- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 15/2012
- Mangelnde Führungsqualit...
ADEXA Info
Mangelnde Führungsqualitäten verursachen Milliardenverluste
Als Apothekenleiterin Julia K. in Rente ging, verschlechterte sich das Betriebsklima schlagartig. Der neue Chef, ihr Sohn, änderte diverse Abläufe ab dem ersten Tag radikal: Fortbildungen wurden erst einmal gestrichen und die monatlichen Teambesprechungen gleich mit. Gab es Probleme mit anstrengenden Kunden, zog er sich lieber ins stille Kämmerlein zurück, anstatt die Lage zu bereinigen. Sein autoritärer Führungsstil äußerte sich auch in peniblen Kontrollen der Arbeitszeiten und ständiger Kritik bei der kleinsten Panne. Wie nicht anders zu erwarten, sank die Motivation seiner Angestellten innerhalb weniger Monate auf den Nullpunkt – und der Umsatz brach ebenfalls ein, da sich niemand mehr für Aktionstage oder Zusatzverkäufe engagierte und viele Kunden wegen des spürbar schlechten Klimas die Apotheke wechselten.
Guter Job, schlechtes Klima
Kein Einzelfall in deutschen Betrieben: Mittlerweile haben 23% der Beschäftigten innerlich bereits gekündigt und 63% machen Dienst nach Vorschrift, so das Ergebnis des von der Unternehmensberatung Gallup veröffentlichten "Engagement Index 2011". Bleiben magere 14%, die engagiert und motiviert sind – noch, möchte man fast ergänzen. Denn die Zahl der Demotivierten steigt: 2001 lag der Anteil derer, die sich geistig von ihrem Job verabschiedet hatten, noch bei 15%.
An den Arbeitnehmern liegt es jedoch nicht – 80% schätzen ihre Tätigkeit so sehr, dass sie dieser sogar nachgehen würden, sollten sie das Geld gar nicht mehr nötig haben. Marco Nink von Gallup: "Da spürt man nichts von Freizeitpark oder Werteverfall." Schnell wird klar, wo das Problem liegt: bei den Chefs. Diese geizen mit Lob, sitzen Probleme, die im Team entstehen, einfach aus oder drücken sich vor tendenziell unangenehmen Entscheidungen. Falls die Entlohnung ebenfalls nicht passt und Entwicklungschancen gänzlich fehlen, machen viele innerlich die Schotten dicht. In Zahlen entsteht laut Gallup dadurch ein Verlust von etwa 124 Milliarden Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Die Summe entspricht ziemlich genau dem Regierungsetat für Arbeit und Soziales im Jahr 2012. Doch was lässt sich gegen diese Situation unternehmen?
Auch Chef sein muss man lernen
Laut Nink müsste vor allem die Ausbildung von Führungskräften grundlegend geändert werden – mit Fachliteratur und Unternehmensberatung ist es nicht getan. Und um bei Problemen öffentlicher Apotheken zu bleiben: Bereits im Studium sollten entsprechende Seminare zur Pflicht werden. Sich darauf zu verlassen, dass im praktischen Jahr entsprechende Inhalte gelehrt werden, scheint nicht zu funktionieren.
Dennoch wirkt schon die Honorierung guter Leistungen Wunder. Wird dagegen wie in Sachsen oder Nordrhein das Fehlen aktueller Tarifverträge für den Apothekenbereich von Angestellten als ungerecht im Vergleich zum restlichen Bundesgebiet angesehen, ist mit den von Gallup beschriebenen Folgen zu rechnen: erhöhter Krankenstand, erhöhte Fluktuation und reduzierte Arbeitsleistung.
Michael van den Heuvel
Gallup Engagement Index: http://eu. gallup.com/berlin/118645/gallupengagement-index.aspx
Wenn der Job krank machtWie die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) berichtet, macht der Job immer mehr Arbeitnehmer krank. So stieg die Zahl der Beschäftigten, die aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in Rente gehen mussten, von 2007 auf 2010 um 13% auf nunmehr 181.000. Laut BAuA ist vor allem auffällig, dass psychische Erkrankungen immer weiter zunehmen: Deren Anteil erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 34 auf mehr als 39%. Bei Frauen waren entsprechende Leiden als Grund für die Frührente mit 46% besonders oft zu finden. Weitere Informationen: www.baua.de |
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.