DAZ aktuell

Regierung sieht kein Arzneimittel-Versorgungsproblem

Linke: Bundesregierung ignoriert Versagen des Marktes und der Gesetze

BERLIN (jz). Aus Sicht der Bundesregierung gibt es in deutschen Krankenhaus- und öffentlichen Apotheken keine ernsthaften Versorgungsprobleme mit Arzneimitteln. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zum Thema "Versorgungsengpässe bei Arzneimitteln" bestätigt die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium Ulrike Flach (FDP) zwar vorübergehende Lieferengpässe – länger andauernde Lieferengpässe hingegen nicht. Sie verweist außerdem auf den gesetzlich bereits bestehenden Sicherstellungsauftrag der Pharmaindustrie – Handlungsbedarf sieht die Regierung insoweit nicht.

Alles auf Lager? Apotheken beklagten in jüngster Zeit zunehmend Lieferengpässe. Die Bundesregierung sieht bislang jedoch "keinen Handlungsbedarf". Foto: Sanacorp

In ihrer Kleinen Anfrage erkundigte sich die Linksfraktion nach dem Kenntnisstand der Regierung bezüglich der Versorgungsengpässe mit Arzneimitteln. Klinikapotheken und auch öffentliche Apotheken hatten zunehmend Lieferengpässe beklagt. Irene Krämer, Präsidentin des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker, erklärte im Rahmen der ZDF-Sendung "heute" vom 16. Juli, durch die zunehmende Problematik sei es möglich, dass eine adäquate Versorgung der Patienten nicht mehr gewährleistet werden könne. Auch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft habe inzwischen Versorgungsprobleme bestätigt, heißt es weiter im "heute"-Bericht.

In jüngster Vergangenheit habe es zwar einige wenige Fälle gegeben, in denen bestimmte Arzneimittel zeitweise nicht oder nicht ausreichend verfügbar waren, bestätigt nun Flach. So würden bei dem Krebsmittel Carboplatin Qualitätsmängel als Ursache vermutet, Caelyx® habe wiederum nicht geliefert werden können, weil ein Herstellungsbetrieb geschlossen wurde. Im Fall des Aspirin zur parenteralen Anwendung habe nach Angaben des Herstellers ein Ausgangsstoff gefehlt. Das Vorliegen länger andauernder Lieferengpässe für lebenswichtige Arzneimittel habe sich indes nicht bestätigen lassen. Das habe eine Nachfrage bei Verbänden der Arzneimittelhersteller, Großhändler, Krankenhausapotheker und Krankenkassen ergeben.

Sicherstellungsauftrag der Pharmaindustrie

Gefragt danach, ob die Pharmaindustrie ihrer Verantwortung gerecht werde, wenn wichtige Arzneimittel wie Aspirin zur parenteralen Notfallmedikation nicht kontinuierlich verfügbar seien, erklärte Flach, pharmazeutische Unternehmer (pU) hätten nach § 52b AMG einen ausdrücklichen gesetzlichen Auftrag zur Sicherstellung einer angemessenen und kontinuierlichen Bereitstellung der hierzulande in den Verkehr gebrachten Arzneimittel. Die Einhaltung dieser Vorgabe werde auch durch die einzelnen Landesbehörden überwacht. Gleichwohl könnten Störungen der Verfügbarkeit auftreten, die außerhalb des Verantwortungsbereichs des pU ihre Ursache hätten, zum Beispiel wenn ein Ausgangsstoff auf dem Weltmarkt nicht verfügbar sei.

Unverständnis bei den Linken

Die Antworten aus dem Bundesgesundheitsministerium stellen Kathrin Vogler (Linke) nicht zufrieden: "Ich bin bestürzt angesichts der Sorglosigkeit, mit der die Bundesregierung das Versagen des Marktes und auch der Gesetze kommentiert", erklärt sie. Während sich die Meldungen über fehlende Medikamente häuften stecke die Regierung einfach den Kopf in den Sand. Es sei "absurd", der Pharmaindustrie einerseits eine bedarfsgerechte Bereitstellung von Arzneimitteln vorzuschreiben und andererseits zu behaupten, die Voraussetzungen dafür lägen außerhalb ihres Verantwortungsbereichs. "Ich frage mich, wozu es einen gesetzlichen Versorgungsauftrag gibt, wenn die Bundesregierung bei Versorgungsengpässen keinen Handlungsbedarf und auch keine Eingriffsmöglichkeiten sieht", so die stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag.

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