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- AZ 10/2007
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Börsen: Der Ausverkauf
Ein Kurseinbruch bei chinesischen Aktien, die Irankrise, steigende Ölpreise, wieder einmal schwächere Wirtschaftsdaten aus Amerika und ein Anschlag auf US-Vizepräsident Cheney – das alles war selbst für hart gesottene Optimisten zu viel. Der Dow Jones erlitt letzten Dienstag den größten Rückfall (in Punkten) seit dem furchtbaren 11. September. US-Aktien verloren innerhalb weniger Stunden fast 600 Milliarden Dollar an Wert.
Überraschend kam das indes nicht. Dass die Unternehmensgewinne zurückgehen und der marode US-Häusermarkt eine Menge Probleme aufwerfen würde, war schon vor Monaten abzusehen. Auch die verschärfte Tonart im Irankonflikt ist wohl kaum als unvorhersehbares Ereignis zu werten. Und wenn bei den völlig überbewerteten China-Aktien nach 130% Jahresgewinn auch einmal an Gewinnmitnahmen gedacht wird – wen sollte das wundern?
Wirklich erstaunlich ist dagegen, mit welcher Hartnäckigkeit, die schon an Naivität oder Ignoranz grenzte, die Akteure gegen die glasklaren Fakten anspekulierten. Der feste Glaube an Zinssenkungen, der fundamental bis heute jeder Grundlage entbehrt, trieb bis zuletzt immer weiter Unsummen in den Markt, ließ die Kurse weiter ansteigen und das Gewinnverhältnis überproportional verteuern, da vielfach gleichzeitig die Gewinnschätzungen der Unternehmen zurückgenommen wurden.
Der Grund für die scheinbar leichtfüßige Anlagementalität liegt dabei einfach in der Liquidität. Geld ist weltweit reichlich vorhanden und sucht permanent nach gewinnbringenden Anlagealternativen. Dieser "Anlagenotstand" überlagert oft fundamentale Bedenken. Das macht es so schwer, den Punkt zu erahnen, an dem sich die Rahmenbedingungen durchsetzen und die Anleger dem Risikokapital – zumindest zeitweilig – den Rücken kehren.
Ausrutscher oder Trendwechsel?
Zunächst muss man grundsätzlich eine Lanze für die Börse brechen. Die Globalisierung bietet dem Markt ein Umfeld, das tendenziell weiter steigende Unternehmensgewinne verspricht und – unter Schwankungen – höhere Aktienkurse nach sich ziehen wird. Aber es sei auch daran erinnert, dass der Dow Jones bereits seit über vier Jahren ohne größere Blessuren immer neue Höhen erklimmt. Eine kurze Auszeit mit einer Korrektur um ca. 15% wäre daher völlig normal.
Neben den oben genannten fundamentalen Bedenken spricht nun vor allem aus Sicht der Markttechnik einiges für eine ausgeprägtere Konsolidierungsphase. Börsensitzungen mit rund 3% Tagesverlust erwischen die meisten Anleger auf dem falschen Fuß. Sie warten nur darauf, bei der nächstbesten Kurserholung ihre Anteile auf den Markt zu werfen. Wenn es also den maßgeblichen Indices nicht gelingt, ihre Kursverluste umgehend wieder wettzumachen, zieht ein solcher Rückgang in der Regel eine ganze Reihe von schwächeren Tagen nach sich, zumal sich über die Zeit auch die Sichtweise der Börsianer von "Das-Glas-ist-halb-voll" auf "Das-Glas-ist-halb-leer" verändert. Die dabei zum Besten gegebenen Argumente sind ebenso unmaßgeblich wie in der vorangegangenen Aufschwungphase. Börsengurus, die offensichtlich bis zuletzt zwei Flugzeugträger im Persischen Golf als kollektive Angeltour der Amerikaner interpretieren, muss man nicht wirklich ernst nehmen.
Die weiteren Aussichten
Das Ziel binnen der kommenden zwei bis drei Wochen könnte beim DAX durchaus bei rund 6100 Punkten liegen. Zunächst aber sollten 6500 Punkte angepeilt werden. Auf diesem Niveau ist zumindest mit einer kurzfristigen Gegenbewegung nach oben zu rechnen.
DAX vom 28. Februar (17.30 h): 6751 Punkte..
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