Arzneimittel und Therapie

Hypnotika

Retardiertes Melatonin als Schlafmittel zugelassen

Bald kommt ein neues Schlafmittel auf den Markt: Jetzt wurde verzögert freigesetztes Melatonin unter dem Warenzeichen Circadin® in einer Dosis von 2 mg für die kurzfristige Behandlung von primärer Insomnie bei Patienten ab 55 Jahren von der Europäischen Kommission zugelassen, wie Nycomed bekannt gab.

Retardiertes Melatonin wird zur kurzfristigen Behandlung der primären Insomnie bei Patienten ab 55 Jahren angewendet, die unter einer schlechten Schlafqualität leiden. Primär bedeutet, dass die Insomnie keine erkennbare Ursache wie etwa medizinische, psychische oder umweltbedingte Faktoren hat.

In Studien zu primärer Insomnie bewirkte Melatonin eine Verbesserung der Schlafqualität, der nächtlichen Erholung sowie der Lebensqualität insgesamt. Gleichzeitig beeinflusste es Aufmerksamkeit, Fahrtüchtigkeit oder Erinnerungsvermögen nicht. Die empfohlene Dosis beträgt eine Tablette von 2 mg einmal täglich und wird ein bis zwei Stunden vor dem Zubettgehen und nach der letzten Mahlzeit eingenommen. Diese Dosis muss über drei Wochen eingenommen werden.

Circadin® ist ein verzögert wirkendes Melatoninpräparat. Das natürliche Hormon Melatonin wird von der Zirbeldrüse vor allem nachts produziert und spielt eine wichtige Rolle bei der Steuerung der zirkadianen Rhythmen und des Schlafs. Die Aktivität von Melatonin an den MT1-, MT2- und MT3-Rezeptoren soll Anteil an den schlaffördernden Eigenschaften haben da diese Rezeptoren (vorwiegend MT1 und MT2) an der Steuerung der zirkadianen Rhythmen und des Schlafes beteiligt sind. Mit zunehmendem Alter sinkt der endogene Melatoninspiegel, was einer der Gründe sein könnte, warum besonders Patienten über 55 Jahren über schlechten Schlaf klagen.

Die Circadin® -Tabletten setzen das Melatonin langsam über einige Stunden hinweg frei und sollen so die natürliche Produktion von Melatonin im Körper nachahmen. Dadurch wird bei Patienten mit primärer Insomnie ab 55 Jahren die Schlafqualität und die nächtliche Erholung gesteigert und das Einschlafverhalten verbessert.

Die Wirkungen von Melatonin wurden in drei Hauptstudien an insgesamt 681 Patienten über 55 Jahren mit primärer Insomnie untersucht. In den Studien wurde die Wirkung von Circadin® mit der eines Placebos verglichen.

Das retardierte Melatonin verbesserte die Schlafqualität und die Leistungsfähigkeit der Patienten am folgenden Tag wirksamer als das Placebo. Wenn die Ergebnisse aller drei Studien zusammengenommen betrachtet wurden, besserten sich bei 86 (32%) der 265 Patienten unter Melatonin die Symptome wesentlich, verglichen mit 51 (19%) der 272 Patienten, die ein Placebo einnahmen.

Nebenwirkungen: Reizbarkeit und Nervosität

Die häufigsten Nebenwirkungen des retardierten Melatonins waren Reizbarkeit, Nervosität, Rastlosigkeit, Insomnie, Alpträume, Migräne, psychomotorische Hyperaktivität, Schwindel, Somnolenz, Bauchschmerzen, Verstopfung, Mundtrockenheit, Hyperbilirubinämie, vermehrtes Schwitzen, Asthenie (Schwäche) und Gewichtszunahme.

Circadin® kann Schläfrigkeit verursachen. Daher muss es bei Menschen, bei denen dies ein Sicherheitsrisiko darstellen könnte, beispielsweise Menschen, die ein Fahrzeug lenken oder Maschinen zu bedienen haben, mit Vorsicht angewendet werden. Der Konsum von Alkohol ist vor, während und nach der Einnahme von Melatonin zu vermeiden.

Da Melatonin über das Cytochrom-P450-System abgebaut wird, sind zahlreiche Wechselwirkungen zu beachten.

Die Anwendung bei Patienten mit Leberproblemen wird nicht empfohlen, und bei Patienten mit Nierenproblemen ist Melatonin mit Vorsicht anzuwenden.

Markteinführung für Ende 2007 geplant

Nycomed will Circadin® in Belgien, den Niederlanden, Österreich, Griechenland, den baltischen Staaten, Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark, Island, der Schweiz, Luxemburg, Russland sowie den GUS-Staaten auf den Markt bringen. Die Markteinführung ist für das vierte Quartal 2007 vorgesehen.

Quelle

Circadin. Europäischer Öffentlicher Beurteilungsberichts (EPAR) des Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) Stand Mai 2007.

Pressemitteilung der Nycomed GmbH vom 6. Juli 2007.

hel
Steckbrief: Retardiertes Melatonin
Handelsname: Circadin
Hersteller: Nycomed, Konstanz
Einführungsdatum: Ende 2007
Zusammensetzung: 1 Tablette enthält 2 mg Melatonin. Weitere Bestandteile: Ammoniummethacrylat-Copolymer (Typ B), Calciumhydrogenphosphat-Dihydrat, Lactose-Monohydrat, hochdisperses Silicium- dioxid, Talkum, Magnesiumstearat (Ph. Eur.).
Stoffklasse: Hypnotika/Sedativa
Indikation: Zur Monotherapie für die kurzzeitige Behandlung der primären, durch schlechte Schlafqualität gekennzeichneten Insomnie bei Patienten ab 55 Jahren.
Dosierung: 2 mg einmal täglich, ein bis zwei Stunden vor dem Zubettgehen und nach der letzten Mahlzeit. Die Dosierung muss über drei Wochen aufrecht erhalten werden.
Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile.
Nebenwirkungen: Reizbarkeit, Nervosität, Rastlosigkeit, Insomnie, Alpträume, Migräne, psychomotorische Hyperaktivität, Schwindel, Somnolenz, Bauchschmerzen, Verstopfung, Mundtrockenheit, Hyperbilirubinämie, vermehrtes Schwitzen, Asthenie (Schwäche), Gewichtszunahme.
Wechselwirkungen: Wechselwirkungen zwischen Melatonin und anderen Wirksubstanzen infolge ihrer Wirkung auf die CYP1A-Enzyme sind möglich. Vorsicht ist geboten bei Patienten, die mit Fluvoxamin, 5- oder 8-Methoxypsoralen (5 und 8-MOP) und Cimetidin behandelt werden. Zigarettenrauchen kann die Melatoninspiegel aufgrund der Induktion von CYP1A2 senken. Östrogene können die Melatoninspiegel erhöhen, ebenso CYP1A2-Inhibitoren wie Quinolone. CYP1A2-Induktoren wie Carbamazepin und Rifampicin können die Plasmakonzentrationen von Melatonin reduzieren. Circadin darf nicht zusammen mit Alkohol eingenommen werden, da dieser die Wirkung von Circadin auf den Schlaf herabsetzt. Circadin kann die sedierenden Eigenschaften von Benzodiazepinen und von Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon verstärken.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen: Circadin kann Schläfrigkeit hervorrufen. Zur Anwendung von Circadin bei Personen mit Autoimmunerkrankungen liegen keine klinischen Daten vor, daher wird die Anwendung von Circadin hier nicht empfohlen.
Schlafstörung Retardiertes Melatonin wurde zur kurzfristigen Behandlung der primären Insomnie zugelassen. Die Aktivität von Melatonin an den MT1-, MT2- und MT3-Rezeptoren soll Anteil an den schlaffördernden Eigenschaften haben, da diese Rezeptoren an der Steuerung der zirkadianen Rhythmen und des Schlafes beteiligt sind.
Foto: DAK/Wigger
Melatonin
Eine klinisch-pharmakologische Bewertung.
Med Monatsschr Pharm 2004;27(2):39-48.

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