Tierpharmazie

Herzerkrankungen

Unterschiedliche Ursachen bei Hund und Katze

Sabine Wanderburg | Kardiale Erkrankungen sind ein häufiges Problem in der Kleintierpraxis. Mit zunehmendem Alter spielen, genau wie beim Menschen, vor allem erworbene Erkrankungen des Herzens eine Rolle. Während beim Hund Klappenendokardiosen, insbesondere der Mitralklappe, und die dilatative Kardiomyopathie im Vordergrund stehen, leiden Katzen überwiegend an hypertropher Kardiomyopathie. Während früher Digitalisglykoside in der Herztherapie nicht wegzudenken waren, haben heutzutage ACE-Hemmer und der inotrope Vasodilatator Pimobendan ihre Stelle eingenommen.

Beim Hund können folgende Symptome und Verhaltensänderungen auf eine kardiale Erkrankung hindeuten (siehe Foto) und sollten beim Tierarzt abgeklärt werden:

  • verminderte Belastbarkeit, Leistungsschwäche
  • Teilnahmslosigkeit
  • Husten, vor allem morgens und nach Belastung
  • Atemstörungen
  • nächtliche Unruhe
  • Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust
  • Synkopen (Ohnmachtsanfälle) ohne Krampfcharakter
  • epileptiforme Adams-Stokes-Anfälle
Herzkranker Hund Auffallend sind neben Hecheln der leicht gesenkte Kopf und die etwas auseinander stehenden Vorderbeine.
Sabine Wanderburg, Süsel

Da Linksherzinsuffizienzen überwiegen, sind Symptome für eine Stauung im Lungenkreislauf, z. B. Husten, Dyspnoe und Lungenödem, häufig. Bei etwa der Hälfte aller herzkranken Hunde ist Husten das erste und oft auch einzige Symptom. Zeichen von Rechtsherzinsuffizienz oder Perikarderguss sind Aszites, periphere Ödeme und Hydrothorax.

Bei der Katze sind Hecheln schon bei geringer körperlicher Belastung und Atemnot die ersten klinischen Anzeichen, die der Besitzer oft erst im weit fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung bemerkt. Im Gegensatz zum Menschen oder zum Hund tritt fast nie Husten auf. Typischerweise ziehen sich herzkranke Katzen gerne in dunkle Ecken zurück oder reagieren aggressiv auf Aufforderung zum Spiel.


Respiratorische Sinusarrhythmie


Schlägt das Herz Ihres Hundes unregelmäßig? Dann ist wahrscheinlich alles in Ordnung!

Hunde haben physiologischerweise eine auch für Laien deutlich wahrnehmbare respiratorische Sinusarrhythmie, das heißt, während des Einatmens nimmt die Herzfrequenz zu, während des Ausatmens dagegen ab. Diese atemsynchrone Schwankung der Herzfrequenz verschwindet bei Belastung. Eine pathologische Arrhythmie verstärkt sich hingegen durch Belastung. Arrhythmien, die nicht im Zusammenhang mit der Atmung stehen, sind in der Regel krankhaft.

Herzklappeninsuffizienz bei älteren Hunden

Die häufigste Herzerkrankung beim Hund ist die Mitralklappenendokardiose (siehe Abb. 1, Mitte), auch Mitralinsuffizienz genannt. Sie tritt vor allem bei kleinen Hunderassen ab dem 7. Lebensjahr auf, z. B. bei Dackeln, Kleinpudeln oder Yorkshire Terriern. Cavalier King Charles Spaniel sind oft schon ab einem Alter von ein bis zwei Jahren betroffen. Durch die Insuffizienz der Mitralklappe staut sich das Blut über den linken Vorhof in die Lunge zurück, und es kommt zum Lungenödem. Etwa ein Drittel der betroffenen Hunde leidet gleichzeitig an einer Insuffizienz der Trikuspidalklappe und damit auch an einer Rechtsherzinsuffizienz.

Die Therapie ist abhängig vom Schweregrad der Erkrankung. Gering- und mittelgradige Insuffizienzen ohne Stauungserscheinungen benötigen laut neuerer Studien keine Therapie, das heißt ein Herzgeräusch allein ist noch keine Indikation für eine Herztherapie. Kein Arzneimittel kann bislang eine Endokardiose in diesem frühen Stadium positiv beeinflussen. Erst wenn Dekompensationsanzeichen auftreten, ist eine Therapie mit einem ACE-Hemmer und/oder Pimobendan angezeigt (siehe Tabelle). Liegt ein Lungenödem vor, sollte zusätzlich ein Diuretikum, vorzugsweise Furosemid, gegeben werden (Tripeltherapie). Eine gerinnungshemmende Therapie wie bei der Katze (siehe unten) ist beim Hund nicht notwendig. Das früher sehr gebräuchliche β-Methyldigoxin ist seit einigen Jahren vor allem vom sehr gut verträglichen Pimobendan verdrängt worden. β-Methyldigoxin senkt im Gegensatz zu Pimobendan auch die Herzfrequenz und wird in einigen Fällen weiterhin als Zusatztherapie eingesetzt.


Begleitende Maßnahmen bei Herzerkrankungen


  • körperliche Belastungen möglichst gering halten, extreme Belastungen vermeiden, z. B. Laufen am Fahrrad, Ballspielen, Hundesport

  • bei Adipositas Gewicht reduzieren (eine der wichtigsten Maßnahmen!)

  • bei Kachexie (vor allem im fortgeschrittenen Stadium einer Herzerkrankung häufig) ein hochwertiges, kalorienreiches, nicht voluminöses, natriumarmes Futter geben, um weitere Gewichtsabnahme zu vermeiden

  • generell ist eine natriumarme Diät angezeigt. Sie scheitert manchmal aufgrund ihrer verminderten Schmackhaftigkeit an der Compliance der Tiere

  • Wasserkonsum auf keinen Fall einschränken

  • bei hochgradig betroffenen Tieren evtl. Omega-3-Fettsäuren ergänzen

  • Begleiterkrankungen z. B. der Nebennierenrinde, Schilddrüse oder Nieren konsequent mitbehandeln

Der Besitzer sollte:

  • alle verordneten Arzneimittel regelmäßig geben

  • beim Hund auf Husten achten

  • regelmäßig die Atemfrequenz zählen. Sie sollte in Ruhe nicht mehr als 45 Atemzüge pro Minute betragen. Eine erhöhte Atemfrequenz kann auf ein Lungenödem hinweisen.

Dilatative Kardiomyopathie auch bei jüngeren Hunden

Die dilatative Kardiomyopathie (DCM, siehe Abb. 1, rechts) tritt fast ausschließlich bei Hunden großer Rassen wie Dobermann, Dogge, Irischer Wolfshund oder Boxer auf. Alle Altersstufen sind betroffen. Die meisten Hunde sind zwischen zwei und sieben Jahre alt, wenn die Erkrankung diagnostiziert wird. Bei Katzen ist eine dilatative Kardiomyopathie aufgrund von Taurinmangel bekannt. Seitdem Katzenfertigfutter ausreichend Taurin zugesetzt wird, kommt diese Erkrankung bei Katzen so gut wie nicht mehr vor.

Die DCM ist eine erworbene Herzerkrankung, die primäre Ursachen, wahrscheinlich mehrere Gendefekte, oder sekundäre Ursachen, z. B. Taurinmangel, schnelle Herzrhythmusstörungen oder Chemotherapie mit Doxorubicin haben kann. Es kommt zur Kontraktionsschwäche des Herzmuskels. Um sie zu kompensieren, dilatiert der Herzmuskel immer mehr. Sekundär treten Klappeninsuffizienzen und Herzrhythmusstörungen auf.

Erstes Symptom ist oft Leistungsschwäche. Je nachdem, ob es zu einer Links- oder Rechtsherzinsuffizienz kommt, treten Husten und Lungenödem oder Aszites und Thoraxerguss auf. Herzrhythmusstörungen können zu Ohnmachtsanfällen führen. Die Diagnose kann nur durch Herzultraschall sicher gestellt werden. Liegt ein Taurinmangel vor, der auch bei Hunden vorkommen kann, sollte dieser behandelt werden. Auch die Supplementierung von Carnitin kann hilfreich sein. Schon im kompensierten Stadium wird der Einsatz von ACE-Hemmern oder Pimobendan empfohlen, da diese die Zeitspanne bis zum Auftreten einer Herzinsuffizienz zu verlängern scheinen. Im fortgeschrittenen Stadium mit Lungenödem oder Thoraxerguss ist eine Tripeltherapie aus ACE-Hemmer, Pimobendan und Furosemid angezeigt. Ein Thoraxerguss muss zusätzlich fast immer punktiert werden.


Notfall akute Stauungsinsuffizienz


Treten bei einem herzkranken Tier plötzlich Schwäche, Apathie, Synkopen (Ohnmachtsanfälle), Dyspnoe, Tachypnoe, Husten, blasse bzw. zyanotische Schleimhäute oder Aszites auf, handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand und es sollte sofort ein Tierarzt aufgesucht werden. Aufregung, Hitze, Adipositas, zu große Belastung, zusätzliche extrakardiale Erkrankungen, unregelmäßige Gabe der verordneten Arzneimittel oder auch eine progredient verlaufende Herzerkrankung können zu einer plötzlichen und schnell fortschreitenden Abnahme des Herz-Minutenvolumens führen. Dadurch kommt es zu einer Abnahme der Gewebeperfusion, einer myokardialen Hypoxie, einer systemischen venösen Stauung und einem akuten Lungenödem. Erholt sich der Patient durch intensivmedizinische Maßnahmen innerhalb einer Stunde von diesem lebensbedrohlichen Zustand, ist die Prognose günstig.

Herzmuskelerkrankungen bei Katzen

Bei der Katze betreffen 95% aller erworbenen Herzerkrankungen den Herzmuskel. Am häufigsten wird mit etwa 70% die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) diagnostiziert, bei der es zu einer abnormen linksventrikulären Hypertrophie kommt. Das Myokard wird steifer, sodass während der Diastole das Blut schlechter in die Ventrikel einfließen kann. Durch den Rückstau vor allem in den Lungenkreislauf kommt es zum Lungenödem und Thoraxerguss.

Die hypertrophe Kardiomyopathie ist – wie die dilatative Kardiomyopathie – eine erworbene Herzerkrankung, die Gendefekte als primäre Ursachen oder sekundäre Ursachen, z. B. systemische Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Hyperthyreose haben kann, bei denen das Herz gegen einen erhöhten Widerstand arbeiten muss. Wird durch Herzultraschall die Diagnose hypertrophe Kardiomyopathie gestellt, sollten Blutdruck und Schilddrüsenwerte als mögliche Ursachen überprüft werden.

Bislang gibt es keine Arzneimittel, die den Verlauf der Erkrankung in einem frühen Stadium verlangsamen oder gar aufhalten können. Im weit fortgeschrittenen Stadium mit Lungenödem oder Thoraxerguss sind Diuretika und ACE-Hemmer indiziert. In bestimmten Fällen können zusätzlich auch Betablocker oder Diltiazem sinnvoll sein. Patienten mit stark vergrößertem Vorhof sollten zudem mit Acetylsalicylsäure in der Dosierung von 5 bis 25 mg/kg alle drei Tage (die niedrigere Dosierung reicht nach neueren Untersuchungen wahrscheinlich aus) behandelt werden, um die Entstehung einer Aortenthrombose zu verhindern. Wegen verminderter Aktivität ihrer Glucuronyltransferase können Katzen nicht-steroidale Antiphlogistika nur eingeschränkt abbauen, sodass es bei höheren Dosierungen von Acetylsalicylsäure leicht zu Intoxikationen kommen kann. Auch Clopidogrel kann in einer Dosierung von 18,75 mg pro Katze (1/4 einer 75-mg-Tablette) einmal täglich für diese Indikation eingesetzt werden.

Bei tieren eingesetzte Arzneimittel zur Behandlung von Herzerkrankungen

Wirkstoff Handelsname (Beispiele)
VM = Veterinärpräparat HM = Humanpräparat
Dosierung Hund oral Dosierung Katze oral Besonderheit
Diuretika
Furosemid Dimazon® VM je nach Wirkung 1 bis
5 mg/kg 1 bis 2 x täglich
1 bis 4 mg/kg
1 bis 2 x täglich,
Langzeittherapie: 2 bis
3 mg/kg alle 2 bis
3 Tage
Mittel der ersten Wahl
Spironolacton Prilactone® VM 1 bis 2 mg/kg 1 bis
2 x täglich
1 bis 2 mg/kg 1 bis
2 x täglich
. zusätzlich antifibro- tische und antiprolifera- tive Wirkung an Herz- muskel und Blutgefäßen
. in  schweren  Fällen  zu- sätzlich zu Furosemid
Hydrochlorothiazid diverse HM 2 bis 4 mg/kg 2 x täglich 0,5 bis 2 mg/kg
1 x täglich
in schweren Fällen zu- sätzlich zu Furosemid
ACe-Hemmer     wegen möglicher Hypo- tension zu Behandlungs- beginn einschleichend dosieren
Ramipril Vasotop® VM 0,125 bis 0,25 mg/kg
1 x täglich
0,125 bis 0,25 mg/kg
1 x täglich
 
Benazepril Fortekor® VM 0,25 bis 0,5 mg/kg
1 bis 2 x täglich
0,25 bis 0,5 mg/kg
1 bis 2 x täglich
 
Enalapril Enacard® VM 0,5 mg/kg 1 bis 2 x täg- lich 0,5 mg/kg
1 bis 2 x täglich
 
Imidapril Prilium® VM 0,25 mg/kg
1 x täglich
0,5 mg/kg
1 x täglich
orale Lösung, gebrauchs- fertige Lösung ist 60 Tage im Kühlschrank haltbar
inodilator (inotroper Vasodilatator)
Pimobendan Vetmedin® VM 0,1 bis 0,3 mg/kg 2 x täglich,
meist 0,25 mg/kg 2 x täglich
0,3 mg/kg 2 x täglich . etwa 1 Stunde vor der Fütterung verabreichen
. gut verträglich
Digitalisglykoside
β-Methyldigoxin Lanitop® HM initial 3 Tage 0,02 mg/kg,
danach 0,01 mg/kg, eventuell auf 2 Tages- dosen verteilt
0,0075 mg/kg . Einsatz bei supraventri- kulären Herzrhythmus- störungen, Vorhofflim- mern
. Halbwertszeit beim Hund etwa halb so lang wie beim Menschen, daher deutlich höhere Dosierungen notwendig
. geringe therapeutische Breite
Betablocker     Einsatz bei Sinustachy- kardie, Vorhofflimmern Katze: HCM mit zusätz- licher linksventrikulärer Obstruktion
Atenolol diverse HM 6 bis 50 mg/Hund
1 bis 2 x täglich
1 bis 2 mg/kg 1 bis
2 x täglich
6,25 bis 12,5 mg/Katze
1 bis 2 x täglich
mit niedriger Dosis begin- nen, nach Bedarf erhöhen

Bei tieren eingesetzte Arzneimittel zur Behandlung von Herzerkrankungen (Fortsetzung)

Wirkstoff Handelsname (Beispiele)
VM = Veterinärpräparat HM = Humanpräparat
Dosierung Hund oral Dosierung Katze oral Besonderheit
Metoprolol diverse HM 5 bis 50 mg/Hund 2 bis
3 x täglich
0,2 mg/kg 3 x täglich
2 bis 5 (bis 15) mg/ Katze 3 x täglich Dosis individuell nach Wirkung anpassen
Calciumantagonisten       Einsatz bei supraventriku- lären Tachyarrhythmien, Vorhofflimmern
Diltiazem diverse HM 0,5 bis 1,5 mg/kg
3 x täglich
0,5 bis 1,5 mg/kg
3 x täglich
Katze: Dosis individuell anpassen, kann auf bis zu 15 mg/kg pro Tag erhöht werden
Verapamil diverse HM 0,5 bis 1 mg/kg
3 x täglich
1 bis 3 mg/kg
3 x täglich
 
Amlodipin diverse HM 0,05 bis 0,1 mg/kg
1 x täglich
0,1 bis 0,2 mg/kg
1 x täglich
 
thrombozytenaggre- gationshemmer
Acetylsalicylsäure diverse HM   5 bis 25 mg/kg
alle 3 Tage
Intoxikationsgefahr bei höheren Dosierungen, da Katzen eine verminderte Glucuronyltransferase- aktivität besitzen
Clopidogrel diverse HM   18,75 mg/Katze
1 x täglich
 

Quelle: Kraft, W. Dosierungsvorschläge für Arzneimittel bei Hund und Katze. Schattauer Verlag, Stuttgart, 2. Auflage 1999
www.vetpharm.uzh.ch
Löscher, W. et al. Pharmakotherapie bei Haus- und Nutztieren. Parey Berlin. 5, Auflage 2002.
Niemand, H., Suter, P. Praktikum der Hundeklinik. Parey Berlin, 9. Auflage 2001.

Quelle

Arzneimitteldosierungen: Institut für Veterinärpharmakologie und -toxikologie, Zürich: www.vetpharm.uzh.ch Focusthema "Herzerkrankungen beim Hund" bei www.intervet.de Killich, M.: Aktuelle Therapiekonzepte in der Kleintierkardiologie. In: Kompendium Kleintier 2011. Enke StuttgartLöscher, W. et al.: Pharmakotherapie bei Haus- und Nutztieren. Parey Berlin. 5. Auflage 2002Niemand, H., Suter, P. Praktikum der Hundeklinik. Parey Berlin. 9. Auflage 2001www.kardiokonsult.de, Homepage des Kleintierkardiologen Dr. Markus Killich

Anschrift der Verfasserin
Tierärztin Sabine Wanderburg, Seeweg 5a, 23701 Süsel



DAZ 2012, Nr. 7, S. 90

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