Baustellen-Vertrag

Ein Glanzstück ist es nicht, das die AOK Baden-Württemberg, stellvertretend für alle AOKs, mit ihren Rabattverträgen vorgelegt hat. Nach einer bundesweiten Ausschreibung hatte sie mit elf Generikaherstellern Rabattverträge für 43 häufig verordnete Wirkstoffe geschlossen. Praxisfern, unausgegoren und zum Teil kaum praktikabel ist es, was sich Politiker und Kassenfunktionäre am grünen Tisch ausgedacht haben. Die Verträge bringen nur Scherereien für Patienten, Ärzte und Apotheker. Die Einsparungen ließen sich auf andere Art reibungsloser und effektiver erreichen. Doch da scheint sich die AOK stur zu stellen.

Für Patienten wird sich der gepriesene Vorteil – der Wegfall der Zuzahlung – in Grenzen halten, da viele der preisgünstigen Generika eh so weit unter Festbetrag liegen, dass keine Zuzahlung anfällt. Auch Complianceprobleme könnten sich auftun, wenn Patienten auf die billigen "AOK-Präparate" umgestellt werden. Ganz zu schweigen von Unbequemlichkeiten für die Versicherten, wenn die zum Teil kleinen Hersteller ihre Billigstpräparate nicht liefern können und sie mühsam besorgt werden müssen. Arme AOK-Patienten. Die laufende Kündigungswelle bei der AOK wegen erhöhter Beiträge könnte sich ausweiten, wenn Patienten die Auswirkungen der Rabattverträge spüren.

Und was ist, wenn der Patient nicht warten kann? Oder wenn der Apotheker dann ein wirkstoffgleiches nicht-rabattiertes Präparat abgibt? Zahlt die AOK für den Patienten trotzdem die Zuzahlungsbefreiung? Muss der Apotheker mit einer Retaxierung rechnen?

Ärzte köderte man für diesen Vertrag über eine Bonusregelung. Man stellte ihnen in Aussicht, dass sie an den Einsparungen beteiligt werden, wenn sie mindestens 15% rabattierte Arzneimittel verordnen. Sie erhalten dann von der AOK über die KV im ersten Quartal 65% der Einsparungen, in den folgenden Quartalen sinkt der Bonus nach und nach auf 30%. Da die Rabattspielräume im Cent-Bereich liegen, lässt sich leicht abschätzen, dass die Ärzte aus diesem Vertrag keine Reichtümer erzielen können. Zudem bleibt die Ermittlung für den Arzt nicht berechenbar.

Und für Apotheker wird alles noch komplizierter: fragliche Lieferfähigkeit der Billighersteller und mögliche Lieferengpässe, Ärger mit Patienten, Umstellung des Warenlagers. Alles kann eh nur funktionieren, wenn es die Softwarehäuser in der Kürze der Zeit schaffen, alle Daten umzusetzen. Der Apotheker muss aus der EDV ersehen können, welche Krankenkasse für welches Arzneimittel einen Rabattvertrag abgeschlossen hat. Und was ist, wenn andere Kassen das AOK-Modell imitieren?

Dabei könnte alles viel effektiver laufen, wenn die Kassen bereit wären, stattdessen Zielpreisvereinbarungen auszuhandeln, die ähnlich funktionieren wie bei Importpräparaten. Warum die Sturheit der AOK?

Peter Ditzel

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