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Aus Kammern und Verbänden
Apothekenbesichtigung einmal anders
Eigenherstellung in jeder deutschen Apotheke? Salben, Kapseln, Säfte, Augentropfen – das fand durchaus Beachtung bei den ausländischen Kolleginnen, weil es bei ihnen längst nicht mehr an der Tagesordnung ist. In den Niederlanden ist die Rezeptur "ausgesourct" – die Herstellung erfolgt nur noch in wenigen Apotheken. Eine Belieferung des Patienten am selben Tag ist daher fast ausgeschlossen.
Beispiel Niederlande
Trotz des Zusammenwachsens in Europa gibt es doch große Unterschiede in den Apotheken. Auch die Rezeptbelieferung mit Fertigarzneimitteln unterscheidet sich stark. Während in England "Zur-Wiederholung"-Rezepte üblich sind und Apotheker sogar verschreiben dürfen, ist in den Niederlanden zumindest die Verordnung für einen längeren Zeitraum (bis ein Jahr) auf einem Rezept möglich. Die Rezepte werden in den Niederlanden häufig elektronisch übermittelt: vom Arzt direkt in die Apotheke des Patienten (die meisten Versicherten sind bei einer Art Hausapotheke eingeschrieben). Wird ein Rezept außerhalb der Öffnungszeiten in der Notdienst habenden Apotheke eingelöst, muss eine Kopie des Rezepts an die Hausapotheke des Patienten gefaxt werden. So hat der Hausapotheker zu jeder Zeit die gesamte Medikationshistorie vorliegen und kann Interaktionen besser beurteilen. Zu möglichen Interaktionen des Arzneimittels müssen vor der Abgabe Vermerke ins System eingegeben werden, die dem Arzt elektronisch übermittelt werden.
Monique Kappert aus Utrecht berichtete: "In den Niederlanden müssen auf jeder Packung Name, Geburtstag und Adresse des Patienten sowie die Dosierung vermerkt werden. Wenn der Patient das Medikament zum ersten Mal erhält, wird bei uns ein ausführliches Gespräch in einem Beratungsraum geführt." Auch in England werden die Patientendaten mittels eines Aufklebers auf die Packung aufgebracht.
Einsatz ohne Pause
Interessant war die Frage von Anita White, Cardiff, "ob man als Apotheker in Deutschland auch mal eine Pause hat". In England ist es – insbesondere in den Kettenapotheken – nicht mehr üblich, mehr als einen Apotheker zu beschäftigen. Da Rezepte aber nur von einem Apotheker beliefert werden dürfen, ist es zurzeit alltägliche Praxis, dass Apotheker einfach ohne Pause arbeiten müssen. Das Arbeitspensum eines englischen Kollegen liegt bei 200 bis 300 Rezepten pro Tag – neben der Dokumentation und allem, was zur Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen einer Apotheke nötig ist.
Weder in den Niederlanden noch in Großbritannien gibt es gesetzliche Begrenzungen für das Warensortiment der Apotheken. Wie Dr. Christine Heading, Ruislip, berichtete, präsentieren viele englische Apotheken im Eingangsbereich Schuhe, Regenschirme und Sonnenbrillen und erinnern stark an Drogerien.
Probleme gemeinsam lösen
Bei allen nationalen Unterschieden hat der Kostendruck auch zu vielen Gemeinsamkeiten geführt: Durch Rabattverträge verunsicherte und unzufriedene Kunden, andere Beschränkungen bei der Arzneimitteltherapie, Preisdiskussionen, Preiskämpfe und sinkende Margen waren Themen, über die die Kolleginnen aus allen Ländern ihr Leid klagten. Dieser Informations- und Meinungsaustausch war sehr wichtig. Denn nur wenn man weiß, welche Sorgen die Kollegen im europäischen Ausland plagen, kann man gemeinsam an einem Strick ziehen und mit vereinten Kräften gegen gemeinsame Probleme vorgehen.
Einen großen Dank an Frau Kalb und ihr Team, die dieses spannende Treffen in ihrer Apotheke, einer der ältesten Wiesbadens, ermöglicht hat!
Martina Hahn, Steinbach
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