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ADEXA Info
Umfrage zu den Rabattverträgen
Immenser Mehraufwand, genervte Kunden
Seit dem 1. April gilt eine Vielzahl unterschiedlicher Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern. Die Arbeitsabläufe für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Apotheken haben sich dadurch deutlich verändert. ADEXA hat sich bei aktiven Mitgliedern umgehört, wie sie die Auswirkungen einen Monat nach Inkrafttreten der Verträge beurteilen. Die Antworten zeigen: Die aktuelle Situation bringt eine große Mehrbelastung für das Personal mit sich, führt häufig zu Lieferengpässen – und die Kunden müssen für ein Medikament oft zwei- oder dreimal in die Apotheke kommen.
Frage 1: Haben die Rabattverträge spürbare Veränderungen im Arbeitsalltag gebracht? Wie groß ist der zusätzliche Zeitaufwand? Bleibt trotzdem Zeit für die pharmazeutische Beratung?
Der Zeitaufwand von der Annahme eines Rezeptes bis zur endgültigen Belieferung hat sich enorm erhöht, so die Einschätzung der Befragten. Das gilt sowohl für den Handverkauf als auch für das Warenlager. Die Bestellungen bei den Großhändlern dauern länger, worunter die Zeit für den HV leidet. Sogar die Computerkassen arbeiten wegen des erweiterten Datensatzes langsamer. Das führt besonders in Stoßzeiten zu Warteschlangen und genervten Kunden.
Der Kundenkontakt dauert insgesamt oft mindestens doppelt so lange wie bisher. Aber die Kundenberatung und pharmazeutische Betreuung kommen häufig zu kurz, weil die Mitarbeiter so stark vom Computer in Anspruch genommen sind. Außerdem sind auch die Kunden nur begrenzt aufnahmefähig.
Unter der Mehrarbeit leidet oft auch die Stimmung im Team. Längere Arbeitszeiten sind üblich, weil andere Arbeiten bis nach Feierabend liegen bleiben.
Frage 2: Ist das Team durch die Apothekenleitung ausreichend auf die Änderungen vorbereitet worden?
Hier gibt es sehr unterschiedliche Erfahrungen: Die Vorbereitung erfolgte oft sehr spät, was vielleicht auch an der Unsicherheit der Apothekenleiter selbst lag. Während es in manchen Apotheken eine Informationsrunde für das ganze Team gab, haben andere Chefs Einzelgespräche mit allen MitarbeiterInnen geführt. Aus anderen Apotheken wird von "Learning by Doing" berichtet – oder schlicht von mangelhafter Information durch die Leitung.
Je nach Anweisung der Chefin oder des Chefs handhaben Apotheken die Neuregelung bisher unterschiedlich: Manche Teams wurden dazu angehalten, die Änderungen sofort "eins zu eins" umzusetzen. Dagegen gibt es andere Apotheken, in denen die Praxis eher lax erfolgt, nach dem Motto: "Die Friedenspflicht gilt bis zum 31. Mai. Geben Sie dem Kunden bis dahin, was er will."
Frage 3: Wie reagieren die Kunden/Patienten?
In den meisten Fällen sind die Patienten weder vom Arzt noch von ihrer Krankenkasse über die Rabattverträge und ihre Auswirkungen informiert worden. Bei den Ärzten besteht offenbar selbst ein großes Informationsdefizit. Die Aufklärungsarbeit von Kunden (und oft auch von Ärzten) bleibt deshalb weitgehend am Apothekenpersonal hängen, wie dies schon in vergangenen Jahren bei Neuregelungen (aut idem, Zuzahlung und Zuzahlungsbefreiung etc.) der Fall war.
Die Reaktionen der Kunden reichen von verständnisvoll über verunsichert bis gereizt. Manche drohen, ihre Medikamente künftig aus einer anderen Apotheke oder aus dem Internet zu beziehen. Manche würden gerne mehr zuzahlen, um ihr bisheriges Produkt weiter zu bekommen. Gerade für ältere Patienten ist die Regelung nicht leicht nachvollziehbar. Manche Kunden bedauern auch die MitarbeiterInnen, weil sie sehen, welche Schwierigkeiten für sie entstehen. Generell lässt sich wohl folgendes Fazit eines Mitglieds verallgemeinern: "Es kommt sehr darauf an, wie wir die Kunden ansprechen."
Frage 4: Wie häufig sind Lieferengpässe?
Erste Lieferengpässe, so die Erfahrung von ADEXA-Mitgliedern, gab es schon zwei bis drei Tage nach dem Inkrafttreten der Rabattverträge. Inzwischen gehört die hohe Zahl an Defekten schon fast zur "Normalität". Für die Kunden sind diejenigen Fälle besonders ärgerlich, wenn die nicht vorgesehenen zuzahlungsfreien Arzneimittel einer Firma durch zuzahlungspflichtige Medikamente eines anderen Herstellers ersetzt werden müssen, weil sie nicht lieferbar sind.
Einzelne Firmen haben es offenbar bis heute nicht geschafft, ihre Präparate in ausreichender Menge zu produzieren. In jedem Fall führen die Lieferengpässe zu Mehraufwand für die PKA. Denn sie müssen Bescheinigungen anfordern und Defektmeldungen dokumentieren bzw. archivieren, wenn Präparate nicht lieferbar sind, falls es zu Regressforderungen der betreffenden Kasse kommt.
Frage 5: Gibt es bei Rückfragen kompetente Ansprechpartner bei den Krankenkassen?
Von den Kassen versprechen sich die MitarbeiterInnen – zum Teil aufgrund schlechter Erfahrungen bei anderen Problemen – wenig bis gar keine Hilfe. Ein Mitglied aus Bayern schrieb: "Unser Ansprechpartner ist der Bayerische Apothekerverband. Er hat eine spezielle Abteilung für Fragen, die die Kassen betreffen. Bei Problemen halten wir uns an deren Anweisungen."
Fazit: unausgegoren und ineffektiv.
Ergebnis: Zusammenfassend lässt sich festhalten: Diese Form der Rabattverträge bringt für die Kunden Nachteile und führt dazu, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Apotheken noch weniger Zeit für ihre eigentliche Aufgabe haben, nämlich die pharmazeutische Beratung der Patienten.
Dr. Sigrid JoachimsthalerMeinungen
Rabattierung: Rechtsberatung
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