Arzneimittel und Therapie

Multiple Sklerose

Menschen mit guter Vitamin-D-Versorgung erkranken seltener

Ein hoher Vitamin-D-Spiegel im Blut kann das Risiko, später an multipler Sklerose zu erkranken, vermindern. Neue Ergebnisse unterstützen bisherige Vermutungen.

In jedem Lehrbuch ist die Anmerkung zu finden, dass das Risiko für multiple Sklerose mit dem geographischen Breitengrad korreliert. Je weiter entfernt vom Äquator ein Mensch in jungen Jahren lebt, desto höher ist das Risiko, später an multipler Sklerose zu erkranken. Da liegt die Vermutung nahe, dass Vitamin D, das nicht nur über die Nahrung aufgenommen wird, sondern auch durch UV-Strahlen in der Haut entsteht, eine Rolle spielt.

Nun wurde in einer Fall-Kontroll-Studie basierend auf den Daten von sieben Millionen Soldaten des US-amerikanischen Militärs, ein Zusammenhang der Vitamin-D-Konzentration im Blut und dem Risiko für multiple Sklerose festgestellt.

In der Datenbank wurden 257 Multiple-Sklerose-Fälle gefunden. Jedem Fall wurden zwei passende Kontrollen zugeordnet. Verglichen wurden die Konzentrationen im Blut von 25-Hydroxy-Vitamin D (Calcidiol), das üblicherweise verwendet wird, um über den langfristigen Vitamin-D-Status Auskunft zu geben (Normwerte siehe Tabelle).

Ergebnis der Studie: Bei weißen Soldaten zeigt sich mit dem Anstieg der Vitamin-D-Werte eine Reduktion der Erkrankungswahrscheinlichkeit. In der Gruppe mit den höchsten Vitamin-D-Konzentrationen (> 100 nmol/l) war das Risiko signifikant geringer als in der Gruppe mit den niedrigsten Werten (< 63,3 nmol/l).

Besonders entscheidend für die Entstehung einer multiplen Sklerose scheinen die Jahre im Jugend- und jungen Erwachsenenalter. Für Personen mit einem hohen Vitamin-D-Wert vor dem 20. Lebensjahr (> 100 nmol/l) ergab sich das geringste Erkrankungsrisiko.

Dagegen bestand bei Menschen mit dunklerer Hautfarbe, also Afroamerikanern oder Personen lateinamerikanischer Herkunft kein signifikanter Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Werten und multipler Sklerose. Eine mögliche Erklärung sehen die Studienautoren darin, dass dunkelhäutigere Personen insgesamt niedrigere Vitamin-D-Werte hatten. Bei den Schwarzen hatte beispielsweise keiner einen Wert von mehr als 100 nmol/l.

Vitamin D – ein möglicher Immunmodulator bei MS

Vitamin D ist nötig für die Verwertung von Calcium und trägt zur Festigkeit der Knochen bei. Es ist jedoch auch nachgewiesen, dass Immunzellen durch Vitamin D beeinflusst werden. In Untersuchungen an Mäusen mit einer MS-ähnlichen Erkrankung konnte für Vitamin D eine positive Wirkung gezeigt werden, möglicherweise durch eine Regulation der T-Zellen.

Vitamin-D-Zufuhr zur Prävention?

Die Studie zeigt einen Zusammenhang zwischen hohen Vitamin-D-Spiegeln und einem geringeren Erkrankungsrisiko. Dies kann möglicherweise die geographische Verbreitung der multiplen Sklerose erklären. Ein Beweis, dass auch eine künstliche Vitamin-D-Zufuhr das Risiko für multiple Sklerose reduziert, ist mit dieser Studie nicht erbracht. Dies könnte nun in Präventionsstudien untersucht werden.

Quelle

Munger, K.L.; et al. Serum 25-Hydroxyvitamin D levels and risk of multiple sclerosis. J. Am. Med. Assoc. 296 , 2832-2838 (2006).

Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch, Berlin, New York: Walter de Gruyter 2002.

Apothekerin Bettina Martini
Pathogenese der multiplen Sklerose
Bei multipler Sklerose greifen körpereigene Abwehrzellen die Myelinscheiden der Nervenfasern an. Dadurch treten im Gehirn und teilweise auch im Rückenmark verstreut Entzündungen auf. Außerdem kommt es zu einer zellulären Schädigung der Axone. Die vermindert im Krankheitsverlauf die Leitfähigkeit der Nervenbahnen, was Symptome wie Kribbeln und andere Gefühlsstörungen, Spastiken, Lähmung, schnelle Ermüdbarkeit sowie Sehstörungen auslöst.
Vitamin D
Vitamin D oder Calciferol ist eine Sammelbezeichnung für eine Gruppe fettlöslicher Vitamine. Die wichtigsten Vertreter für den Menschen sind Ergocalciferol (Vitamin D2) und Cholecalciferol (Vitamin D3), die bei UV-Strahlung in der Haut synthetisiert werden. In Leber und Nieren wird dann das biologisch aktive Calcitriol (1,25-Dihydroxy-Vitamin-D) gebildet.
Vorkommen: Vor allem in Nahrungsmitteln tierischer Herkunft, besonders in Fisch und Fischleberöl ("Lebertran"), geringere Mengen in Fleisch, Eigelb, Milch und Milchprodukten, aber auch in Avocado;
Bedarf: Bei Erwachsenen 5 μg/Tag; bei Gesunden genügt bei ausreichender Sonnenexposition die Eigensynthese. Für Säuglinge wird eine prophylaktische Zufuhr von 12,5 μg/Tag (500 I. E.) täglich empfohlen.
Mangelerscheinungen: Sie können bei unreifen Frühgeborenen, länger als sechs Monate ausschließlich gestillten Kindern und streng vegetarisch ernährten Kindern vorkommen und zu schweren Mineralisationsstörungen des Skelettsystems (Rachitis) mit irreversibler Deformierung der weichen Knochen führen. Bei Erwachsenen kann es zu Leber- oder Nierenschäden oder zur Osteomalazie (Aufweichung der Knochen durch mangelnden Calciumeinbau) kommen.
Hypervitaminose: Sehr selten; die Speicherkapazität von Vitamin D im Körper ist immens; bei täglicher Zufuhr von > 25 μg/Tag kann es zu Appetitlosigkeit, Übelkeit kommen, im Extremfall kann eine Gefäßverkalkung entstehen.
Normwerte für den Vitamin-D-Status
(gemessen als Calcidiol)
< 20 ng/ml Vitamin-D-Mangel
33 bis 80 ng/ml ausreichende Versorgung
> 100 ng/ml Vitamin-D-Überversorgung
Basiswissen Ernährung.

Vitamin D braucht Sonne.

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