Versand-Urteil: OLG legt Gründe vor

Frankfurt (ks). Auch ausländische Versandapotheken, die Arzneimittel nach Deutschland versenden, müssen sich an die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) halten. Dies hatte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main bereits am 29. November 2007 entschieden. In den erst jetzt vorliegenden Urteilsgründen legen die Richter dar, warum sie sich nicht der Meinung des OLG Hamm anschließen, das im November 2004 entschieden hatte, DocMorris müsse sich nicht an die deutschen Preisvorschriften halten.

OLG Frankfurt: Schutz vor Preiswettbewerb dient Erhalt der Versorgungsdichte

In seinem gegen die Europa Apotheek Venlo ergangenen Urteil setzen sich die Frankfurter Richter mit den Argumenten ihrer Kollegen aus Hamm auseinander. Diese vertraten seinerzeit die Auffassung, dass die AMPreisV nach dem Willen des Gesetzgebers für den grenzüberschreitenden Arzneimittelversand nicht gelten sollte. § 73 Abs. 1 Nr. 1 a Arzneimittelgesetz (AMG) regele lediglich, dass der Versand entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel erfolgen müsse; zu den Preisen der versandten Medikamente werde in der Vorschrift hingegen nichts gesagt. Der Gesetzgeber habe nach Zulassung des Arzneimittelversandhandels eine Erstreckung auf den grenzüberschreitenden Versandhandel erkennbar nicht für zwingend notwendig gehalten, um das bewährte deutsche Gesundheitssystem und die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu sichern. Selbst wenn man von einer grundsätzlichen Geltung der Preisbindung beim grenzüberschreitenden Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln ausgehen wollte, sah das OLG Hamm einen Verstoß gegen europarechtliche Normen (Art. 28, 30 EG) gegeben.

Diesen Argumenten folgt das OLG Frankfurt nicht. Vielmehr führt es aus, dass die deutschen Vorschriften zum Versandhandel im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG auch den § 11a Apothekengesetz umfassen, wonach der Versand aus einer Apotheke zusätzlich zum üblichen Apothekenbetrieb und nach den dafür geltenden Vorschriften erfolgen muss – mithin auch unter Beachtung der im üblichen Geschäftsbetrieb geltenden Festpreise nach der AMPreisV. Auch Sinn und Zweck der Verordnung sprechen aus Sicht der Frankfurter Richter für deren Anwendung im grenzüberschreitenden Versandhandel: "Sie will mit der Schaffung von Festpreisen verhindern, dass die hohe Versorgungsdichte selbst in ländlichen Gebieten durch Ausschluss eines – eventuell ruinösen – Preiswettbewerbs sichergestellt bleibt". Für die Gefährdung dieses Regelungszweckes spiele es keine Rolle, ob die Festpreise von einer Apotheke im In- oder Ausland unterboten würden. Schließlich sieht das OLG auch keinen Verstoß gegen übergeordnete europarechtliche Vorschriften. Insbesondere regelten die einheitlichen Apothekenpreise eine Verkaufsmodalität – um eine Maßnahme gleicher Wirkung wie die mengenmäßige Beschränkung (Art. 28 EG) handele es sich mithin nicht. Ihre Anwendung auf Arzneimittellieferungen ausländischer Versandapotheken an Verbraucher in Deutschland erschwere deren Marktzutritt im Verhältnis zu den deutschen Apotheken nicht. Vielmehr würden so lediglich Sondervorteile für ausländische Apotheken verhindert.

Überdies hält das OLG die einheitlichen Verkaufspreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gemäß Art. 30 EG für gerechtfertigt. Schließlich diene das Festpreissystem dem Zweck, eine ortsnahe Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu gewährleisten. Hierfür sei die Geltung der Arzneimittelpreisverordnung auch für den grenzüberschreitenden Handel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verhältnismäßig.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das OLG Frankfurt hat die Revision zugelassen. .

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