheits- und umweltrelevante Sicherheitsprüfungen geplant, durchgeführt und überwacht werden sowie mit der Aufzeichnung, Archivierung und Berichterstattung der Prüfungen."

Die GLP-Grundsätze stellen somit einen Sicherheitsrahmen für die Qualität von physikalisch-chemischen, toxikologischen und ökotoxikologischen Prüfungen dar. Mit Hilfe von GLP soll die Zuverlässigkeit der bei den staatlichen Bewertungsbehörden einzureichenden Daten gewährleistet werden. GLP hilft dabei auch, die Qualität der Prüfdaten zu verbessern.

Die weltweite Implementierung der von den OECD-Staaten beschlossenen Regelungen zu GLP schafft Vertrauen in die Qualität der vorgelegten Prüfergebnisse. Dies ist die Voraussetzung für eine gegenseitige internationale Anerkennung der Daten, ohne Prüfungen wiederholen zu müssen. Auf diese Weise trägt GLP dazu bei, Doppel- und Mehrfachprüfungen im Sinne des Tierschutzes zu vermeiden und damit Prüfkosten und Zeit zu sparen, das Entstehen von Handelshemmnissen zu verhindern sowie die Qualität der Prüfungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt zu verbessern.

Implementierung der GLP-Regelungen in Deutschland

Mit der Novelle des Chemikaliengesetzes (ChemG) wurden 1990 die GLP-Regelungen der OECD in deutsches Recht umgesetzt und damit die Einhaltung der GLP-Grundsätze für nicht-klinische experimentelle Prüfungen von chemischen Stoffen oder Zubereitungen zum ersten Mal verbindlich vorgeschrieben (§§ 19a bis d, § 27a ChemG).

Es wurde festgelegt, dass ohne Nachweis der Einhaltung der GLP-Grundsätze eine Bewertung der Prüfungsergebnisse durch die entsprechende deutsche Behörde nicht erfolgen darf. Die für die Risikobewertung gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen müssen in einer staatlich anerkannten GLP-Prüfeinrichtung unter Einhaltung der GLP-Grundsätze durchgeführt werden. Weiterhin wurden im ChemG die Art des Nachweisverfahrens über die Einhaltung der GLP durch entsprechende GLP-Bescheinigungen, ausgestellt durch benannte Überwachungsbehörden der Länder, etc. und die Aufgaben der Bundesregierung und der GLP-Bundesstelle geregelt.

Die weitere Umsetzung der OECD-Beschlüsse von 1989 erfolgte 1990 durch die "Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Verfahren der behördlichen Überwachung der Einhaltung der Grundsätze der Guten Laborpraxis (ChemVwV-GLP)". Diese Verwaltungsvorschrift konkretisiert u. a. diejenigen nicht-klinischen experimentellen Prüfungen, die in jedem Falle unter den Anwendungsbereich der GLP fallen (z. B. für Chemikalien, Pflanzenschutzmittel, Arzneimittel, Sprengstoffe, Gefahrgüter im Transportwesen, Lebensmittel- und Futtermittelzusatzstoffe). Darüber hinaus beinhaltet sie Hinweise zur behördlichen Überwachung und Leitlinien für die Durchführung von Inspektionen einer Prüfeinrichtung und die Überprüfung von durchgeführten Prüfungen. Ergänzt und abgerundet werden Gesetz und Verwaltungsvorschrift durch nationale Konsensdokumente, die in gemischten Arbeitsgruppen mit Vertretern aus Industrie und Behörden erstellt werden, um weitere Hinweise für Auslegungen und Interpretationshilfen zu geben.

Staatliche Organisation zur Umsetzung von GLP

Hinsichtlich der organisatorischen Verteilung der Überwachungsaufgaben ergibt sich aufgrund des ChemG in Verbindung mit der ChemVwV-GLP folgendes Bild:

Federführend in "Sachen GLP" – und somit auch für die Gesetzgebung – ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Das Gesundheitsministerium ist verantwortlich für GLP-Aspekte, die Arzneimittel betreffen, und das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ist für Fragen zuständig, die sich im Zusammenhang mit Pflanzenschutzmitteln ergeben.

Die Überwachung der Einhaltung der GLP-Grundsätze in den deutschen Prüfeinrichtungen ist – wie bei vielen anderen gesetzlichen Regelungen in Deutschland – Aufgabe der Bundesländer. Um einer allzu großen Zersplitterung der Zuständigkeiten in den Ländern entgegenzuwirken, wurde in jedem Land lediglich eine "Leitstelle-GLP" eingerichtet, welche für alle Bereiche (Arzneimittel, Pflanzenschutzmittel, Industriechemikalien etc.) verantwortlich zeichnet. Nicht zuständig sind die Bundesländer für Bundesbehörden. Hier liegt die Verantwortung für die Überwachung bei der jeweiligen Aufsichtsbehörde, also dem zuständigen Bundesministerium.

Die amtlichen GLP-Inspektionen werden von Inspektionsteams durchgeführt, die von der zuständigen Leitstelle-GLP eingesetzt werden. Derzeit sind in Deutschland 60 amtliche GLP-Inspektoren benannt, die sich gemäß ChemVwV-GLP aus verschiedenen Fachrichtungen, wie Pharmazie (derzeit 14), Chemie, Biologie oder Veterinärmedizin, rekrutieren. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass nicht nur auf staatlicher Seite Apotheker für GLP-Belange eingesetzt werden, sondern in noch größerem Umfang in der Industrie, sei es in der Durchführung der gesetzlich fixierten Prüfungen oder sei es in der Qualitätssicherung dieser Prüfungen. Um in diesem Arbeitsbereich erfolgreich mit anderen Fachrichtungen konkurrieren zu können, ist eine Weiterbildung zum Fachapotheker für "Toxikologie und Ökologie" äußerst hilfreich. Berichte und Ergebnisse von Inspektionen der Bundesländer werden in der GLP-Bundesstelle beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin gesammelt.

Zur Harmonisierung aller GLP-relevanten Fragen zwischen den beteiligten Stellen wurde ein Arbeitskreis – bestehend aus Vertretern der zuständigen Bundesministerien, der Bundesländer, der Bewertungsbehörden und der GLP-Bundesstelle (Bund-Länder-Arbeitskreis "GLP und andere Qualitätssicherungssysteme") – gebildet. Die relevanten Industrieverbände werden regelmäßig eingeladen, ihre Probleme vorzutragen, die sich aus Inspektionen etc. ergeben haben. Bei Bedarf institutionalisiert dieser Arbeitskreis spezielle Arbeitsgruppen, die über wichtige Themen konsensfähige Papiere erstellen sollen. So wurde u.a., ergänzend zur ChemVwV-GLP, ein Leitfaden zur Harmonisierung des GLP-Überwachungsverfahrens in Deutschland erstellt. Dort wurden insbesondere folgende Festlegungen getroffen:

  • Länder, die z.B. wegen einer eher geringen Anzahl an Prüfeinrichtungen keine eigenen oder nur beschränkt eigene GLP-Inspektoren ernennen, fordern ggf. in Amtshilfe Inspektoren anderer Länder an.
  • Um eine bundesweit hohe Qualität in der Überwachung zu gewährleisten, sind länderübergreifende Inspektionsteams anzustreben. Inspektionsteams bestehen aus mindestens 2 Personen.
  • Um ein hohes Qualitätsniveau bei den Inspektionen zu gewährleisten, haben Inspektoren i.d.R. zwei Inspektionen pro Jahr durchzuführen sowie an Fortbildungsveranstaltungen und an Veranstaltungen zum Erfahrungsaustausch teilzunehmen.
  • Der federführende Inspektor kümmert sich um Terminabstimmung mit der Prüfeinrichtung, um Anforderungen von Unterlagen vorab, um den Zeitplan der Inspektion, um die Abfassung einer Mängelliste, ggf. um eine Nachinspektion und um die Erstellung des Inspektionsberichtes.
  • Geregelt werden auch die jeweiligen Zuständigkeiten für eine Inspektion bei nationalen oder bei internationalen Anfragen.

Aufgrund dieser vollständigen Implementierung der OECD-Vorgaben zur Organisation der staatlichen Kontrolle der Einhaltung der GLP-Grundsätze, was mit Hilfe eines Mutual Joint Visits (Besuch eines GLP-Expertenteams aus drei anderen OECD-Staaten) evaluiert wurde, werden Prüfungen, die in deutschen Prüfeinrichtungen durchgeführt werden, OECD weit anerkannt. Außerdem war es der Bundesregierung dadurch möglich, in bilateralen Abkommen mit den USA, Japan und der Schweiz eine umfassende Anerkennung des deutschen GLP-Überwachungssystems (ohne drohende Kontrollbesuche) zu erreichen. Gerne hätte die Bundesregierung weitere bilaterale Verträge mit anderen Staaten abgeschlossen, um auch mit diesen das Anerkennungsprozedere im Interesse der deutschen Industrie zu vereinfachen. Doch die EU hat 1990 das Mandat für derartige Verhandlungen an sich gezogen und lässt keine bilateralen Abkommen einzelner Mitgliedstaaten mehr zu. Wegen der anfangs erheblichen Inhomogenität bei der Implementierung von GLP innerhalb der EU-Staaten ist es der Kommission erst in den letzten Jahren gelungen, Abkommen mit wirtschaftlich relevanten Nicht-EU-Staaten abzuschließen.

GLP-Bundesstelle

Zur zentralen Koordination und als Ansprechpartner für Bund und Länder sowie für die internationale Vertretung der Bundesregierung in den GLP-Gremien der EU und der OECD wurde die GLP-Bundesstelle beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eingerichtet. Die Aufgaben der dort tätigen Wissenschaftler und Verwaltungsangestellten sind in erster Linie beratender, koordinierender und administrativer Art. Aber auch Inspektionsreisen stehen auf dem Plan, da Einrichtungen des Bundes und Laboratorien in so genannten Drittstaaten ohne Anerkennungsabkommen mit Deutschland, wie z.B. Indien, Brasilien, China, von den Mitarbeitern der GLP-Bundesstelle überwacht werden müssen. Zu diesen GLP-Inspektionen werden regelmäßig Kollegen aus den Ländern zur Mitwirkung und zum Erfahrungsaustausch eingeladen.

Seit 1995 veröffentlicht die GLP-Bundesstelle wesentliche Beschlüsse, Entscheidungen, Interpretationen und Empfehlungen, die sich im Laufe von nationalen und internationalen Meetings etc. ergeben, in einem GLP-INFO. Die GLP-INFOs sowie alle weiteren GLP-relevanten nationalen und internationalen (OECD und EU) Dokumente sind auf der Website des BfR (www.bfr.bund.de) unter "Das Institut/GLP-Bundesstelle" abzurufen. Dort sind auch Links zu allen GLP-relevanten Websites zu finden.

Zusammenspiel von Überwachung und Bewertung

Die GLP-Grundsätze geben, wie oben bereits erwähnt, die formalen Rahmenbedingungen vor, unter denen Prüfungen von chemischen Stoffen etc. geplant, durchgeführt, laufend überwacht und anschließend berichtet werden. Bei einer behördlichen GLP-Inspektion befassen sich die Inspektoren deshalb weniger mit den inhaltlichen Erfordernissen oder Zielsetzungen einer Prüfung. Das bedeutet: es wird mit dem Prüfleiter nicht diskutiert, warum er z.B. gerade diese Methode (zumeist eine von den Bewertungsbehörden vorgegebene OECD- bzw. ICH-Methode) verwendet. Es wird vielmehr während einer laufenden Prüfung vor Ort genauestens gecheckt, ob der Prüfleiter und das Personal die technische und wissenschaftliche Kompetenz besitzen, die im Prüfplan beschriebene Prüfung sachgerecht durchzuführen. Die Beurteilung, ob die angewandte Prüfmethode, die im Abschlussbericht ausführlich und exakt beschrieben werden muss, den Ansprüchen genügt, ist Gegenstand des Bewertungsverfahrens. Hier besteht ein nahtloser Übergang zwischen Überwachung und Bewertung in Deutschland. Diese enge Verknüpfung, mit der Möglichkeit eines Feedbacks der Behörden, macht einen der wesentlichen Unterschiede zwischen GLP und anderen Qualitätssicherungssystemen (z.B. der ISO-Normen) aus, mit denen sich die GLP-Bundesstelle in gemeinsamen Foren austauscht.

Eine der wichtigsten Forderungen der GLP ist, Prüfungen nachvollziehbar zu dokumentieren. Alles, was nicht dokumentiert wurde, ist formal nicht durchgeführt worden! Hinsichtlich der Dokumentation sollte man sich immer wieder die 5-W-Regel vor Augen halten:

5-W-Regel: Wer hat Was Wann Womit und Warum gemacht?

Bereits erschienene BApÖD-Beiträge zu Tätigkeitsfeldern für Apotheker im Öffentlichen Dienst (1) Mattern, G.: Apotheker im Öffentlichen Gesundheitswesen (Einführung). DAZ 2005, Nr. 24, S. 58. (2) Schmidt, M.: Apotheker als GMP-Inspektoren. DAZ 2005, Nr. 28, S. 68. (3) Demmer, D.: Apotheker in amtlichen Untersuchungseinrichtungen. DAZ 2005, Nr. 33, S. 4492. (4) Langer, M.: Der Apotheker im Sanitätsdienst der Bundeswehr. DAZ 2005, Nr. 36, S. 4801. (5) Speer-Töppe, E. und M. Romer: Apothekerinnen und Apotheker im Unterricht. DAZ 2005, Nr. 40, S. 5354. (6) Demelius, S.: Amtsapothekerinnen und -apotheker. DAZ 2005, Nr. 43, S. 5736. (7) Heckmann, A.: Apothekerinnen und Apotheker in (Landes-)Ministerien. DAZ 2005, Nr. 46, S. 6100. (8) Diedrich, R.: Apothekerinnen und Apotheker in Kammern. DAZ 2005, Nr. 50, S. 6572. (9) Keitel, S. und W. Schlumbohm: Apotheker bei der Zulassungsbehörde. DAZ 2006, Nr. 2, S. 164.

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