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- DAZ 16/2010
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Arzneimittel und Therapie
Blut im Stuhl – Krebsverdacht bis zum Beweis des Gegenteils
Auf Befragen berichten rund drei Prozent der Bevölkerung, in den vergangenen sechs Monaten Blut in der Toilettenschüssel gesehen zu haben, 12 bis 15% geben an, Blut am Toilettenpapier bemerkt zu haben. Sehr häufig wird dies auf Hämorrhoiden zurückgeführt, was jedoch ein gefährlicher Trugschluss sein kann. Denn "Blut im Stuhl" kann ebenso eine maligne Erkrankung bis hin zu einem kolorektalen Karzinom anzeigen und muss deshalb als Befund immer sorgfältig abgeklärt werden. Bei der diagnostischen Untersuchung zeigt sich in 4% der Fälle tatsächlich ein Karzinom als Ursache und bei gesunden Männern, die sich nicht wegen Blut im Stuhl beim Arzt vorstellen, sondern dieses Symptom praktisch en passant bei der Anamnese angeben, hat der Befund einer rektalen Blutung einen mit 8% hohen prädiktiven Wert für eine rektosigmoidale Neoplasie. Dennoch suchen den Erhebungen zufolge nur 14% der Menschen, die eine minimale hellrote Blutung aus dem Rektum bemerken, deshalb einen Arzt auf.
Der Befund "Blut im Stuhl" ist Ausdruck einer Blutung aus dem unteren Gastrointestinaltrakt distal des Treitz‘schen Bandes, wobei eine akute Hämatochezie per definitionem weniger als drei Tage anhält und mit Kreislaufbeeinträchtigungen oder einer akuten Anämie einhergeht, während die chronische Blutung durch einen langsamen Blutverlust über mehrere Tage definiert ist und zum Teil auch mit okkulten Blutungen einhergehen kann. Als besonders verdächtiger Befund, der dringend der Abklärung bedarf, gilt dunkles oder gar schwarzes Blut auf dem Stuhl oder mit diesem vermischt und das insbesondere, wenn begleitend Schleimbeimengungen zu beobachten sind oder Veränderungen der Stuhlgewohnheiten.
Nicht immer Hämorrhoiden als Blutungsursache
Sehr häufig liegt der unteren gastrointestinalen Blutung tatsächlich eine hämorrhoidale Komplikation zugrunde, was sich schon daraus ergibt, dass Hämorrhoiden bei rund 70 bis 80% der Menschen im Verlaufe ihres Lebens auftreten. Das aber darf nicht dazu führen, vorschnell auf ein Hämorrhoidalleiden zu schließen, denn das Symptom "Blut im Stuhl" kann vielfältige andere Ursachen haben. Es kann Folge einer Analfissur oder Analrhagade sein, auf eine dermatologische Erkrankung im Analbereich zurückgehen oder durch eine Divertikelkrankheit oder eine chronisch entzündliche Darmerkrankung bedingt sein. Die Ursache kann ferner in einer ischämischen Kolitis liegen, es kann eine vaskulär bedingte Blutungsquelle, also eine Angiodysplasie oder eine andere Gefäßmalformation vorliegen und es muss bis zum Beweis des Gegenteils praktisch immer auch der Verdacht auf eine Kolonneoplasie bestehen bleiben.
Dies gilt auch, wenn bereits bei einem Patienten ein Hämorrhoidalleiden bekannt ist. Denn Hämorrhoiden sind bei 70% der über 30-Jährigen nachzuweisen und schließen im Fall des Falles keineswegs ein malignes Geschehen im Darm aus. Daher muss praktisch jede Blutung im unteren Gastrointestinaltrakt eine endoskopische Diagnostik nach sich ziehen, um ein potenzielles Karzinom oder entsprechende Vorstufen frühzeitig entdecken und entfernen zu können.
Rektale Blutungen – Vorsicht Karzinomverdacht
Dies unterstreicht das Ergebnis einer prospektiven koloskopischen Untersuchung bei Patienten mit Hämatochezie und niedrigem oder durchschnittlichem Risiko für ein Kolonkarzinom: Bei 8% der insgesamt 180 Studienteilnehmer unter 45 Jahren wurden Polypen im Darm als Karzinomvorstufe gefunden. Bei den 237 Teilnehmern über 45 Jahren lag dieser Prozentsatz bereits bei 26%. Umgekehrt war das Verhältnis bei der Divertikulitis, die bei keinem der jüngeren, aber bei 19% der älteren Patienten als Blutungsursache dingfest gemacht wurde.
Dass rektale Blutungen ein direkter Hinweis auf ein Kolonkarzinom sein können, unterstreicht eine Untersuchung bei 319 Patienten mit entsprechender Symptomatik, bei denen in 3% der Fälle ein Karzinom festgestellt wurde. Von einem erhöhten Risiko für ein kolorektales Karzinom ist dabei generell jenseits des 50. Lebensjahres auszugehen und als Alarmsignal gelten Angaben einer positiven Familienanamnese sowie Berichte über veränderte Stuhlgewohnheiten und/oder einen ungewollten Gewichtsverlust sowie Befunde wie eine Anämie, ein positiver Hämocult-Test oder eine palpable rektale Raumforderung. Ganz unabhängig davon raten die Proktologen nicht nur zu der Früherkennungs-Koloskopie ab dem 55. Lebensjahr, sondern auch dazu, sich regelmäßig einmal pro Jahr digital rektal beim Hausarzt untersuchen zu lassen, da rund 20% der malignen Veränderungen im Rektum so zu erfassen sind.
Quelle Prof. Dr. Andreas Stallmach, Jena; Prof. Dr. Andreas Sieg, Heidelberg; Prof. Dr. Heinz J. Buhr, Berlin: 4. Symposium Koloproktologie für den Internisten "Blut im Stuhl – immer wieder die Hämorrhoiden?", 9. April 2010, im Rahmen des 116. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden, veranstaltet von der Dr. Falk Pharma GmbH, Falk Foundation e.V., Freiburg.
Medizinjournalistin Christine Vetter
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