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DAZ aktuell
Standardisiert, qualitätsgesichert und hoffentlich honoriert
Die erste Fassung des LeiKa entstand aufgrund einer Initiative aus dem Apothekerverband Sachsen-Anhalt. Sie wurde gemeinsam mit den Apothekerverbänden Niedersachsen, Schleswig-Holstein und bald auch Nordrhein entwickelt. Die Arbeiten waren eine Reaktion auf die ersten Hausapothekenverträge, die 2003 abgeschlossen wurden. Vor diesem Hintergrund entstand der Gedanke, Leistungen der Apotheken zu standardisieren, um sie den Krankenkassen in Verhandlungen anbieten, bei der Durchführung bestimmte Qualitätsanforderungen gewährleisten und sie letztlich auch abrechnen zu können.
Im Jahr 2007 wurde auch in der Apothekerkammer Baden-Württemberg beschlossen, einen Katalog mit standardisierten Apothekenleistungen zu formulieren. Ein besonderer Hintergrund für die Kammer war dabei, die Weiterbildung in die Praxis einbringen zu können. Es sollte deutlich werden, welchen Nutzen Weiterbildungsinhalte wie die Ernährungsberatung im Apothekenalltag bringen können.
Da beide Projekte auf einen standardisierten Leistungskatalog zielten, wurden sie vor zwei Jahren auf ABDA-Ebene verknüpft. Beteiligte weisen auf die Besonderheit einer solchen gemeinsamen Arbeit von Apothekerkammern und -verbänden hin. Es soll zunächst durchaus Vorbehalte gegeben haben. Doch das Projekt tangiert beide Organisationen wie kaum ein anderes, denn es geht sowohl um die Qualitätssicherung als auch um die wirtschaftliche Verwertung der Leistungen. Daher wurde vor einem Jahr ein gemeinsamer Arbeitskreis gegründet, der Leistungsmonographien erarbeitet, diskutiert und auch bereits verabschiedet hat.
Der Konsens
Mathias Arnold, Vorsitzender des Apothekerverbandes Sachsen-Anhalt und einer der Mitautoren der Urfassung, betrachtet den Konsens innerhalb der ABDA als entscheidend für die Zukunft des LeiKa. Neben Arnold sind weitere "Urautoren" des LeiKa in dem Ausschuss vertreten, wie Gert Fiedler, stellvertretender Vorsitzender des Apothekerverbandes Sachsen-Anhalt. Unter den Vertretern von Apothekerkammern im Ausschuss befindet sich neben ABDA-Vizepräsident Friedemann Schmidt auch Dr. Hans-Ulrich Plener, Vorstandsmitglied der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg und der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover, der die Erfahrungen aus Baden-Württemberg einbringt. Plener betont, dass die Leistungen apothekengerecht formuliert und konform zu den Vorschriften der Überwachungsbehörden und zu den Qualitätssicherungsleitlinien der Bundesapothekerkammer sind. Es existiere nun ein verbindlicher Katalog für die gesamte Apothekerschaft. Für Plener ist das "umgesetztes Qualitätsdenken". Dabei dränge sich die Idee auf, künftig apothekenübliche Leistungen zu definieren und auch zu schützen. Diese könnten analog zu apothekenüblichen Waren in der Apothekenbetriebsordnung beschrieben werden.
Das Ergebnis
Der erste bundesweite LeiKa wurde kürzlich verabschiedet und zum Deutschen Apothekertag vorgelegt. Er umfasst nahezu 50 Leistungsmonographien. Dazu gehören Bestimmungen physiologischer Parameter und anderer Messwerte, z. B. Blutdruck, Blutzucker, Cholesterol und Peak-Flow. Als arzneimittelbezogene Leistungen werden Beratungen rund um Arzneimittel angeboten. Dabei kann es um die Anleitung zur richtigen Anwendung eines einzelnen Arzneimittels oder um das Erstellen eines Berichtes über die komplette Medikation eines Patienten gehen. Hinzu kommen Beratungsleistungen, die vom jeweils verordneten Arzneimittel unabhängig sind, beispielsweise zur Raucherentwöhnung oder Ernährung oder die Reiseberatung. Weitere Angebote beziehen sich auf die Versorgung im häuslichen Umfeld. Die Monographien sind jeweils in folgende Abschnitte gegliedert:
- Beschreibung des Umfanges,
- Regelzeitvolumen,
- Personal (Qualifikation),
- Grundlagen für die Leistungserbringung (z. B. Verweise auf Leitlinien und andere Regelwerke),
- apparative Voraussetzungen und
- ergänzende Informationsquellen (z. B. Literaturhinweise).
Die Leistungsmonographien wurden in der Praxis erprobt. Die klaren Definitionen in den Monographien sind eine wichtige Voraussetzung, um die Qualität der erbrachten Leistungen zu gewährleisten und transparent zu machen. So wird in den Apotheken deutlich, welche Voraussetzungen hinsichtlich Geräteaufwand, Personal und Schulung erbracht werden müssen. Und die Leistungen werden einer Qualitätssicherung zugänglich. Sie können in ein Qualitätsmanagementsystem eingebunden werden. Außerdem wird es möglich, den Nutzen der Leistungen zu bewerten und sie gegen Entgelt anzubieten.
Arnold sieht dabei zwei Zielrichtungen. Einige Leistungen könnten die Apotheken ihren Patienten direkt anbieten und dafür ein Leistungshonorar berechnen. Typische Beispiele sind Messungen und Reiseberatungen. Andere Inhalte könnten den Krankenkassen als künftige Vertragsbestandteile angeboten werden. Solche Verhandlungen würden jetzt anlaufen. Doch die bundesweite Fassung des LeiKa ist neu und "man soll ein Produkt erst anbieten, wenn man es hat", erklärt Arnold.
Die Konsequenzen
Ein Beispiel für eine Leistung, die auf Krankenkassen zielt, ist das Medikationsgespräch, das erst kürzlich aufgrund eines Vorbildes aus der Schweiz in das LeiKa-Projekt aufgenommen wurde. Dabei geht es darum, das Verständnis des Patienten für seine Medikation zu stärken, seine gesamte Medikation auf Interaktionen und individuelle Unverträglichkeiten zu prüfen, praktische Probleme zu lösen und letztlich die Compliance zu stärken. Arnold betont: "Das ist nicht mit 8,10 Euro abzüglich Rabatt abgegolten, denn es geht nicht um ein Arzneimittel, das gerade abgegeben wird, sondern um die ganze Tüte, die jemand mitbringt." Doch für die Krankenkasse könne sich eine solche Leistung wirtschaftlich lohnen, erklärt Arnold auch mit Blick auf den jüngsten Deutschen Apothekertag. Denn dort wurde betont, dass eine größere Therapietreue die Therapieergebnisse oft mehr verbessern kann als eine Arzneimittelinnovation, die vielleicht unregelmäßig oder falsch eingenommen wird.
Die klaren Beschreibungen der Leistungen sind zudem eine Voraussetzung für die Kalkulation angemessener Entgelte. Dazu enthält der LeiKa Kalkulationshilfen, insbesondere Erfahrungswerte für die erforderliche Zeit und Vorgaben für die Qualifikation des Ausführenden. So lassen sich Honorare begründen und gegenüber den Kunden vertreten. Die betriebswirtschaftlichen Betrachtungen im LeiKa richten sich aber auch an die Apotheker selbst. Denn nach Einschätzung von Plener machen sie den Wert der Leistungen deutlich, die nicht für Marketingzwecke als kostenloser Service verschleudert werden sollten. Denn für die Quersubventionierung biete die Arzneimittelpreisverordnung nicht genügend Spielraum.
Dies alles zielt letztlich auf die Idee, dass Leistungen in der Apotheke mit der Abgabe eines Arzneimittels im Zusammenhang stehen können, aber nicht unbedingt müssen. Apotheker können auch Leistungen erbringen, die von der Logistik unabhängig sind. Vorbehalte oder Ängste, der Apotheker werde in der Zukunft nur noch für Leistungen bezahlt, sind dagegen nach Einschätzung von Plener nicht angebracht. "Diese Ängste sollten wir beiseite legen, denn das Arzneimittel wird weiter im Zentrum der apothekerlichen Leistungen stehen", so Plener. Doch andererseits könne es vielleicht auch einmal möglich sein, für das Abraten von einem Arzneimittel honoriert zu werden.
Die Zukunftsperspektiven
Da die erste bundesweite Fassung des LeiKa erst kurz vor dem Deutschen Apothekertag verabschiedet wurde, stehen noch keine gedruckten Exemplare zur Verfügung. Die Verbände und Kammern werden die Verbreitung des LeiKa organisieren. Für ausführliche Anlagen zum LeiKa ist eine CD vorgesehen. Der LeiKa ist nicht als abschließende Fassung gedacht, sondern auf Erweiterung angelegt. Von Kammern und Verbänden wird übereinstimmend deutlich gemacht, dass sie die Arbeit weiter unterstützen. Der Arbeitskreis ist darauf ausgerichtet, weitere Leistungen zu beschreiben und den LeiKa zu ergänzen.
Auf dem Deutschen Apothekertag stand der junge bundesweite LeiKa noch nicht im Zentrum der Betrachtung, doch er war als ein Baustein einer größeren berufspolitischen Entwicklung zu erkennen. Dazu gehören die Herausforderung durch die zu erwartende große Zahl multimorbider Patienten im hohen Alter, die Chance auf besser wirksame Arzneimitteltherapien durch größere Therapietreue und die Forderungen von Politikern nach komplexen Versorgungsangeboten der Apotheker. Diese Anforderungen dürften nicht allein mit der Lieferung von Arzneimitteln zu erfüllen sein, sondern sie erfordern ein komplexes Leistungspaket.
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