Fortbildungskongress

Fortschritte in der Therapie

Orlistat wird aus der Rezeptpflicht entlassen, und mit Dabigatran und Rivaroxaban gibt es zwei neue orale Antithrombotika. Laropiprant, Safinamid, Dapagliflozin und Tocilizumab befinden sich in der Phase III der klinischen Entwicklung und stehen kurz vor der Zulassung, wie Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz, Frankfurt, ausführte.

Orlistat wird frei verkäuflich

Orlistat ist keine neue Substanz. Der Lipasehemmer verhindert die Aufspaltung der Fette im Darm, und diese werden unverdaut wieder ausgeschieden. Unter dem Warenzeichen Xenical® ist es bei uns schon seit Längerem zur Behandlung der Adipositas auf dem Markt.

Jetzt soll Orlistat in einer niedrigen Dosierung von dreimal täglich 60 mg freiverkäuflich werden. Damit komme den Apotheken demnächst eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der Fettleibigkeit zu, das sei "eine historische Chance", sagte Schubert-Zsilavecz.

Oraler Thrombininhibitor Dabigatran

Erst vor Kurzem wurde der direkte orale Thrombininhibitor Dabigatran (Pradaxa®, Firma MSD) zur Antikoagulation nach Operationen eingeführt. Er ist zur Thromboembolie-Prophylaxe nach Knie- und Hüftgelenkersatz zugelassen. Ximelagatran, der erste Vertreter dieser Wirkstoffklasse, musste wegen lebenschädigender Wirkungen wieder vom Markt genommen werden.

Das Prodrug Dabigatranetexilat wird sehr schnell vom Körper in den Wirkstoff Dabigatran umgewandelt. Dabigatran wird nicht in der Leber verstoffwechselt und zu 85% über die Nieren ausgeschieden, die Halbwertszeit liegt zwischen zwölf und 14 Stunden.

Dabigatran wurde weltweit bei mehr als 27.000 Patienten untersucht und hat bis jetzt kein leberschädigendes Potenzial gezeigt. "Vorsicht ist dennoch geboten", sagte Schubert-Zsilavecz.

Oraler Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban

Ebenfalls zur Thromboseprophylaxe nach Operationen wird der orale Faktor-Xa-Inhibitor Rivaroxaban (vorgesehener Handelsname Xarelto®, Firma Bayer) entwickelt.

Rivaroxaban ist gut steuerbar und wurde bisher zur Prävention thromboembolischer Ereignisse nach einer Kniegelenkersatz-Operation eingesetzt. Die Tagesdosis beträgt 10 mg. Rivaroxaban könnte dem bisherigen Standard Enoxaparin überlegen sein: In der Phase-III-Studie RECORD wurden 2531 Patienten behandelt. Hier konnte Rivaroxaban das Risiko für tödliche und nicht tödliche Lungenembolien senken. 9,7% der Patienten unter Rivaroxaban erlitten ein derartiges Ereignis, unter der Standardtherapie mit 40 mg Enoxaparin waren es 18,9%.

Laropiprant gegen das Flush-Syndrom

Laropripant (vorgesehener Handelsname Cordaptive®) eine Entwicklung der Firma MSD, wird eingesetzt, um das Flush-Syndrom zu verhindern, das als Begleiterscheinung bei der Therapie von Fettstoffwechselstörungen mit Nicotinsäure auftritt. Dadurch soll Laropiprant diese Therapie besser verträglich machen und die Compliance erhöhen.

Das Flush-Syndrom entsteht als Nebenwirkung der Nicotinsäure durch die Freisetzung von Prostaglandinen. Laropiprant wirkt als Antagonist am Prostaglandin-Rezeptor vom Typ D1 und verhinderte in verschiedenen Tiermodellen und Untersuchungen am Menschen die durch Niacin induzierte Gefäßerweiterung.

Der neue Wirkstoff wird oral appliziert, hat eine Bioverfügbarkeit von über 90% und wird durch CYP3A4 abgebaut.

Neu bei Parkinson: Safinamid

Safinamid von Merck-Serono ist ein neuer Wirkstoff zur Behandlung des Morbus Parkinson. Safinamid interagiert präsynaptisch mit spannungsabhängigen Natrium- und Calciumkanälen und wirkt dadurch multimodal: Es hemmt die Dopamin-Wiederaufnahme, vermindert die Glutamat-Freisetzung und hemmt die Monoaminoxidase (MAO) vom Typ B.

Safinamid wurde in der Motion-Studie in einem frühen Stadium der Parkinson-Erkrankung zusätzlich zu Dopaminagonisten erprobt. Möglicherweise ist es auch zur Behandlung der Epilepsie und des Restless-Legs-Syndroms geeignet.

Dapagliflozin bei Typ-2-Diabetes

Dapagliflozin (Bristol-Myers-Squibb und AstraZeneca) hemmt das Natrium-Glucose-Kotransportprotein 2 (SGLT2) und wird zur Therapie des Diabetes mellitus eingesetzt. Das Transportprotein sorgt dafür, dass Glucose in den Nieren rückresorbiert wird. Dapagliflozin hemmt es mit hoher Selektivität und fördert so die Glucoseausscheidung.

Bisher wurde die neue Substanz zur Monotherapie und in Kombination mit Metformin in Phase III der klinischen Prüfung erprobt. Die Studienergebnisse aus Phase I und II sind noch nicht publiziert, weshalb derzeit die Gefahr von Hypoglykämien nicht beurteilt werden kann.

Tocilizumab gegen rheumatoide Arthritis

Der monoklonale Antikörper Tocilizumab (vorgesehener Handelsname Actrema®) richtet sich gegen den Interleukin-6-Rezeptor.

Interleukin 6 ist eines der wichtigsten Zytokine, die am Entzündungsprozess beteiligt sind. Seine Zulassung zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis ist beantragt, außerdem ist der Einsatz zur Behandlung anderer entzündlicher Erkrankungen wie der Psoriasis und chronisch entzündlicher Darmerkrankungen denkbar.

Tocilizumab wird alle vier Wochen infundiert. Die wichtigsten Nebenwirkungen sind Infektionen der Atemwege, eine Nasopharyngitis sowie Kopfschmerzen.


hel

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