Gesundheitspolitik

Klammern verboten!

Krankenkassen müssen richtig über Wechsel aufklären

BERLIN (jz) | Gesetzliche Krankenkassen dürfen keine irreführenden Angaben über den Wechsel zu einer anderen Kasse machen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem konkreten Fall entschieden, in dem die Wettbewerbszentrale die BKK Mobil Oil auf Unterlassung in Anspruch nimmt. Die Betriebskrankenkasse hatte versucht, Mitglieder von einem Wechsel abzuhalten, indem sie vor möglichen Nachteilen warnte – und handelte damit unlauter im Sinne des Wettbewerbsrechts. (BGH, Urteil vom 30. April 2014, Az. I ZR 170/10)

Im Dezember 2008 schrieb die Kasse auf ihrer Internetseite „Wer die BKK M. jetzt verlässt, bindet sich an die Neue für die nächsten 18 Monate. Somit entgehen Ihnen attraktive Angebote, die Ihnen die BKK M. im nächsten Jahr bietet, und Sie müssen am Ende möglicherweise draufzahlen, wenn Ihre neue Kasse mit dem ihr zugeteilten Geld nicht auskommt und deswegen einen Zusatzbeitrag erhebt.“ Die Wettbewerbszentrale beanstandete dies als irreführend und somit wettbewerbsrechtlich unzulässig: Die Kasse verschweige damit das gesetzliche Sonderkündigungsrecht. Die beanstandeten Aussagen nahm die BKK daraufhin zwar von ihrer Internetseite, lehnte es aber ab, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterschreiben, weshalb die Sache vor Gericht landete. In der ersten und zweiten Instanz bekam die Wettbewerbszentrale Recht. Der BGH wollte ebenfalls einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht bejahen – zuvor sollte der Europäische Gerichtshof (EuGH) aber noch klären, ob diese Werbemaßnahme überhaupt nach den Vorschriften des Wettbewerbsrechts beurteilt werden kann. Daher setzte sie das Verfahren aus.

Verbraucher vor irreführenden Praktiken schützen

Ja, kann sie, entschied das oberste Gericht der EU. Auch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die mit einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe wie der Verwaltung eines gesetzlichen Krankenversicherungssystems betraut sei, falle in den Anwendungsbereich der EG-Richtlinie 2005/29. Ziel der Richtlinie sei es, Verbraucher umfassend vor irreführenden Praktiken zu schützen – und bei der vorliegenden Fallgestaltung bestehe die Gefahr, dass die Mitglieder der BKK durch die beanstandeten Aussagen getäuscht und damit davon abgehalten werden, eine informierte Wahl zu treffen. Daher sei der öffentliche oder private Charakter der Kasse hier unerheblich.

Der BGH entschied daraufhin zugunsten der Wettbewerbszentrale: Wenn gesetzliche Kassen von den ihnen vom Gesetz eröffneten Handlungsspielräumen Gebrauch machen, so das Argument, und mit anderen Kassen in einen Wettbewerb um Mitglieder treten, handeln sie insoweit jedenfalls unternehmerisch. Da die Information der BKK der tatsächlichen Gesetzeslage widerspreche, irreführend und auch geeignet sei, Mitglieder von einem Wechsel abzuhalten, untersagten die BGH-Richter die Werbemaßnahme – und bejahten auch eine Wiederholungsgefahr. 

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