Arzneimittel und Therapie

Behandlung mit Antazida: step up oder step down?

Zwar gibt es Leitlinien zur Behandlung säurebedingter Magenbeschweren, die darin beschriebenen Therapieschemata wurden allerdings noch nicht unter Kostengesichtspunkten betrachtet. Dabei hat die Abfolge der gegen Verdauungsstörungen verabreichten Medikamente auch Konsequenzen für die Kosteneffektivität, so das Ergebnis der holländischen Diamond-Studie, die zwei Vorgehensweisen hinsichtlich Effekt und Kosten verglich: Es wurde entweder mit einem Antazidum begonnen oder mit einem Protonenpumpenhemmer.
Dyspeptische Beschwerden In der Primärversorgung ist eine weiter gefasste ­Dyspepsiedefinition, die auch Sodbrennen und das Wiederhochkommen von Speisen in den Mund einschliesst, zu bevorzugen. Diese Patienten sollten für vier bis acht Wochen einen Protonenpumpeninhibitor erhalten.
Foto: Klosterfrau

Bei neu aufgetretener Dyspepsie zeigten beide Therapieschemata hinsichtlich Effekt ähnliche Behandlungserfolge. Aber die Kosten waren in der Step-down-Gruppe höher, wenn teure Originalpräparate eingesetzt wurden. Wurden die Kosten auf Basis von Generika berechnet, gab es keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Behandlungskosten.

Stufenweise Therapie bei Magenschmerzen

In der auf der medizinischen Grundversorgung basierenden, randomisierten kontrollierten Diamond-Studie wurden 664 Patienten im Alter über 18 Jahren, die auf Grund neu einsetzender Verdauungsstörungen ihren Hausarzt konsultierten, zwei verschiedenen Behandlungsgruppen zugeordnet. Eine Gruppe (341 Patienten) wurde gemäß der sogenannten Step-up-Strategie behandelt, das heißt die Therapie erfolgte schrittweise zunächst mit Antazida, danach mit H2 -Rezeptoren-Blockern und schließlich mit Protonenpumpeninhibitoren. Die andere Gruppe (323 Patienten) wurde nach der Step-down-Methode behandelt: Sie erhielt die vorgenannten Medikamente in umgekehrter Reihenfolge. Jeder Behandlungsschritt dauerte vier Wochen und die Therapie wurde nur dann mit dem nächsten Schritt fortgesetzt, wenn die Symptome anhielten oder innerhalb von vier Wochen erneut einsetzten. Primäre Zielparameter waren Beschwerdefreiheit und Kosteneffektivität nach sechs Monaten. Dabei wurden als Dyspepsie Schmerz oder Unbehagen im Epigastrium definiert, die von Symptomen wie Regurgitation, Sodbrennen, Übelkeit oder Blähungen begleitet sein konnte.

Kostenunterschied bei Generika nicht signifikant

Die Forscher stellten fest, dass der Behandlungserfolg in beiden Gruppen zwar gleichauf lag (72% bei der Step-up-Therapie, 70% bei der Step-down-Therapie), die mittleren Gesamtbehandlungskosten in der Step-up-Gruppe jedoch rund 7,5% niedriger ausfielen als in der Step-down-Gruppe (426 Euro gegenüber 460 Euro). Verantwortlich für diese Differenz waren laut Autoren vor allem unterschiedliche Arzneimittelausgaben in den beiden Behandlungsgruppen. Allerdings merken die Forscher selbst an, dass die Differenz der Gesamtbehandlungskosten nicht mehr signifikant ist, wenn die Berechnung auf Basis von Generika anstatt von Originalpräparaten erfolgt. Da jedoch gerade in diesem Indikationsgebiet eine Vielzahl von Nachahmerpräparaten zur Verfügung steht, stellt eine kostengünstige Generikatherapie kein Problem dar. Mit 28% bzw. 29% war der Anteil der Patienten, die von Nebenwirkungen berichteten in beiden Gruppen identisch. Dabei handelte es sich um milde Verdauungsstörungen, Durchfall, Verstopfung oder Geschmacksirritationen.

Kaum Einfluss auf die medizinische Praxis

Trotz der interessanten Fragestellung ist der gewählte Zielparameter kritisch zu hinterfragen. Da die Patienten lediglich angaben, ob ihre Beschwerden persistieren oder nicht, ist keine Aussage über den Schweregrad der Symptome möglich. Patienten, die an leichten Magenbeschwerden litten, gingen mit der selben Gewichtung in das Endergebnis ein wie Patienten mit schweren Verdauungsstörungen. In einem studienbegleitenden Kommentar bemerkt Dr. Sander Veldhuyzen van Zanten von der University of Alberta zudem, die Step-down-Strategie sei realitätsfremd: Nachdem Protonenpumpenhemmer die stärksten Magensäureblocker darstellen, würde man diese bei Therapieversagen in der medizinischen Praxis üblicherweise kaum durch die schwächer wirksamen H2 -Inhibitoren oder Antazida ersetzen. Vielmehr läge der Verdacht nahe, dass die Magenbeschwerden gar nicht säurebedingt sind. Aus Expertensicht sind die vorliegenden Daten der Diamond-Studie zwar recht interessant, die gängige medizinische Praxis werden sie aber wohl kaum beeinflussen.

 

 

Quelle

 van Marrewijk, CJ.; et al.: Effect and cost-effectiveness of step-up versus step-down treatment with antacids, H2 -receptor antagonists, and proton pump inhibitors in patients with new onset dyspepsia (Diamond study): a primary-care-based randomised controlled trial. Lancet 2009; 373: 215-324

 Veldhuyzen van Zanten, S.: Dyspepsia and reflux in primary care: rough diamond of a trial. Lancet 2009; 373: 186-188.

 

 

Apotheker Dr. Andreas Ziegler

 

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