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Arzneimittel und Therapie
Kardiale Toxizitäten berücksichtigen
Chemotherapien können das Herz schädigen. Der klassische Fall sind anthracyclinhaltige Behandlungsprotokolle, die unter anderem beim Mammakarzinom eingesetzt werden. Aber auch zielgerichtete Substanzen besitzen ein kardiotoxisches Potenzial, das vor allem in Kombination mit Anthrazyklinen ansteigt. Während das kardiotoxische Potenzial der Anthrazykline bekannt und relativ gut einschätzbar ist, kann das Ausmaß kardiovaskulärer Langzeitfolgen nach der Gabe zielgerichteter Substanzen noch nicht genau eingestuft werden. Hinzu kommt, dass immer mehr jüngere Frauen über einen zunehmend längeren Zeitraum behandelt werden. Zielgerichtete Substanzen – beim Mammakarzinom sind es vor allem Trastuzumab (Herceptin®), Lapatinib (Tyverb®) und Bevacizumab (Avastin®) – hemmen nämlich nicht nur die pathologisch überaktivierten, sondern auch physiologisch notwendige Signalwege und können so unerwünschte Wirkungen hervorrufen. Eine Beeinflussung der Signalwege am Herzen und an den Gefäßen kann zu folgenden Komplikationen führen:
- Arrhythmien
- Hypertension
- Thromboembolien
- kardiale Dysfunktionen
- Induktion einer Herzinsuffizienz
Akute und späte Toxizitäten
Kardiale Dysfunktionen können
- akut, das heißt während oder kurz nach der Therapie, und
- verzögert nach monate- oder jahrelanger Beendigung der Behandlung auftreten.
Die akute Dysfunktion kann wiederum reversibel oder irreversibel sein. Die unter einer Therapie mit Trastuzumab beobachteten kardialen Dysfunktionen sind in rund 80% aller Fälle reversibel und werden prognostisch günstig eingestuft. Kardiale Toxizitäten unter Anthrazyklinen – beim Mammakarzinom werden vor allem Doxorubicin und Epirubicin eingesetzt – treten vorwiegend verzögert auf und besitzen eine schlechte Prognose. Wahrscheinlichkeit und Ausmaß einer Herzschädigung hängen vom erzeugten oxidativen Stress ab. Sowohl Anthrazykline als auch Trastuzumab und Bevacizumab erhöhen den oxidativen Stress am Herzen. Kommen weitere Risikofaktoren wie Alter, bereits vorliegende Herzschäden oder bereits erfolgte Therapien mit kardiotoxischen Wirkstoffen, Diabetes oder Hypertonie hinzu, kann dies zu einer gestörten myofibrillären Organisation, einer frühzeitigen Apoptose der Myozyten und zu einer irreversiblen Nekrose der Herzzellen führen. Geht die kardiale Dysfunktion durch den Zellverlust in eine Kardiomyopathie über, ist der Schaden progressiv und irreversibel.
Entscheidungskriterien
Entscheidungskriterien
aus kardiologischer Sicht:
Welches kardiovaskuläre Basisrisiko hat der Patient?
Entscheidungskriterien
aus onkologischer Sicht:
Benötigt der Patient eine Chemotherapie?
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Erkennen von Risikopatienten
Um irreversible Schäden zu verhindern, ist ein frühzeitiges Erkennen der Risikopatienten erforderlich. Neben der Berücksichtigung der oben erwähnten Risikofaktoren sollten folgende Parameter regelmäßig überprüft werden: Gewicht, Bildung von Ödemen, Dyspnoe unter Belastung, nächtliche Atemnot, Herztöne. Liegen Anzeichen für eine kardiale Dysfunktion vor, ist die Bestimmung spezifischer Biomarker (Kreatinin-Kinase und Troponin) angezeigt. Im Bedarfsfall ist zur Verlaufskontrolle der linksventrikulären Ejektionsfraktion und der Ventrikelmotilität eine Echokardiographie durchzuführen.
Die Risikoeinstufung muss bei der Auswahl einer Chemotherapie berücksichtigt werden; gegebenenfalls wird ein anthracyclinfreies Schema oder ein liposomales Anthracyclin ausgewählt. In jedem Fall muss die Wirksamkeit der Therapie gegen ihre mögliche Kardiotoxizität abgewogen werden. Dies wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen, da vermehrt zielgerichtete Substanzen eingesetzt werden. Je mehr Signalwege gehemmt werden (Multi-Targets), umso größer ist die Wahrscheinlichkeit kardiovaskulärer Nebenwirkungen.
QuelleProf. Dr. Thomas Suter, Bern: "Kardiotoxizität – wird die Onkologie kardiologisch?", Frankfurt, 15. November 2008, im Rahmen des 9. Frankfurter interaktiven Fortbildungsseminars "Therapie des Mammakarzinoms – Anspruch und Realität", veranstaltet von der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt.Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
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