Management

Duzen in der Apotheke

Welche Vorteile es hat und welche Probleme es bringt

Ist das "Du" untereinander ein Beweis für erstklassige Atmosphäre in der Apotheke? Oder ist es leichter miteinander zu arbeiten und umzugehen, wenn eine gewisse Distanz eingehalten wird? Tun sich jüngere leichter mit dem Du als Ältere?

So sehr auch die "Duz-Welle" in den Berufsalltag einbricht, durch ein "Du" wird das Betriebsklima nicht verbessert. Und "Sie" heißt nicht, dass der Umgangston steif ist. Worauf ist die starke Neigung zum "Duzen" zurückzuführen? Die einen sagen, das hänge mit der geringeren Distanz zwischen den Kollegen zusammen, andere meinen, das Du vereinfache die Kommunikation. Durch das Du wird die Distanz gerade bei neuen Mitarbeitern gleich am ersten Tag beseitigt. "Hallo, ich heiße Sabine – wir duzen uns hier alle". Wer lange auf das Du warten muss, wird enttäuscht sein, weil er vermutet, er wäre nicht im Team aufgenommen. Dabei hängt das Betriebsklima nicht nur vom duzen ab.

Was ändert sich durch das "Du"?

Hat man sich früher nur untereinander geduzt, können sich Kolleginnen heute auch in Gegenwart des Kunden duzen. Spitznamen oder Abkürzungen wirken in der Apotheke jedoch nicht unbedingt positiv auf Kunden, der an der Professionalität zweifeln könnte – wenn auch oft zu Unrecht. So sollte es bei Beate bleiben (nicht Bea) bei Isabelle bleiben (nicht Isi) oder auch Caroline und nicht mit Caro abgekürzt. Im Teenager-Alter mag das noch angehen.

Viele meinen, dass man sich anders verhält, wenn man sich duzt, dass man dann direkter zu jemandem ist. Bei Ikea duzt jeder jeden, an der Gesprächsatmosphäre hat das nicht viel geändert. Auch der Chef und Vorgesetzte darf im schwedischen Möbelhaus geduzt werden, in anderen Betrieben hat sich das nicht durchgesetzt. Was ändert sich an der Kommunikation durch das Du? Es zeigt oft nur Üblichkeit, mehr nicht.

"Ein Mensch erlebt den krassen Fall, man duzt sich deutlich überall – Und trotzdem merkt man, weit und breit oft nicht die Spur von Herzlichkeit."

Eugen Roth

Wie verhält sich der Apotheker?

Mitarbeiterinnen beobachten sehr genau, wen der Chef duzt, und zu wem er Sie sagt. Gibt es eine Lieblingsmitarbeiterin? Wird jemand bevorzugt? Im Rahmen der Gleichberechtigung sollte der Apotheker alle duzen – oder niemanden. Gleiches gilt für seine Ehefrau, die in der Apotheke tätig ist. Eine Kompromisslösung ist das Sie mit dem Vornamen verbinden. Statt "Sabine, bitte komm mal" heißt es dann "Sabine, bitte kommen Sie mal". Man kann auch mit dem Vornamen siezen. Gerade bei schwierigen Zunamen oder Doppelnamen kann man sich auf die Kompromisslösung einigen. Mit dem Betreffenden wird das kurz abgestimmt. Das Du sollte auch nicht vom Alter abhängen, die Meinung jüngere duzen sich schneller, stimmt auch nicht immer. Kunden gegenüber kann man die Mitarbeiterin mit Du ansprechen, in der Praxis gegenüber wird das aber meist vermieden. Spricht der Apotheker in Abwesenheit über eine Mitarbeiterin zum Kunden, dann meist auch in der Sie-Form ("Sind Sie von Frau Lehmann bedient worden?") und nicht "Hat Sie Angelika bedient?"

Namensschilder

Namensschilder des Personals mit Vor- und Zuname geben dem Kunden die Möglichkeit, die Mitarbeiterin anzusprechen. Es wirkt persönlicher, wenn auch der Vorname auf dem Schild steht. Die Bezeichnung "Frau" auf dem Namensschild ist überflüssig, auch in abgekürzter Form.

Kunden ansprechen


Dafür gibt es verschienen Botschaftsformen, die je nach Situation individuell eingesetzt werden können.


"Ich-Sätze"

Anwendung: Mit dem "Ich" übernehmen Sie die Verantwortung für Ihre Aussage. Nutzen Sie das "Ich", wenn Sie der Kunde ausdrücklich nach Ihrer persönlichen Meinung fragt.

Beispiele:

  • "Ich schlage vor, dass "

  • "Also, da bin ich mir ganz sicher "

  • "Meiner Meinung nach "


"Man-Sätze"

Anwendung: Mit "man" können Sie nichts Persönliches über sich sagen, sondern wirken unverbindlich. Sie sprechen auch den Kunden nicht persönlich an. Nutzen Sie "man" nur, wenn Sie sich bewusst nicht festlegen wollen, wer was tun soll.

Beispiele:

  • "Das sollte man beim Arztbesuch klären."
  • "Man kann die Tabletten unabhängig von den Mahlzeiten einnehmen."


"Sie-Sätze"

Anwendung: Jedes "Sie" stellt den Kunden in den Vordergrund. "Sie" wirkt positiv, setzt aber voraus, die Situation des Kunden zu kennen. Abgeleitete Formen sind "Ihre" und "Ihnen".

Beispiele:

  • "Für Sie ist es besser "

  • "Achten Sie unbedingt auf die Packungsbeilage."

  • "Sie können das Medikament auch als Tropfen haben."

"Du"-Nachteile

Es gibt aber auch Nachteile des "Du". Sie haben alle damit zu tun, dass mit dem "Du" eine existierende Distanz abgebaut wird. Die ist zwar vielleicht tatsächlich steif und spießig – aber im Berufsleben sorgt sie dafür, dass man sich eine ganze Reihe von vermeidbaren Konflikten und Enttäuschungen erspart.

Immer mehr Vorgesetzte gehen ihren Mitarbeitern gegenüber mit einem großzügig angebotenen "Du" auf Schmusekurs. Doch Vorsicht: Es ist wesentlich schwerer, lästige oder unangenehme Arbeitsaufträge an Mitarbeiter zu verteilen, mit denen man per Du ist. Denn wer seinen Chef duzt, wird viel eher versuchen, eine Diskussion vom Zaun zu brechen, um die Arbeit doch noch irgendwie von sich abzuwenden, als jemand, der mit ihm per Sie ist.

Übrigens: Wer kann es sich leisten, das Angebot der Kollegin zum Du abzulehnen? Selbst mit der höflichen Begründung: "Danke für das Du, aber ich finde das Sie besser" will das gut überlegt sein, weil es den Anbieter "beleidigen" kann.

Es wird hoffentlich nicht vorkommen – aber sollte ein Kunde die Mitarbeiterin duzen, sollte sie nicht mitmachen. Sie bleibt konsequent beim Sie.

"Du" weckt Neid

"Die Sabine darf ich duzen, Du darfst es aber nicht!" – ein Gedanke, der die Kollegin provoziert. Sich mit dem Du bei jemandem einzuschmeicheln, um den persönlichen Kontakt zu beweisen, das erzeugt Neid bei anderen, die noch lange nicht so weit sind und die betreffende Person siezen. Vor allem wenn der Chef eine bestimmte Mitarbeiterin duzt, was andere überrascht, kommt ein gewisser Verdacht auf ("Wieso duzt er die?").

Fazit:

  • Duzen hat nichts mit dem Betriebsklima zu tun
  • Auf Namensschildern stehen Vor- und Zuname
  • Vom Sie zum Du geht’s schnell, der Weg zurück ist schwierig
  • Vorgesetzte duzen alle oder niemanden (keine Insellösung)
  • Das Du wird nicht mit dem Spitznamen verbunden (nicht Lilli, sondern Elisabeth)
  • Auch in Gegenwart des Kunden kann man sich duzen

Rolf Leicher, Kommunikationstrainer, Oberer Rainweg 67, 69118 Heidelberg,
E-Mail: Rolf.Leicher@t-online.de

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