Recht

"Närrische" Urteile

Traditioneller Karneval kommt vor dem Trommelfell

(bü). Die von traditionellen Karnevalsveranstaltungen ausgehende – auch an sich "unzumutbare" – Lärmbelästigung muss von den Anwohnern grundsätzlich hingenommen werden. Bedingung: Die Festivitäten (hier in einem Zelt auf einer Grünfläche im Wohnbereich) zählen zum "kulturellen Brauchtum" und haben eine "erhebliche Bedeutung für das örtliche Gemeinschaftsleben". (Hier anerkannt für die "Kappensitzung" und an Weiberfastnacht.)


(OVG Rheinl.-Pfalz,6 B 10279/04)

Haftung für Vergesslichkeit auch ohne Vertrag

(bü). Der Kaskoversicherer eines Mietwagens kann gegen eine Bekannte des Mieters Schadenersatzansprüche geltend machen, wenn sie – vom Mieter genehmigt – das Auto nach einer durchzechten Karnevalsnacht in der Stadt stehen lässt, ihre Jacke samt Schlüssel in der Gaststätte vergisst und der Wagen gestohlen wird. Auch wenn sie nicht Vertragspartner der Versicherung war, muss sie Schadenersatz leisten: Sie hat das "Tun der Diebe provoziert".


(Oberlandesgericht Hamm, 9 U 161/03)

Karnevalsmusikant darf ohne Tuba pinkeln gehen

(bü). Ein Musiker, der während einer Karnevalsveranstaltung die Tuba spielt, kann den vollen Ersatz für sein Musikinstrument verlangen, wenn er "einem dringenden Bedürfnis nachgeht" und seinen Bläser vor der Toilette abstellt, wo er von einem Jecken demoliert wird. Die Privathaftpflichtversicherung des Zerstörers muss voll leisten; die Tuba musste nicht mit auf die Toilette genommen werden.


(Amtsgericht Siegburg, 2a C 232/02)

Auch nach der Trennung dürfen Mariechen tanzen

(bü). Trennt sich eine karnevalistische Tanzmariechengruppe (hier das "1. Bischöfliche Münsterische Offizierscorps") vom Karnevalsverein (hier die "Phaolsbürger" aus Münster), für den sie bisher aufgetreten ist, und tritt die Gruppe fortan unabhängig vom Verein – jedoch mit dem ursprünglichen Namen – auf, so darf der Verein nicht per einstweiliger Verfügung und per Gerichtsvollzieher die Kostüme (hier unter anderem "Spitzenhöschen und Turnschläppchen") beschlagnahmen. Das Landgericht Münster kassierte die Verfügung.


(Az.: 2 O 664/05)

An Karneval haben die Narren die Macht

(bü). Überquert ein Mädchen eine Straße, über die sich ein Karnevalszug hinwegbewegt, und verliert sie beim Zusammenstoß mit einem "Narren" zwei Schneidezähne, so kann die Mutter keinen Schadenersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vom Veranstalter des Zuges verlangen, da an Karneval die Narren die "Herrschaft" haben (und hier der Umzug zudem von Ordnern begleitet wurde).


(Amtsgericht Waldkirchen, 1 C 12/99)



AZ 2013, Nr. 7, S. 5

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