Arzneimittel und Therapie

Zervixkarzinom

Risikoerhöhung durch Kontrazeptiva

Die längere Einnahme oraler kombinierter Kontrazeptiva erhöht das Risiko, an einem Zervixkarzinom zu erkranken. Wie in einer Meta-Analyse der Oxford-Universität ermittelt wurde, steigt dieses Risiko mit der Dauer der Einnahme und sinkt nach Absetzen der Pille wieder ab.

Die Häufigkeit eines Zervixkarzinoms steigt mit dem Alter der Frau und der Dauer einer hormonellen empfängnisverhütenden Therapie an. In einer Untersuchung der Collaborative Group on Epidemiological Studies of Cervical Cancer wurde das Risiko genauer eingeschätzt. Dazu wurden 24 weltweite Kohorten- und Fall-Kontroll-Studien ausgewertet, in denen mehr als 16.000 Frauen mit und über 35.000 Probandinnen ohne Gebärmutterhalskrebs eingeschlossen worden waren. Anhand logistischer Regressionsanalysen wurde das relative Risiko, an einem Zervixkarzinom zu erkranken, in Abhängigkeit des Alters und der Dauer einer empfängnisverhütenden hormonellen Therapie ermittelt (weitere mögliche Risikofaktoren wurden ebenfalls berücksichtigt). Die Auswertung der Daten führte zu folgenden Ergebnissen:

  • Bei einer fünfjährigen Einnahme oraler Kontrazeptiva steigt das Zervixkarzinomrisiko um 90% (RR 1,9; 95% Konfidenzintervall 1,69-2,13).
  • In Industrieländern steigt durch die Einnahme der Pille zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr die kumulative Inzidenz für ein Karzinom am Gebärmutterhals bis zum Alter von 50 Jahren von 3,8 pro 1000 Frauen auf 4,5 pro 1000 Frauen.
  • In weniger entwickelten Ländern, in denen per se häufiger Zervixkarzinome auftreten, steigt die kumulative Inzidenz von 7,3 pro 1000 Frauen auf 8,3 pro 1000 Frauen an.
  • Nach Absetzten des Ovulationshemmers sinkt das Zervixkarzinomrisiko kontinuierlich ab. Nach zehn Jahren haben ehemalige Anwenderinnen oraler Kontrazeptiva dasselbe Risiko wie Frauen, die nie die Pille eingenommen hatten.
  • Diese Ergebnisse galten sowohl für invasive als auch für in-situ Karzinome. Auch die Infektion mit einem Hochrisiko-HP-Virus beeinflusste die ermittelten Karzinominzidenzen nicht auffallend.

Wie die längere Einnahme kombinierter Kontrazeptiva das Risiko erhöht, an einem Zervixkarzinom zu erkranken, ist nur ansatzweise bekannt. Die eigentliche Ursache für Gebärmutterhalskrebs ist eine Infektion mit onkogenen Varianten des humanen Papillomavirus (HPV). Einer Mutmaßung zufolge könnten Estrogene die Vermehrung der Viren in der Zervixschleimhaut fördern und die Bildung von Präkanzerosen begünstigen. So konnte experimentell gezeigt werden, dass Estradiol die mRNS-Transkription von HPViren stimuliert. Möglicherweise steigt unter der Einnahme von Ovulationshemmern das Krebsrisiko auch aufgrund einer vermehrten sexuellen Aktivität.

Kein Grund zum Absetzen

In einer Pressemitteilung erklären die Autoren, dass auf lange Sicht das zusätzliche Risiko für Gebärmutterhalskrebs durch die Reduktion des Risikos für Eierstock- und Endometriumkrebs mehr als ausgeglichen sei und dass diese Ergebnisse – trotz der kleinen Erhöhung des absoluten Risikos – Frauen nicht beunruhigen sollten. Angst vor Gebärmutterhalskrebs sei kein Grund, Ovulationshemmer abzusetzen.

Quelle

International Collaboration of Epidemiological Studies of Cervical Cancer: Cervical cancer and hormonal contraceptives: collaborative reanalysis of individual data for 16573 women with cervical cancer and 35509 women without cervical cancer from 24 epidemiological studies. Lancet 370, 1609 – 1621 (2007).

Sasieni P.: Cervical cancer prevention and hormonal contraception. Lancet 370, 1591-1592 (2007).

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
Der Gebärmutterhalskrebs ist der zweithäufigste Tumor der Frau und macht 5% aller weiblichen malignen Krebserkrankungen aus. Für die Erkrankung gibt es zwei Altersgipfel zwischen dem 35. und 50. und dem 65. bis 75. Lebensjahr. Ein Viertel der erkrankten Frauen ist jünger als 43 Jahre. Die Häufigkeit der Erkrankung ist stark von sozioökonomischen Faktoren und vom Kulturkreis abhängig. So ist etwa das Zervixkarzinom die häufigste Todesursache für 25- bis 64-jährige Frauen in Lateinamerika und in der Karibik.
Seit Einführung der Vorsorgeuntersuchungen ist die Inzidenz des Zervixkarzinoms stetig gefallen; die Häufigkeit präinvasiver Läsionen angestiegen.
Risikofaktoren für ein Zervixkarzinom sind:
  • HPV-Infektion (bei nahezu allen Zervixkarzinomen sind humane Papillomaviren nachweisbar)
  • häufiger Partnerwechsel
  • frühe sexuelle Kontakte
  • mangelnde Sexualhygiene (Beschneidung des Manns als protektiver Faktor)
  • Immundefekte, Immunsuppression, HIV
  • Zigarettenrauchen
  • Multiparität
  • niedriger sozioökonomischer Status
[Quelle: Berger, D.P., Engelhardt R. und Mertelsmann R. (Hrsg.): Das rote Buch. Hämatologische und internistische Onkologie. 3. Aufl. Verlag ecomed Landsberg 2006.]
Angst vor Gebärmutterhalskrebs Auf lange Sicht ist das zusätzliche Risiko für Gebärmutterhalskrebs durch die Reduktion des Risikos für Eierstock- und Endometriumkrebs ausgeglichen. Trotz einer geringen Erhöhung des absoluten Risikos sollten Frauen sich nicht beunruhigen lassen: Angst vor Gebärmutterhalskrebs sollte kein Grund sein, Ovulationshemmer abzusetzen.
Foto: DAK

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