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Parlamentarischer Abend
Sinkender Rohertrag für Apotheken
BERLIN (ks). Das Spargesetz AVWG hat die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen im vergangenen Jahr im Zaum gehalten. Sie stiegen gegenüber 2005 bundesweit um lediglich 1,8 Prozent. Auch der Umsatz in den Apotheken erhöhte sich leicht – ihr Rohertrag sank jedoch. Grund hierfür waren die zurückgehenden Packungszahlen. Dies betonte der Präsident des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg (LAV), Fritz Becker, anlässlich eines parlamentarischen Abends der baden-württembergischen Apotheker am 8. März in Berlin.
Auch in diesem Jahr folgten viele Bundestagsabgeordnete und Mitarbeiter des Bundesgesundheitsministeriums der Einladung des LAV und der Apothekerkammer (LAK) in die Berliner Landesvertretung Baden-Württembergs. Dort erläuterte ihnen Becker, wie sich der Arzneimittelmarkt in seinem Bundesland 2006 entwickelte: Knapp 43 Mio. Euro bzw. 1,7 Prozent mehr als im Vorjahr gaben hier die Kassen für Medikamente aus. Während der Umsatz der Apotheken um durchschnittlich 2,88 Prozent stieg, sank ihr Rohertrag um 1,74 Prozent. Der Rohertrag wäre noch geringer ausgefallen, wäre nicht ab Jahresmitte der Apothekenabschlag um 0,15 Euro pro Packung reduziert worden, betonte Becker.
Die von Apotheken und Herstellern geleisteten Rabatte stiegen von 180,8 Mio. im Jahr 2005 auf 218 Mio. Euro in 2006 – das brachte den Kassen Mehreinnahmen von 37,2 Mio. Euro. Zugleich erhöhte sich der Anteil der zuzahlungsbefreiten Rezepte auf 36,9 Prozent, was ihnen Mindereinnahmen von 19,6 Mio. Euro bescherte. Somit wurden die Kassen im Arzneimittelbereich rechnerisch um 17,6 Mio. Euro entlastet. Dass sie tatsächlich 43 Mio. Euro mehr ausgaben, lässt sich weder durch mehr Rezepte erklären noch durch höhere Preise. Beide Komponenten entwickelten sich 2006 rückläufig. Auch die Ausgaben für Innovationen lagen niedriger als im Vorjahr und die Generikaquote war "mustergültig", erklärte Becker. Er führt die Mehrausgaben auf den Trend zur Verordnung größerer Packungen und höherer Dosierungen zurück. Zwar seien Großpackungen preiswerter als mehrere kleine; wenn deren Verordnung aber mit einer Erhöhung der Wirkstärke einhergehe und der Patient vom Arzt angewiesen werde, Tabletten zu teilen, so verteure dies letztlich die Versorgung, warnte Becker. Gerade älteren Patienten falle das Teilen schwer und so würden am Ende nicht selten Teilstücke weggeworfen. Abgesehen vom finanziellen Schaden leide auch die Qualität der Versorgung, wenn die Galenik der Arzneimittel zerstört werde. Am Beispiel Simvastatin zeigte Becker auf, dass die 5 mg Dosierung mittlerweile nahezu bedeutungslos geworden ist, während die 40 mg und 80 mg Dosierung über die vergangenen zwei Jahre beständig Marktanteile gewonnen haben.
Dialogbereite Parlamentarier
Becker verwies zudem auf die Wirkungen des AVWG: Allein im Festbetragsmarkt sparten die baden-württembergischen Kassen durch die massiven Preissenkungen mehr als 83 Mio. Euro. Damit wurden die Einsparerwartungen an das Gesetz übertroffen. Becker appellierte daher an die Abgeordneten, neuen Gesetzen künftig etwas Zeit zu lassen zu wirken, ehe man die Arbeit am nächsten Reformgesetz beginnt. Zugleich dankte der LAV-Präsident den Parlamentariern der Großen Koalition, für ihre Dialogbereitschaft in der Entstehungsphase des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes. Die vielen kontroversen, aber konstruktiven Gespräche hätten zu "umsichtigen Entscheidungen" in für die Apotheker wesentlichen Gebieten geführt, so Becker. Zu begrüßen sei vor allem, dass an der einheitlichen preisunabhängigen Entgeltung der Apotheken festgehalten und auf die zunächst vorgesehene Haftung der Apotheker in Höhe von 500 Mio. Euro verzichtet wurde.
Freier Heilberuf mit Zukunft
Im Anschluss an die Daten und Fakten aus Baden-Württemberg versorgte LAK-Präsident Dr. Günther Hanke die Parlamentarier mit Argumenten für die heilberuflich geführte, freie Apotheke. Er verwies auf die zu beobachtende Zunahme von Arzneimittelfälschungen, die insbesondere über das Internet nach Deutschland kommen. Hanke forderte, national und europaweit für mehr Sicherheit in den Vertriebswegen zu sorgen und den illegalen Internetversandhandel einzudämmen. Zudem warnte er vor der Aufgabe der inhabergeführten Apotheke. Läge die Arzneimittelversorgung in den Händen von Kapitalgesellschaften, bestünde die Gefahr, dass die heilberufliche Verantwortung gegenüber shareholder-value Interessen vernachlässigt werde. Zudem sei zu befürchten, dass die flächendeckende Versorgung an unwirtschaftlichen Standorten verloren ginge. Nicht zuletzt verwies Hanke auf die Bedeutung der Apotheke als niedrigschwellige Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen, die bei der Bevölkerung noch immer ein hohes Vertrauen genieße.
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